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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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schnell weg, steckte ihn ein und antwortete:
    „Weil ich ihn doch lieber behalten will.“
    „Väterchen, was machst du! Willst du mich betrügen?“
    „Nein, ich bin ein ehrlicher Mann, aber ich liebe Nüchternheit beim Geschäft. Bringe zwei Ratniki, und dann kannst du meinetwegen saufen, daß dir der Wodka aus allen Poren läuft.“
    „Ist das wahr? Wirst du mir dann den Rubel wiedergeben?“
    „Natürlich. Ich halte Wort.“
    „So will ich dir glauben. Aber wohin soll ich die Ratniki bringen?“
    „Bringe sie nach dem Gasthof. Ich werde in einer halben Stunde dort sein.“
    „Gut, Väterchen, ich eile.“
    Der Polizist ging schnell fort, blieb aber dann stehen, wandte sich um, kam zurück und fragte:
    „Also nur ich und die beiden Ratniki dürfen trinken, so viel wir wollen?“
    „Ja.“
    „Schön!“
    Der Wächter des Gesetzes eilte davon, aber nur wenige Schritte weit, dann kehrte er abermals um und sagte:
    „Verzeih, Väterchen! Ich habe ein Weibchen, ein gutes, folgsames Weibchen. Sie liebt den Wodka sehr. Darf sie nicht mittrinken? Ich möchte sie gern mitbringen.“
    „Meinetwegen.“
    „So viel sie will?“
    „Ja.“
    „Ich danke dir! Du bist die Sonne der Gnade und Freigebigkeit. Jetzt eile ich.“
    Aber er kam abermals zurück.
    „Mein gutes Väterchen. Dein gutes Herz wird nicht wollen, daß eine Unschuldige leer ausgehe. Ich habe ein Töchterchen. Ihre Wangen sind wie Sirup, und ihre Augen wie wilde Schlehen so rund. Darf sie auch mittrinken?“
    „Wie alt ist sie?“
    „Fünfzehn Sommer und sechzehn Winter.“
    „Trinkt sie etwa für jeden Sommer eine Flasche und auch für jeden Winter eine?“
    „Wenn sie Durst hat, mag sie es fertigbringen.“
    „Alle Wetter! Hast du etwa noch eine Person, die eine so durstige Leber hat?“
    „Ja, dann weiter niemand.“
    „Wer ist diese einzige?“
    „Meine Schwiegermutter, die Mutter meines Weibchens.“
    „Nicht übel! Kann sie auch trinken?“
    „Oh, die trinkt mich unter den Tisch.“
    „Saubere Brut! Na, bring die beiden mit, nämlich die Tochter und die Schwiegermutter. Für die Frau hast du meine Erlaubnis bereits.“
    „Väterchen, mir fehlt die Sprache, dir zu sagen, wie lieb ich dich habe.“
    „Schon gut.“
    „Meine Frau wird dich achten –“
    „Sehr schön!“
    „Meine Tochter dich lieben –“
    „Noch schöner!“
    „Und meine Schwiegermutter an deinem Hals hängen –“
    „Alle Wetter! Das will ich mir verbitten! Mach dich von dannen! Wenn du noch einmal umkehrst, so ziehe ich meinen Auftrag zurück, und es wird aus der ganzen Sache nichts!“
    „Das mögen alle achthundert Heiligen verhüten. Ich laufe, ich eile, ich renne! In einer halben Stunde ist alles besorgt.“
    Der Polizist rannte davon, als ob er um sein Leben zu laufen habe.
    „Habt ihr's verstanden?“ fragte Sam lachend die beiden Freunde.
    „Ja, wenn auch nicht jedes Wort“, antwortete Tim. „Donnerwetter, was ist das hier für eine Gesellschaft! Das geht ja über alle Begriffe!“
    „Ja. Wir müssen uns den Spaß machen und die Sippschaft besuchen, wenn sie bei den Flaschen sitzt.“
    „Aber zahlen wirst du müssen!“
    „Das kann ich. Ich habe ja Geld, sehr billiges Geld – zweitausend Rubel! Ich will diesen zwei Scheinen zwei rechtmäßige Herren verschaffen. Ahnt ihr denn nicht, was ich vorhabe?“
    „Hm! Ich weiß, wer die Rubel erhalten soll“, meinte Jim. „Der Sam ist ein Schlaukopf und ein seelensguter Kerl. Die beiden Posten dort am Feuerwerksgebäude sollen losgekauft werden. Habe ich recht, Dicker?“
    „Hast's getroffen. Ich werde mit dem Herrn Rittmeister ein Wort sprechen, daß ihm die Haare zu Berge stehen sollen. Er wird mir – horch, Wagengerassel! Da müssen wir nachschauen!“
    Sie traten um die Ecke, und zwar noch zur rechten Zeit, um zu sehen, daß der Graf mit zwei Wagen abfuhr, begleitet von zehn gut berittenen Kosaken. Die Wagen enthielten die Requisiten, die er zu dieser Reise für notwendig gehalten hatte.
    „Da ist er also fort“, sagte Jim. „Weißt du, wohin?“
    „Ja“, antwortete Sam. „Wir werden später noch darüber sprechen. Jetzt aber wollen wir zu diesem Herrn Rittmeister gehen.“
    „Wir alle drei?“
    „Natürlich.“
    „Wohl wegen dieses famosen Duells?“
    „Ja. Ich werde es ihm natürlich nicht schenken. Also kommt!“

SECHSTES KAPITEL
    Gift
    Die drei Männer schritten langsam und gravitätisch dem Regierungsgebäude zu. Waren sie schon anderwärts, drüben in Amerika,

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