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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nicht an.“
    „Warum denn nicht?“
    „Wenn seine Flucht schon jetzt entdeckt würde, so könnte man ihn sehr leicht ergreifen. Nein. Mir kommt ein prachtvoller Gedanke. Hole schnell Tim herauf!“
    Jim stieg rasch hinab und kam dann mit Tim wieder herauf.
    „So!“ meinte Sam. „Schnell herein. Ich will die Tür verschließen.“
    Neben der Tür befand sich ein Loch, durch welches man hinausgreifen und den Vorstecker in die Haspe schieben konnte. Sam tat dies. Dann lachte er leise vor sich hin und sagte:
    „Welch eine Überraschung, wenn sich, anstatt daß der Gefangene fort ist, vier Kerle hier befinden! Das gibt einen Jux. Doch binden wir jetzt den Gefangenen los.“
    Während Jim Sams Befehl ausführte, hörte man deutlich die Knutenhiebe, mit denen der Rittmeister die beiden Posten regalierte. Sodann vernahm man seinen lauten Befehl:
    „Ihr bleibt hier stehen, bis wir wiederkommen.“
    „Er sagt ‚wir‘. So ist er also nicht allein!“ meinte Sam. „Das ist fatal!“
    Dann trat er an das Loch, blickte hinaus und wandte sich mit der Meldung zurück:
    „Der Kreishauptmann ist mit dabei. Das freut mich ungeheuer. So bekommen wir sie alle beide. Aufgepaßt! Sie kommen.“
    Sam trat seitwärts. Der Vorstecker klirrte, die Tür wurde geöffnet, und dann stieg der Rittmeister herein. Und eben wollte er sich nach seinem Vater zurückdrehen, da legte ihm Sam die Hände um den Hals. Ein kraftvoller Druck, ein kurzes, halblautes Stöhnen, und der Offizier war besinnungslos.
    Der Kreishauptmann hörte dieses leichte Stöhnen wohl und fragte von der Leiter her. Der geistesgegenwärtige Kosak gab darauf die bereits erwähnte Antwort, wobei er die Stimme des Rittmeisters nachzuahmen suchte. Und es gelang! Der Kreishauptmann trat herein. Sofort riß Jim ihm die Laterne aus der Hand. Das war höchst notwendig, denn wenn sie ihm entfallen wäre, so konnte leicht ein Unglück geschehen. Tim aber hatte ihn bei der Gurgel gefaßt, und zwar so kräftig, daß der Beamte sofort die Arme herabfallen ließ, einmal aufröchelte und dann ebenso bewußtlos wie sein Sohn war.
    Beide wurden nebeneinander auf den Fußboden gelegt. Sam aber ergriff die Laterne, leuchtete ihnen ins Gesicht und sagte:
    „Sie werden wohl Taschentücher einstecken haben. Bindet ihnen diese vor allen Dingen über die Augen, daß sie uns nicht sehen können, wenn sie erwachen.“
    „Das ist nicht notwendig“, antwortete Jim. „Wir werden uns doch nicht herstellen, bis sie erwachen.“
    „Bist du wieder einmal klüger als ich? Ich habe große Lust, mich noch ein Viertelstündchen hier zu verweilen.“
    „Wozu aber?“
    „Um dieser Angelegenheit einen lustigen Anstrich zu geben. Ihr kennt euren alten Sam Barth und müßt also wissen, daß er ein lustiger Kerl ist. Wir werden sie lynchen.“
    „Was fällt dir ein?“ entgegnete Tim.
    „Nun, nicht eigentlich lynchen, aber eine echt amerikanische Prozedur werden wir an ihnen vornehmen. Ihr seid doch schon öfters dabeigewesen, wenn einer geteert und gefedert wurde.“
    „Alle Teufel, dieser Gedanke ist freilich gar nicht übel.“
    „Nicht wahr? Ja, Sam Barth hat überhaupt keine üblen Ideen. Federn können wir sie nicht, denn hier gibt es keine Federn, dafür aber ist Werg genug vorhanden. Und dort steht ein Kübel voller Teer. Das paßt ganz vortrefflich. Schnell, zieht sie aus, bevor sie wieder zu sich kommen.“
    „Da bin ich gern dabei. Das soll morgen eine Lust sein.“
    „Diese Blamage! Die beiden stolzen, eingebildeten Kerle haben es reichlich verdient.“
    Sam hing die Laterne an einen Nagel, und nun waren acht Hände eifrig beschäftigt, die beiden ihrer Oberkleider zu entledigen. Das geschah sehr schnell. Dann erhielten sie aus Werg geformte Knebel in den Mund. Die Augen waren ihnen bereits zugebunden. Stricke gab es reichlich hier. Sie wurden mit denselben gefesselt. Dann tauchte man sie bis an den Hals in den Teerkübel, worauf sie in kurz gezupftes Werg gerollt wurden. Dieses letztere klebte infolge des Teeres sofort fest an, und nun wurden beide an den Balken festgebunden, an dem der Kosak vorher angefesselt gewesen war.
    „Jetzt sind wir fertig“, schmunzelte Sam. „Seht ihr es, daß der Rittmeister sich bewegt?“
    „Ja, der Alte auch.“
    „Wir wollen uns überzeugen, daß sie genug atmen können, denn ersticken sollen sie nicht. Ein Mörder mag ich doch nicht sein.“
    Die beiden Gefesselten machten krampfhafte Bewegungen loszukommen, doch konnte ihnen das unmöglich

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