52 Verführungen: Ein Paar holt sich die Lust zurück - (German Edition)
sich auf seinen Schoß … Du meine Güte, sie setzt sich rittlings auf ihn! Ich sagte doch, schau nicht hin, Herbert!«
Herbert ignoriert mich und verdreht sich den Hals, um die beiden anzustarren. Zum Glück haben der Mann und die Frau die Welt um sich herum völlig vergessen.
»Vielleicht sollten wir das auch machen«, sagt Herbert.
»Ich bin für so was einfach nicht französisch genug.«
»Früher haben wir das dauernd getan.«
»Ich war damals achtzehn. Ich weiß nicht, was für eine Ausrede du hattest.«
»Ich war einfach nur dankbar, dass du überhaupt mit mir knutschen wolltest.«
»Egal, jedenfalls haben unsere Freunde irgendwann angefangen, Bemerkungen darüber zu machen. Es begann, peinlich zu werden.«
»Stimmt.«
Wir sind nach Paris zurückgekehrt, um das Ende der Verführungen zu feiern. Elvis und Bob haben wir in der Obhut tierlieber Freunde zurückgelassen. Als wir die Reise gebucht haben, erschien mir das logisch; ich erinnere mich an die Pariser Verführung ein Jahr zuvor als den Moment, in dem ich begann, meine eigene Sexualität wiederzuentdecken. Damals wusste ich noch nicht, wie seltsam ich mich am Ende der Verführungen fühlen würde. Dieses Projekt, das mich ein ganzes Jahr lang so gefangen genommen hat, ist plötzlich vorbei, gerade als wir dabei waren, es in den Griff zu bekommen. Einerseits überlege ich schon, ob ich nun vielleicht auch mal wieder dazu kommen werde, das Unkraut im Garten zu jäten; andererseits fühle ich mich, als hätte mir jemand gerade die Landkarte geklaut. Werden wir ohne die Struktur der Verführungen wohl in unsere alten, schlechten Gewohnheiten zurückfallen?
Herbert ist in diesem Punkt keine Hilfe. »Vielleicht, vielleicht auch nicht, das kann man doch jetzt noch nicht sagen«, meint er dazu nur. Fairnesshalber muss ich zugeben, dass ich ihm die Frage gestellt habe, als wir gerade im Eurostar saßen, also nicht gerade im besten Augenblick. Aber trotzdem klingt das für mich besorgniserregend, so, als hätten wir unsere Lektion nicht gelernt. Wenn wir auch nur eine einzige Erkenntnis in diesem Jahr erworben haben, dann die, dass guter Sex ein gewisses Maß an Engagement erfordert.
Es ist natürlich auch nicht gerade förderlich, dass ich in Paris für uns ein Zimmer mit getrennten Betten gebucht habe. Das ist nicht so exzentrisch, wie es jetzt vielleicht klingt. Herbert ist über 1,90 Meter, ich bin über 1,80 Meter groß. Wir passen einfach nicht in ein normales Doppelbett, vor allem dann nicht, wenn wir tatsächlich schlafen wollen. Als ich das Zimmer mit zwei Betten gebucht hatte, kam mir das wie eine vernünftige, erwachsene Entscheidung vor: miteinander intim zu sein und ein Bett zu teilen sind schließlich nicht zwingend ein und dasselbe. Trotzdem hatte ich nach unserer Ankunft im Hotel den Eindruck, eine unglückliche Wahl getroffen zu haben. Wir rauschen in Paris ein, gehen zum Abendessen aus und kuscheln uns dann keusch in unsere Einzelbetten, um sofort einzuschlafen.
Am nächsten Morgen spazieren wir die Straße hinunter und über einen Flohmarkt, auf dem es zu meinem Leidwesen jede Menge Schallplatten gibt. Während Herbert sich zwischen den Stapeln verliert, schlendere ich herum und habe dabei mein Gesicht zum Schutz vor der Kälte tief im Schal vergraben. Es beginnt leicht zu schneien. Ich eile zu Herbert zurück, um ihn darauf aufmerksam zu machen. Er lächelt nur abwesend.
Nach fünfzehn Minuten beginnt der Schnee liegen zu bleiben. Die Standbesitzer fluchen und packen ein. Herbert besteht darauf, noch eine letzte Plattenkiste durchzusehen, bevor ich ihn in ein warmes Café schleppen kann. Wir frieren beide und haben nasse Füße. Also einigen wir uns darauf, erst mal ins Hotel zurückzukehren, um uns trockene Schuhe
und noch mehr Kleiderschichten anzuziehen. Dann machen wir uns erneut auf den Weg, wobei es einem mit so vielen Klamotten schon fast schwerfällt, sich zu bewegen. Sexy ist etwas anderes.
Paris im Schnee ist wunderschön. Die Markisen vor den Geschäften, die Trottoirs und Straßen sind weiß überzuckert, und selbst die niedrigen Gebäude verwandeln sich in schlichte Schönheiten. Nach einem weiteren Spaziergang durch die Kälte begeben wir uns zum Mittagessen in ein Restaurant. Als wir ein paar Stunden später wieder herauskommen, sind wir schläfrig von Wein und Enten-Confit. Das kalte Wetter macht schon das Laufen zur Anstrengung. Herbert versucht, mich mit einem Besuch des Centre Pompidou zu beleben, doch die
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