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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hier Ratniki zu finden?“
    „Genug. Es gibt viele, die sich freigelost haben, und ich kenne sie alle.“
    „Sind unter ihnen welche, die man als Stellvertreter ankaufen könnte?“
    „Jawohl! Willst du fünf oder zehn oder zwanzig?“
    „Nur zwei.“
    „Doch nicht etwa für dich oder diese beiden langen Väterchen?“
    „Nein, sondern für zwei Bekannte von mir.“
    „Wie lange haben diese noch zu dienen?“
    „Acht Jahre. Wieviel hätte ich da für die Stellvertretung zu bezahlen?“
    „Wenn du sehr nobel sein willst, so zahlst du zweihundertundfünfzig Rubel.“
    „Die will ich gern bezahlen.“
    „So kann ich dir die zwei tüchtigsten aussuchen. Soll ich zu ihnen gehen?“
    „Ich bitte dich darum.“
    „Gut. Aber soll ich auch gleich gehen?“
    „Natürlich!“
    „Das kann ich nicht.“
    „Warum?“
    „Weil du die Hauptsache vergessen hast.“
    Der Polizist machte ein sehr würdevolles Gesicht, zeigte mit dem Spitzfinger gegen sich selbst und fuhr fort:
    „Mich!“
    „Ja, du hast recht“, lachte Sam. „Du bist die Hauptsache oder vielmehr der Hauptkerl dabei. Wieviel verlangst du, vorausgesetzt, daß der Handel zustande kommt?“
    „Du bist ein nobles Väterchen, und so will ich ich nobel sein. Du bezahlst mir für den Mann drei Rubel, zusammen also sechs.“
    „Die gebe ich nicht.“
    „Ist es dir zuviel? Du bist wohl aus weiter Ferne gekommen und kennst die Verhältnisse nicht.“
    „Nein, es ist mir nicht zuviel, sondern zuwenig. Ich gebe dir für den Mann fünf, zusammen also zehn Rubel.“
    Da ergriff der Polizist Sams Hand, küßte sie inbrünstig und rief:
    „Ja, ja, Väterchen, ich dachte es gleich. Du bist ein nobler Herr. Ich werde dich fein bedienen.“
    „Und außerdem bezahle ich noch, was du mit den beiden Stellvertretern heute trinken wirst.“
    Der Mann sperrte das Maul weit auf, starrte dem Dicken eine Weile in das lächelnde Gesicht und fragte dann:
    „Ist das dein Ernst?“
    „Ja.“
    „Aber ich bin ein ehrlicher Mann und muß dich also fragen: Weißt du, wieviel drei solche Männer, wie ich bin, trinken können?“
    „Ich kann es mir vorstellen. Ich denke, ihr trinkt so viel, bis ihr unter dem Tisch liegt.“
    „Siehst du, daß du es nicht weißt! Wir trinken auch unter dem Tisch noch.“
    „Das soll mich freuen.“
    „Und du willst das wirklich bezahlen?“
    „Ja.“
    Da breitete der Polizist voller Entzücken seine Arme aus, zog den Dicken an seine Brust, schmatzte ihn, daß es laut klatschte, und schrie:
    „Väterchen, Herzchen, Liebchen, du bist ein Engel unter den Menschen, ein Erlöser aus aller Trübsal, ein Tröster der Traurigen, ein Retter aller –“
    „Schon gut“, beschwichtigte Sam den Wonnetrunkenen, indem er sich von ihm losriß. „Ich zahle, und damit Punktum! Aber ich mache eine Bedingung. Ihr trinkt nicht eher einen Schluck, als bis wir beim Rittmeister gewesen sind und den Vertrag zu Ende gebracht haben.“
    „Oh, das wird wohl kaum auszuhalten sein!“
    „Ich muß aber darauf bestehen!“
    „Wenn du es befiehlst, so müssen wir freilich gehorchen! Aber mir wirst du doch erlauben, vorher meinen Rubel zu vertrinken?“
    „Nein. Du könntest mir betrunken werden.“
    Da zog der Polizist ein betrübtes Gesicht und klagte in vorwurfsvollem Ton:
    „Väterchen, wie beleidigst du mich! Für einen Rubel bekomme ich nur fünf Flaschen voll Wodka. Wie kann ich davon betrunken werden! Da ist ja kaum genug, den Durst eines Säuglings zu stillen.“
    „Donnerwetter! Ihr scheint ja allerliebste Säuglinge zu haben.“
    „Bekommen sie bei dir daheim keinen Schnaps?“
    „Nein.“
    „Die armen Kinder.“
    „Es ist sogar gesetzlich verboten.“
    „Welch eine Regierung! Nicht wahr, der Zar regiert nicht bei euch?“
    „Nein.“
    „Das kann ich mir denken. Er würde Mitleid mit den armen Würmchen haben, die ja massenhaft sterben müssen, wenn sie keinen Wodka bekommen. Also ich darf den Rubel vertrinken?“
    „Nein. Du würdest die Zeit versäumen, die mir kostbar ist.“
    „Du irrst. Ich brauche nur eine Viertelstunde dazu.“
    „Herr meines Lebens! Fünf Flaschen Wodka in einer Viertelstunde! Mensch, bist du denn bei Trost?“
    „Bei Trost? Dann noch lange nicht. Wenn ich ganz voll Trost sein soll, so mußt du verschiedene Rubel bezahlen.“
    „Bitte, zeig mir mal den deinigen her.“
    „Hier ist er. Warum willst du ihn noch einmal sehen?“
    Der Polizist zog den Rubel aus der Tasche und hielt ihn dem Dicken hin. Dieser nahm ihn

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