Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
sagt mir noch eure Namen. Ich will sie mir aufschreiben.“
    „Warum?“
    „Das werdet ihr vor eurem Tod noch erfahren.“
    Die Kosaken erfüllten Sam seine Bitte. Er notierte sich die Namen und ging dann fort, während sie ihm kopfschüttelnd nachblickten. Eben als er bei den Gefährten anlangte, wurde der Seitenhof des Regierungsgebäudes geöffnet, und es kamen zwei gutbespannte Wagen hervor.
    „Wer mag da verreisen?“ fragte der lange Jim.
    „Graf Polikeff.“
    „Der? Ich denke, der bleibt hier.“
    „Nein. Laßt uns beiseite treten, dort hinter jenen Plankenzaun. Ich will euch erzählen, was ich vorhin erlauscht habe.“
    Jim und Tim folgten Sam und nach dem angegebenen Ort, und nachdem sie sich dort überzeugt hatten, daß sie unbeobachtet seien, erstattete er ihnen ausführlichen Bericht. Sie hörten ihm mit der größten Spannung zu. Als er geendet hatte, meinte Tim in ziemlicher Erregung:
    „Also Kosak Nummer Zehn ist ein Adlerhorst; das wußten wir bereits. Aber der Vater von Gökala ist auch da, und der Graf will ihm nach! Das müssen wir natürlich verhüten. Lassen wir ihn arretieren.“
    „Etwa durch den Kreishauptmann?“
    „Ja.“
    „Dumme Ansicht! Der ist ja sein Verbündeter. Der würde uns betrügen.“
    „So willst du dich also seiner Abreise gar nicht widersetzen?“
    „Nicht im geringsten.“
    „Sam, das ist ein großer Fehler!“
    „Ich glaube nicht.“
    „Weißt du denn, was gesehenen kann, wenn er den Maharadscha erreicht? Sie sind Todfeinde, und er würde ihn im äußersten Fall töten.“
    „Pah! So schnell geht das nicht!“
    „Und Nummer Zehn, nämlich Georg Adlerhorst, ist denselben Weg geritten. Er hat Gisa, den Tungusen, als einzigen Begleiter bei sich. Wie nun, wenn der Graf diesen erreicht?“
    „Das kann ich nicht hindern.“
    „Es wird Mord und Totschlag geben!“
    „Schwerlich! Wir dürfen uns nicht von unseren augenblicklichen Gefühlen hinreißen lassen. Steinbach hat uns streng befohlen, nicht von Platowa fortzugehen, sondern ihn hier zu erwarten. Schon morgen trifft er ein. Das ist zeitig genug. Er mag dann selbst bestimmen, was geschehen soll.“
    Jim und Tim waren zunächst nicht mit Sam einverstanden. Aber als er sich ihnen näher erklärte, gaben sie ihm doch noch recht. Dann meinte der erstere:
    „Also dieser famose Kreishauptmann ist selbst ein Verbannter! Den werden wir beim Schopf nehmen!“
    „Natürlich! Auch das überlassen wir unserem Steinbach. Der hat so seine eigene Art und Weise, mit solchen Leuten umzuspringen. Wir haben das Geschick gar nicht dazu. Aber ich werde ihnen doch bereits heute einen kleinen Vorgeschmack beibringen.“
    „Was willst du tun?“
    „Das werdet ihr gleich sehen. Dort kommt gerade derjenige, den ich dazu brauche.“
    „Wer ist das?“
    „Ein Polizist, wie ich an der Kleidung sehe.“
    „Was hast du mit ihm?“
    „Ihr werdet es hören. So viel Russisch habt ihr schon gelernt, um unser Gespräch leidlich zu verstehen.“
    Der Polizist war aus einem nahen Hause getreten und kam so herbei, daß er an ihnen vorüber mußte. Er hatte eine echt russische Physiognomie, einen mächtigen Vollbart und ein kleines Stumpfnäschen, das höchst naiv unter den beiden treuherzigen Augen hervorblickte. Dieses Näschen hatte eine intensive blaurote Farbe, vielleicht weniger davon, daß es einmal erfroren war, sondern, daß der Besitzer einen guten Wodka liebte.
    Er grüßte und wollte vorüber.
    „Halt, Väterchen!“ sagte Sam. „Hast du Zeit, um mir eine Frage zu beantworten?“
    Der Mann blieb stehen, betrachtete den Dicken eine Weile, fühlte ihm dann an die Seitentaschen und antwortete:
    „Hast du ein Fläschchen bei dir, Väterchen?“
    „Nein.“
    „So habe ich auch keine Zeit!“
    Der Polizist wandte sich um und wollte weiter. Sam aber erwischte ihn noch am Arm und sagte:
    „Du hast wohl Appetit auf einen Schluck?“
    „Stets.“
    „Den sollst du haben.“
    „So komm mit mir!“
    Der Blaunasige wollte abermals fort, aber Sam hatte ihn fest, griff in die Tasche, hielt ihm einen Rubel entgegen und fragte:
    „Wieviel Wodka wirst du wohl dafür bekommen?“
    „Heilige Kathinka! Mehr als ich in einer ganzen Stunde zu trinken vermag.“
    „Hier! Er ist dein.“
    Der Wächter des Gesetzes griff schnell nach dem Geldstück, versenkte es in seine weite Hosentasche und sagte:
    „Väterchen, du bist ein Prachtkerlchen. Womit kann ich dir ein Vergnügen machen?“
    „Damit, daß du mir einen Auftrag ausrichtest. Sind

Weitere Kostenlose Bücher