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54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken

Titel: 54 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 06 - Die Kosaken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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verloren.“
    „Verloren!“ ächzte auch der Derwisch, indem er sich müde und verzweifelt auf die kalten Steine niedersetzte. „Dieser Hund von einem Pascha! Uns zu verderben, uns, seine beiden Freunde! Ah, hätte ich ihn da! Ich würde ihn zerreißen, daß kein Glied an dem anderen bliebe!“
    Der Agent hörte das laute Zähneknirschen seines Unglücksgefährten und erwiderte:
    „Lassen Sie uns erst ruhig werden und unsere Lage überlegen. Durch die Tür ist nicht zu entkommen. Das ist sicher. Durch die Wände auch nicht. Da gibt es nur eine einzige Richtung, in der wir die Rettung suchen müssen, und das ist der Brunnen da hinter uns.“
    „Danke sehr! Ich will nicht zerschellen!“
    „Pah! Wenn wir dem Tod geweiht sind, so wird unsere Lage dadurch, daß wir etwas wagen, nicht gefährlicher. Sie sitzen weiter vorn. Fühlen Sie einmal hin, ob dieser verteufelte Vexierboden noch da ist.“
    Der Derwisch folgte dieser Aufforderung und meldete:
    „Er ist noch da.“
    „So sind wir noch nicht verloren. Meinen Sie etwa, daß der Kastellan diese Diele für immer und ewig hier unten lassen werde? Nein, er wird den Boden wieder aufsteigen lassen. Wenn wir uns dann daraufstellen, kommen wir in aller Gemütlichkeit wieder hinauf.“
    „Er wird aber sehen, daß wir leben.“
    „Nein. Er wird uns nicht eher sehen, als bis es für ihn zu spät ist, als bis wir auf ihn einspringen und ihn niederhauen.“
    „Schubert, dieser Gedanke ist nicht schlecht. Ich beginne wieder aufzuleben. Aber es fragt sich nur, ob er bald auf den guten Gedanken kommen wird, den Boden wieder nach oben gehen zu lassen. Vielleicht vergehen Tage, ehe es geschieht.“
    „O nein. Ich möchte darauf schwören, daß es noch heute, ja, daß es in sehr kurzer Zeit geschehen wird.“
    „Ah, welche Wollust, wenn wir wieder freikommen, wenn wir uns an den Schurken, die uns in diese infame Situation gebracht haben, rächen könnten. Doch horch“, unterbrach sich der Derwisch. „Hörten Sie etwas?“
    „Ja“, antwortete Schubert, indem er auch lauschte. „Es war mir, als wäre es über uns!“
    Es drang in der Tat ein leises, schrilles Geräusch zu ihnen herab, als wenn ein Schlüssel im Schloß gedreht würde.
    „Sie kommen oben“, flüsterte der Agent. „Ja, jetzt höre ich es auch.“
    „Da müssen wir uns schleunigst auf die Diele stellen.“
    Der Agent erhob sich.
    „Noch nicht“, warnte der Derwisch. „Warten wir noch. Wollen erst hören, ob vielleicht gesprochen wird.“
    Auch er stand jedoch auf und trat bis an den Innenrand des Brunnens vor, um in die Höhe zu blicken. Oben erschien eine Laterne, mit der herabgeleuchtet wurde.
    „Herr Schubert!“ hörten sie darauf die Stimme des Kastellans rufen.
    „Donnerwetter!“ flüsterte der Genannte. „Er ruft mich! Es ist der Kastellan. Soll ich antworten?“
    „Nein.“
    „Herr Schubert!“ klang es von neuem, und dieses Mal lauter von oben herab.
    „Wieder. Ich möchte doch antworten.“
    „Um Gottes willen, nicht! Er will nur probieren, ob wir auch wirklich tot sind. Wenn Sie antworten, sind wir verloren.“
    „Derwisch, Derwisch!“ rief jetzt der Alte.
    „Jetzt meint er Sie“, flüsterte Schubert.
    „Jawohl! Ich werde mich aber hüten, auf diesen Leim zu gehen.“
    „Derwisch, Schubert! Antworten Sie doch!“
    Sie schwiegen auch auf diesen doppelten Zuruf. Nun sagte der Alte:
    „Sie können mir getrost antworten. Ich weiß, daß Sie leben und daß Sie sich hier unter mir befinden. Ich sollte Sie hinabstürzen lassen, habe es aber nicht getan. Ich ließ den Boden nur ein Stück hinab und will Sie jetzt wieder freimachen. Treten Sie darauf, ich lasse ihn emporsteigen.“
    „Kein Wort!“ flüsterte der Derwisch. „Er will uns nur in Versuchung führen.“
    „Vielleicht doch nicht. Ich glaube ihm. Soll ich reden?“ entgegnete der Agent.
    „Nein. Ich selbst will es tun.“
    Und sich mit dem Kopf vorbeugend, daß er emporschauen konnte, rief der Derwisch hinauf:
    „Wer ist oben?“
    „Ich, der Kastellan.“
    „Dachte es, was wollen Sie?“
    „Ich will Sie heraufholen. Treten Sie doch auf die Diele.“
    „Danke sehr! Fällt mir nicht ein. Nicht wahr, Sie möchten nun ausführen, was Ihnen vorhin nicht gelungen ist.“
    „Fällt mir gar nicht ein.“
    „Also wollen Sie uns wirklich retten?“
    „Ja.“
    „Etwa durch diese Diele? Danke. Ich trete nicht wieder auf diese Bretter. Doch kennen Sie die Tür hier unten bei uns und haben Sie den Schlüssel zu dieser Tür

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