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53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten

Titel: 53 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 05 - Der Engel der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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vermute, daß es sich dabei um irgendeine Drohung handelt.“
    „Das ist möglich“, seufzte sie.
    „Wie aber nun, wenn das Objekt dieser Drohung in Wegfall kommt?“
    „Schwerlich!“
    „Oder wenn derjenige, der diese Drohung aussprach, sie nicht ausführen kann?“
    „Er wird stets die Macht dazu haben.“
    Da legte Steinbach lächelnd den Kopf zur Seite und sagte:
    „Die Angehörigen dieser Familie, deren Schicksal meine innigste Teilnahme erregt, wissen vielleicht gar nicht, was indessen geschehen ist. Ibrahim Pascha ist gestürzt, und der Derwisch hat sich als Mörder in das Ausland flüchten müssen. Ich habe allen Grund, anzunehmen, daß er nächstens an irgendeinem Strick hängen wird.“
    „Herr im Himmel! Wenn dies wahr wäre!“
    Die Frau hatte die Hände zusammengeschlagen und blickte dem Sprecher groß und erwartungsvoll ins Gesicht.
    „Sie meinen“, lächelte er, „wenn dies wahr wäre, so dürfte sich eine gewisse Frau Hauser auch endlich wieder Frau von Adlerhorst nennen?“
    „Wieder Ihre Vermutung!“
    „Nicht Vermutung, gnädige Frau. Ich weiß, wer Sie sind, und ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß Sie Ihren richtigen, ehrenhaften Namen mit vollem Recht und ohne alle Besorgnis tragen dürfen.“
    „Sie vergessen, daß Frau von Adlerhorst tot ist!“
    „Sie lebt.“
    „Selbst wenn sie noch lebt, ist sie die unglücklichste der Frauen, arm, elend und verstümmelt. Sie hat keine Hände und keine Zunge mehr.“
    „Oh, man verstümmelte glücklicherweise nur die Amme, die man für die Mutter hielt.“
    „So wissen Sie alles, wirklich alles!“
    „Daraus können Sie entnehmen, daß Sie mir vertrauen dürfen, gnädige Frau.“
    Ihre Augen standen voller Tränen. Sie blickte Steinbach unschlüssig in das Angesicht. Offenbar kämpfte sie zwischen der bisherigen Vorsicht und dem Eindruck, den seine ganze Erscheinung auf sie machte. Da streckte er ihr die Hände entgegen und sagte in herzlichster, gewinnender Weise:
    „Hier meine Hand! Haben Sie Vertrauen zu mir!“
    Da konnte sie nicht anders, sie reichte ihm die ihrige und antwortete:
    „Ich weiß nicht, wie mir ist, wenn ich Ihnen in das Gesicht sehe. Es ist mir gerade so, als ob ich Sie schon lange, lange Zeit kenne, als ob ich viel, sehr viel Gutes von Ihnen erfahren habe und auch fernerhin nur Glück und Segen von Ihnen zu erwarten hätte.“
    „So ist es recht. So habe ich es gewünscht. Ich weiß, warum in meinen Zügen etwas Ihnen Sympathisches, Bekanntes liegt. Wir werden darüber noch anderweit sprechen. Nun aber endlich, nicht wahr, Sie sind Frau von Adlerhorst?“
    „Ja.“
    Sie mußte alle ihre Beherrschung zusammennehmen, um nicht in lautes Weinen auszubrechen. Sie, die vornehme, reiche, einst so schöne Frau, jetzt arm, krank, verfolgt, soeben erst aus der elendsten Lage errettet!
    Steinbach reichte ihr den Arm und bat:
    „Kommen Sie mit. Die gegenwärtige Umgebung paßt nicht für Ihre jetzige Stimmung. Sie dürfen Ihr Geheimnis zwar mir mitteilen, es aber nicht jedermann verraten. Ich führe Sie in ein Zimmer, wo Sie sich von den körperlichen und seelischen Strapazen ausruhen und erholen können. Später, wenn Sie sich kräftiger fühlen, werde ich Ihnen ausführlichere Mitteilungen machen.“
    Er führte sie nach Roulins Zimmer und sprach weiter kein Wort mit ihr. Sie sank auf das Bett, und er kehrte zu den anderen zurück.
    Was er so ziemlich als gewiß erwartet hatte, das geschah: Adler, der einstige Oberaufseher, kam auf ihn zu, zog ihn an das Fenster, wo sie von den anderen nicht gehört werden konnten, und sagte:
    „Herr Steinbach, eine Frage. Nicht wahr, dieser Mann, der sich soeben dort in der Ecke niedersetzt, heißt Hauser?“
    „Ja.“
    „Was ist er?“
    „Was er gegenwärtig ist, weiß ich leider nicht.“
    „Aber früher?“
    „Herrschaftlicher Diener.“
    „Er ist ein Deutscher?“
    „Ja.“
    „Kennen Sie die Familie, welcher er diente?“
    „Es ist eine Familie Adlerhorst.“
    „Himmel! Also doch!“
    „Sie erschrecken?“
    „Nein. Ich kannte nämlich zufälligerweise früher einige Glieder dieser Familie.“
    „So, so!“ nickte Steinbach mit feinem Lächeln.
    „Ist die Dame, welche Sie geleiteten, die Frau dieses Hauser?“
    „Er gibt sie dafür aus.“
    „Es scheint mir, als ob ich sie einst unter einem anderen Namen kennengelernt hätte.“
    „Vielleicht unter dem Ihrigen?“
    Adler blickte rasch empor. Er sah Steinbachs großes, klares Auge freundlich auf sich ruhen und

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