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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gelingen, da sie zu fest angebunden waren. Zu atmen vermochten sie durch die Nase ganz gut, wenn ihnen der Mund auch zugestopft war.
    „So!“ flüsterte Sam. „Sie mögen sich abmühen an ihren Stricken. Ich möchte freilich nicht an ihrer Stelle sein. Eine ganze Nacht in diesem Zustand zuzubringen, das ist etwas, was man im ganzen Leben nie vergessen kann. Es mag ihnen eine Lehre sein. Kommt nun! Wir sind fertig.“
    Die drei Freunde und der Kosak stiegen hinab, nachdem die Laterne verlöscht worden war. Sam als der letzte verschloß die Tür. Sie verließen den Ort natürlich so, daß sie von den beiden Posten nicht bemerkt werden konnten. Dann schlugen sie die Richtung nach dem Lager ein, indem sie in einem Halbkreis um die Stadt gingen.
    „Wohin führt ihr mich nun?“ erkundigte sich der Kosak. „In das Lager darf ich ebensowenig wie in die Stadt.“
    „Wir halten in der Nähe des Lagers an“, antwortete Sam. „Von da aus benachrichtigen wir Bula, den Tungusenfürsten. Der wird dann bestimmen, was geschehen soll.“
    „Das ist freilich das allerbeste. Ich bin überzeugt, daß er mir einen Vorschlag machen wird, der genau mit meinen eigenen Ansichten übereinstimmt. Er wird mir ein verborgenes und sicheres Asyl anweisen, in dem ich, ohne Furcht, entdeckt zu werden, den Anbruch des Winters erwarten kann.“
    „Vielleicht wird es auch noch anders. Ich habe so meine Gedanken.“
    „Welche?“
    „Hm! Ich soll nicht davon sprechen. Aber da Sie ein Deutscher sind, so werde ich es wagen, mich Ihnen anzuvertrauen.“
    „Seien Sie überzeugt, daß ich Ihr Vertrauen nicht mißbrauchen werde.“
    „Ich hoffe das. Doch nicht jetzt werde ich reden, sondern dann, wenn wir an Ort und Stelle angekommen sind.“
    Es gelang den Männern, unbemerkt um die Stadt zu kommen. Dann schritten sie am Ufer des Flusses entlang noch eine Strecke vorwärts, bis sie an ein Buschwerk gelangten, wohin bis jetzt wohl noch kein anderer Mensch gekommen.
    „Hier bleiben wir“, sagte Sam. „Ihr beide, Jim und Tim, begebt euch nun in das Lager, doch möglichst so, daß ihr nicht bemerkt werdet, und macht dem Fürsten eure Meldung. Er mag dann tun, was ihm beliebt. Wir beide sind auf alle Fälle hier zu finden.“
    Das Brüderpaar entfernte sich, und die beiden Zurückbleibenden setzten sich nebeneinander nieder.
    „So, da haben wir uns“, meinte Sam Barth, als er mit dem Kosaken allein war. „Wir sind auf eine gar seltsame Weise zusammengetroffen. Zwei Deutsche finden sich hier im Inneren Sibiriens. Der eine ist ein Verbannter und der andere – hm!“
    „Nun, bitte, sprechen Sie weiter. Was sind Sie? Es versteht sich von selbst, daß ich gern wissen möchte, wer der Mann ist, der mich aus der Gefangenschaft befreit, und sich dabei so unerwartet als ein Landsmann entpuppt. Sie glauben gar nicht, welches Entzücken es für mich ist, die Laute meiner Muttersprache zu hören.“
    „Oh, ich glaube es gern. Ich weiß auch, wie es ist, wenn man in der Fremde einen trifft, der aus der lieben Heimat stammt. Wer ich bin, das sollen sie gleich erfahren. Freilich, einen wertvollen Fang haben sie an mir nicht gemacht. Wofür halten Sie mich wohl?“
    „Das weiß ich nicht. Sie sind mir ein Rätsel.“
    „Und zwar ein sehr dickes.“
    „Ja. Ihr Auftreten ist ein außerordentlich selbstbewußtes und sicheres.“
    „Und mein Äußeres stimmt damit ganz und gar nicht überein. Nicht wahr, das wollten Sie doch wohl sagen?“
    „So ähnlich, ja.“
    „Nun, das Rätsel soll gelöst werden. Ich bin weder von Adel, noch war ich Offizier. Eines schönen Tages wurde ich in Herlasgrün geboren. Das ist keine Metropole, aber es liegt in Sachsen, und darauf bin ich stolzer, als ob ich in Paris oder London das Licht der Welt erblickt hätte. Einige Zeit später widmete ich mich derjenigen Kunst, deren Jünger zu deutsch Knopfmacher genannt werden. Noch etwas später verliebte ich mich. So etwas kommt nämlich sogar auch in Sachsen vor. Die betreffende Auguste wurde mir untreu, und ich ging aus Gram und Ärger nach Amerika, wo ich Präriejäger wurde.“
    „Ah, das erklärt alles.“
    „Nicht wahr?“
    „Ja. Ihr Auftreten ist das eines Mannes, der gelernt hat, alle Furcht und Angst zu vergessen.“
    „Fürchten kann ich mich freilich nicht, nicht einmal in Sibirien.“
    „Wie aber kommen Sie aus den Vereinigten Staaten hierher?“
    „Als Jäger.“
    „Ah, sie wollen Zobel fangen?“
    „Nebenbei auch wohl mit, nämlich, wenn mir einer geradeso

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