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54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

Titel: 54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Stimme:
    „Hinab, hinab mit den Halunken!“
    Da ergriff der Alte den eisernen Hebel und drückte. Gleich darauf ertönten drinnen in der Brunnenstube die Schreckens- und Entsetzensrufe der beiden scheinbar dem Tod Geweihten. Das riß den Pascha empor. Obgleich er halb tot vor Entsetzen über den Angriff des einstigen Derwisches war, wollte er sich nicht den Hochgenuß entgehen lassen, die zwei in die Tiefe stürzen zu sehen. Er raffte sich also auf und hielt das Gesicht an die Luke der Tür.
    Und er kam gerade noch zur rechten Zeit, um zu sehen, daß der Derwisch und der Agent nach unten verschwanden. Deutlich freilich sah er es nicht. Wäre das Brunnenzimmer erleuchtet gewesen, so hätte er bemerken müssen, daß der Derwisch und der Agent nicht jählings in die Tiefe stürzten, sondern daß der Boden langsam und stetig mit ihnen versank.
    „Weg sind sie!“ rief er aus. „Der Tod hat sie verschlungen, und nun gibt es keinen Zeugen mehr gegen mich. Und recht ist ihnen geschehen, vollständig recht, denn es fehlte kaum ein Augenblick, so hätte der Mörder mich erdrosselt.“
    „Ja“, schmunzelte der Alte, „wenn ich ihm nicht mit dem Messer in die Hand gestochen hätte, so wären Sie unbedingt verloren gewesen. Es war ihm sehr ernst damit.“
    „Oh, das habe ich gefühlt. Sie haben mich gerettet, und ich werde es nie vergessen, daß ich Ihnen mein Leben verdanke.“
    „Ich hoffe es. Jetzt aber wollen wir wieder nach oben.“
    Damit machte der Kastellan die Klappe zu und wandte sich in den Gang hinein. Der Pascha folgte mit Lina und begab sich mit derselben nach der Wohnung des Schließers, der nicht mitging, sondern tat, als ob er etwas im Hof zu besorgen habe. Er ging aber nicht dorthin, sondern kehrte in den Gang zurück. – – –
    Natürlich war der Agent ebenso wie der Derwisch entsetzt gewesen, als der Boden unter ihnen zu sinken begann. Sie wußten den unvermeidlichen, grauenvollen Tod unter sich und stießen jene Schreckensrufe aus, die gehört worden waren. Als sie aber im nächsten Moment bemerkten, daß die Diele sich nicht um ihren Durchmesser drehte, um sie abzuwerfen, sondern ganz gerade und gleichmäßig sich senkte, verhielten sie sich ruhig.
    Nach wenigen Sekunden bereits hörte diese Bewegung auf. Der Boden unter ihnen stand fest.
    „Was ist das?“ fragte der Agent, indem neue Hoffnung ihn beseelte.
    „Wir stürzen nicht!“ sagte der Derwisch, ganz ebenso überrascht. „Der alte Kastellan muß sich versehen haben.“
    „Ja. Herrgott, wenn es eine Rettung gäbe! Wo mögen wir uns befinden?“
    „Wenn es nicht so stockdunkel wäre, könnten wir es sehen. Tasten wir einmal umher!“
    „Ja, aber, um Gottes willen, schnell, damit wir von dieser verdammten Diele herunterkommen. Ich fühle hier hüben bei mir nur die feuchte Mauer des Brunnens.“
    „Ich auch, doch – da ist eine Öffnung, hoch und breit wie ein Gang. Kommen Sie, kommen Sie schnell!“
    Der andere folgte natürlich sofort dieser Aufforderung, um nicht mehr die grauenhafte Tiefe unter sich zu haben. Schubert betastete jetzt den Boden.
    „Wir stehen auf Felsen“, sagte er. „Gott sei ewig Lob und Dank. Wir sind gerettet!“
    „Noch nicht. Stürzen können wir allerdings nicht mehr; aber wer weiß, wo wir stecken. Wenn wir nicht herauskönnen, so müssen wir hier elend verschmachten.“
    „Befühlen wir einmal die Umgebung.“
    „Hätten wir doch Zündhölzer!“
    „Die habe ich mit.“
    „Nun, so leuchten Sie einmal umher!“
    Es wurden jetzt mehrere Hölzchen nacheinander angebrannt. Beim Schein derselben bemerkten die beiden, daß sie sich in einem sehr kurzen Gang befanden, der durch eine mit starkem Eisenblech beschlagene Tür verschlossen wurde. Zu beiden Seiten befand sich undurchdringliches Mauerwerk und hinter ihnen der Brunnen, über dem die verräterische Diele lag.
    „Hier können wir nicht hinaus“, seufzte der Agent. „Durch die Mauern zu entkommen, ist unmöglich!“
    „Und durch die Tür ebenso. Das Schloß oder der Riegel befindet sich nur außen.“
    „Hätten wir nur ein Werkzeug zum Aufsprengen!“
    „Es gibt keins.“
    „So bleibt uns nur das eine übrig, zu versuchen, ob wir die Tür nicht aufstoßen können. Stemmen wir uns doch einmal dagegen!“
    Sie taten es und strengten alle ihre Kräfte an, jedoch vergeblich.
    „Es hilft nichts, es hilft nichts!“ jammerte der Agent, indem er vor Anstrengung und innerlicher Erregung an allen Gliedern zitterte. „Wir sind eben

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