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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ist weg!“
    „Unmöglich!“
    „Weg, weg ist es!“
    „So sieh doch nach!“
    Der Kreishauptmann hatte voller Schreck beide Hände starr auf die Stelle seines Rocks gehalten, an der sich die Brusttasche befand. Er drückte und drückte darauf, aber er fühlte nichts darin.
    „Hölle und Teufel! Es ist wirklich fort.“
    „So greife doch nur hinein.“
    „Ja – ja –!“
    Jetzt öffnete der Kreishauptmann den Rock und steckte die Hand in die Tasche. Da wurde sein Gesicht länger und immer länger.
    „Nun? So rede doch!“ drängte ihn sein Sohn.
    „Leer – leer!“
    „Das ist doch unglaublich.“
    „Da – da, greife hinein.“
    Der Rittmeister tat dies mit gleichem Erfolg.
    „Himmeldonnerwetter!“ fluchte er. „Das ist doch ganz unmöglich. Du mußt dich irren.“
    „Nein, nein. Sapperment! Da fällt mir ein: Ich hatte doch den Rock gleich zugeknöpft. Also habe ich das Geld nicht in diese Tasche stecken können. Er legte es hin, ich nahm es, und – oh, ich Esel, ich gewaltiger Esel!“
    Der Kreishauptmann schlug sich mit der Hand vor die Stirn und sprach: „Erschrecke ich mich und dich so unnötigerweise! Es ist nicht verloren; es ist ja da! Ich weiß es ganz genau. Ich nahm es und steckte es hier in diese Seitentasche. Da ist es noch.“
    „Gott sei Dank, daß – Himmelsapperment! Etwa auch nicht?“
    Der Alte war, vor Freude im ganzen Gesicht strahlend, mit der Hand in die Seitentasche gefahren. Jetzt ließ er die Hand darin und stiere dem Sohn ins Gesicht. Er war ein Bild des Schreckens. Er vergaß zu antworten.
    „Nun! Rede doch!“ rief der Rittmeister.
    „Auch da ist's nicht!“ stammelte der Kreishauptmann.
    „Mensch! Vater! Du bist wohl toll?“
    „Fort – fort – fort.“
    Der Alte zog auf beiden Seiten das Futter aus den Taschen. Beide waren leer.
    „Oder hast du es in den Hosentaschen?“
    „Nein. Will nachsehen.“
    Die Hände des Kreishauptmanns zitterten, so aufgeregt war er. Er suchte und suchte, fand aber nichts.
    „Vater, es muß dennoch ein Irrtum vorliegen. Du hast das Geld wohl gar nicht eingesteckt! Es muß noch unten im Keller liegen. Sehen wir einmal nach.“
    „Ja, sehen wir nach.“
    Sie brannten eine Laterne an und gingen hinab. Trotz alles Suchens und trotzdem sie in jeden Winkel und hinter jedes Faß und Gefäß leuchteten, war keine Spur des Verlorenen zu finden.
    „Bei Gott! Es ist alles weg!“ rief der Rittmeister zornig.
    „Ich – ich kann's – kann's nicht begreifen!“ stammelte sein Vater.
    „Ich noch viel weniger. Das schöne Geld und solche wichtigen Papiere hebt man doch heilig auf.“
    „Ich habe alles eingesteckt, alles. Jemand hat es mir aus der Tasche genommen. Es ist nicht anders möglich.“
    „Nun, so besinne dich! Wer könnte das gewesen sein?“
    „Hm!“
    „Wer hat so nahe und ganz allein bei dir gestanden?“
    „Nur einer, ein einziger, du!“
    „Ich?“ rief der Offizier, indem er seinen Vater erstaunt ansah.
    „Ja, du!“
    „Was willst du damit sagen?“
    »Deine Frage will ich beantworten.«
    Der Offizier erriet die Gedanken seines Vaters.
    „Du denkst doch nicht etwa –?“
    „Was?“
    „Daß ich Dich bestohlen habe!“
    Jetzt war auf dem Gesicht des Alten das deutlichste Mißtrauen zu lesen. Sein Blick wurde stechender und seine Miene finsterer, als er fragte:
    „Wie kommst Du auf diesen Gedanken?“
    „Dein Verhalten ist grade so, als ob Du mir mißtrauest.“
    „Ich habe ja gar kein Wort gesagt.“
    „Aber es steht Dir klar und deutlich im Gesicht geschrieben!“
    „Das denkst du nur, das böse Gewissen macht dich mißtrauisch.“
    „Vater!“ brauste der Rittmeister auf.
    „Iwan!“ donnerte der Alte noch stärker.
    „Ich, dich bestehlen! Das ist Wahnsinn!“
    „Spiele nicht Komödie! Zwischen Vater und Sohn kann keine Beleidigung fallen. Bist du etwa ein solcher Engel, daß man dir so etwas nicht zutrauen dürfte?“
    „Donnerwetter! Mache mir es nicht zu bunt! Ich habe es nicht und damit basta!“
    Der Alte hatte wirklich Hoffnung gehabt, daß der Rittmeister das Geld heimlich zu sich gesteckt habe. Jetzt verschwand auch diese.
    Der Rittmeister stand während dieser Unterredung am Fenster und warf einen Blick hinaus.
    „Siehst du, wie recht ich habe!“ sagte er. „Da vor dem Gasthof stehen zwei Pferde. Kennst du sie?“
    Der Alte trat herbei, blickte auch hinaus und antwortete:
    „Die Schwarzen des Gastwirts.“
    „Er hat sie den Kosaken verkauft. Schau! Da tritt der Dicke aus der

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