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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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haben wir auch gesehen.“
    „So dumm wie diese Menschen kann man wirklich nur in Sibirien sein. Wir haben vollkommen Zeit, den Gefangenen in aller Ruhe und Gemächlichkeit herauszuholen. Sie werden graben bis zum frühen Morgen. Sie werden Schweiß vergießen literweise und natürlich nichts finden. Indessen ist der eigentliche Schatz, den sie zu bewachen haben, verschwunden.“
    Sam erzählte ihnen das Gespräch, das er belauscht hatte, und nun waren auch sie überzeugt, daß sie sich gar nicht zu beeilen brauchten.
    „Steigen wir alle drei hinauf?“ fragte Tim.
    „Das ist nicht nötig“, antwortete Sam. „Ihr bleibt unten und haltet Wache. Man weiß niemals, was geschehen kann. Ich bin ganz sicher, daß keine Störung eintreten wird, aber wenn der Teufel sein Spiel hat, so kann doch eine Überraschung über uns kommen. Also paßt scharf auf.“
    Damit stieg er empor, zog den Vorstecker heraus, machte die Tür auf und trat hinein.
    „Nummer Zehn!“ rief er halblaut.
    „Hier“, antwortete es aus ziemlicher Entfernung.
    „Wo steckst du?“
    „Hier an der Wand. Wer ist's?“
    „Dein Freund. Weißt du, der kleine Dicke, der dich in Schutz genommen hat.“
    „Das ist eine große Überraschung. Ich bin hier an dem Balken festgebunden.“
    „Werde dich gleich losmachen. Aber es ist so dunkel hier, wie in einem Bärenmagen. Es liegt mir doch nichts im Weg, worüber ich stolpern und fallen könnte?“
    „Nein. Der Weg ist frei.“
    „Schön. Ich komme.“
    Sam ging der Richtung nach, aus der er die Stimme des Kosaken gehört hatte, und hielt die Hände vor, bis er den Gesuchten fühlte.
    „So, hier bin ich. Und nun will ich dich sogleich losbinden.“
    „Das ist äußerst lobenswert von dir, aber ich darf von dieser Güte keinen Gebrauch machen.“
    „Warum nicht?“
    „Aus mehreren Gründen. Zunächst würde der Verdacht, mich befreit zu haben, auf dich fallen, und du hättest die Folgen zu tragen.“
    „Aus diesen Folgen würde ich mir gar nichts machen. Euer braver Kreishauptmann ist ein Schafskopf ersten Ranges. Er kann mir nicht im mindesten Respekt einflößen. Übrigens kann mir kein Mensch nachweisen, daß ich hier gewesen bin.“
    „Hm! Werden die beiden Posten nicht auf den Gedanken kommen? Du bist dick und der Frosch war auch so dick.“
    „Sapperment! So weißt du also, wie ich sie überlistet habe?“
    „Ja. Sie sprachen doch so laut, daß ich ein jedes Wort verstand. Und als sie sich entfernt hatten, hörte ich es unter mir flüstern. Ich glaube, deine beiden Gefährten sind unten. Ich hörte einige Worte, die sie halblaut sagten, als die Wächter fort waren. Es war Englisch.“
    „Verstehst du denn das?“
    „Ja.“
    „Alle Teufel! Ein sibirischer Kosak, der Englisch versteht! Alle Achtung vor dir!“
    „Es ist auch kein Wunder. Ich bin kein Kosak, überhaupt kein Asiat und auch kein Russe.“
    „So? Was denn?“
    „Ein Deutscher.“
    „Himmeltausend. Sollte man so etwas für möglich halten! Und ein Deportierter bist du? Wie kann man einen Deutschen nach Sibirien verbannen?“
    „Ich war russischer Offizier.“
    „Das ist etwas anderes. Also Offizier! Da werde ich mir das Du sofort abgewöhnen. Und nun, da Sie mein Landsmann sind, müssen Sie los! Sie dürfen sich nicht weigern, jetzt mit mir zu gehen.“
    „Wie gern möchte ich, wie unendlich gern! Und doch gibt es etwas, was mich hier festhält.“
    „So? Sonderbar! Was ist das?“
    „Fast schäme ich mich, es Ihnen zu sagen.“
    „So! Nun, so will ich es Ihnen ersparen, denn ich kann mir ohnedies denken, was Sie meinen.“
    „Wirklich?“
    „Ja. Sie meinen nämlich – Karpala. Habe ich richtig geraten?“
    „Ja. Lachen Sie mich aus.“
    „Fällt mir gar nicht ein. Auch ich habe so eine Karpala, nur daß sie einstweilen Auguste oder Gustel heißt. Fort also von hier.“
    Sam hielt inne, vom Eingang her ertönte nämlich soeben leise in englischer Sprache:
    „Pst! Mach doch rasch! Es kommen Leute. Keine Minute ist zu verlieren.“
    „Jim, du bist's?“ antwortete Sam. „Warte.“
    Dann eilte er nach der Tür, wo Jim auf der Leiter stand, und sah in der Gegend, in der die beiden Posten bisher gehackt und geschaufelt hatten, den Schein der Laterne, während zugleich die laute, zornige Stimme des Rittmeisters ertönte.
    „Sapperment, das ist der Rittmeister“, sagte Sam.
    „Ja. Er kommt jedenfalls, um nach dem Gefangenen zu sehen. Schnell also herab mit diesem.“
    „Fällt mir gar nicht ein. Das geht gar

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