55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät
Mama; ich werde mein möglichstes tun!“
Man hörte jetzt die kranke Frau ängstlich rufen; Margot eilte zu ihr. In diesem Augenblick donnerten auch schon heftige Schläge gegen die Vorsaaltür. Das Dienstmädchen hatte sich versteckt; Königsau sah sich ganz allein. Er ergriff mit der Linken ein Licht, lockerte mit der Rechten seine Pistole und die Degenklinge und öffnete dann die Tür. Draußen stand eine Menge wilder Gestalten, auch die Treppe war besetzt von ihnen.
„Was wollen Sie hier, Messieurs?“ fragte Königsau mit kräftiger Stimme.
Die Leute waren nicht wenig erstaunt, einen deutschen Offizier zu sehen. Sie wichen ein wenig zurück, und einer von ihnen antwortete:
„Wir suchen den Kapitän Richemonte.“
„Er wohnt nicht hier, sondern gegenüber.“
„So werden wir ihn dort aufsuchen!“
„Er ist nicht daheim.“
„Das tut nichts. Wir werden uns seine Meubles einmal ansehen.“
„Da kommen Sie zu einer recht ungewöhnlichen Stunde“, meinte Königsau lächelnd. „Übrigens, was kann ein Bonapartist für kostbare Meubles haben. Sie würden sich täuschen, Messieurs. Es liegt eine sehr kranke Dame hier; ich hoffe, Messieurs, daß Sie so galant sein werden, dies zu berücksichtigen.“
„Ihr hört es“, meinte der Sprecher zu den übrigen. „Wollen wir gehen?“
„Ja“, riefen viele, und „nein“, riefen noch mehrere.
Margot war einige Augenblicke lang bei ihrer Mutter gewesen, jetzt aber stand sie angstvoll im Hintergrund des Vorsaales, um den Ausgang der Unterhaltung abzuwarten. Sie sah Königsau draußen auf dem Korridor stehen. Das Licht in seiner Linken beleuchtete seine kräftige, männlich-schöne Gestalt.
„Ich habe das Wort Plünderung vernommen“, sagte er. „Ich bin überzeugt, daß kein Anhänger Ludwigs des Achtzehnten es ausgesprochen hat. Wir haben den Kaiser entfernt und unser Blut für euch vergossen, um euch den Frieden, nicht aber Raub und Plünderung zu bringen. Es lebe Ludwig der Achtzehnte; es lebe die Ordnung! Nieder mit den Räubern und Dieben! Das Volk von Frankreich besteht nicht aus Einbrechern, sondern aus ehrlichen Leuten!“
Das war ganz nach der Situation gesprochen.
„Es lebe Ludwig der Achtzehnte; es lebe die Ordnung!“ riefen die Leute nach. „Kommt, wir wollen gehen! Dieser brave Deutsche gibt uns unseren König wieder; er hat recht!“
Sie drehten sich um und verließen alle das Haus.
Als Königsau in den Vorsaal zurücktrat, erblickte er Margot. Ihre Augen leuchteten vor Freude und Bewunderung. Er hatte es gewagt – er, der einzelne, der verhaßte Deutsche, einer solchen Rotte zügelloser Menschen entgegenzutreten. Sie streckte ihm ihre beiden Hände entgegen und sagte:
„Dank, Monsieur, nehmen Sie Dank. Sie allein sind es, welcher uns errettet und befreit hat. Ich werde sogleich zur Mama gehen, um ihr zu melden, daß die Gefahr vorüber ist.“
Sie ging. Königsau stellte das Licht wieder in den Vorsaal und kehrte dann in den Salon zurück, um von neuem die Straße zu beobachten. Er hatte dort noch nicht allzu lange gestanden, so sagte ihm ein leichtes Rauschen, daß Margot hinter ihm stehe.
Er wendete sich um und wollte zur Seite treten, um sie an das Fenster zu lassen.
„Bleiben Sie, Monsieur“, sagte sie. „Wir haben beide Platz.“
„Es ist zu eng für zwei, die sich nicht lieben können“, warf er ein.
„Bleiben Sie immerhin“, antwortete sie. „Was Ihnen erlaubt war, darf wohl auch ich einmal wagen.“
Sie legte den einen Arm auf das Fensterkissen und stützte den anderen geradeso auf seine Hüfte, wie er es vorher bei ihr gemacht hatte. Es war ein namenlos seliges Gefühl, welches ihn bei dieser Berührung durchflutete. Ahnte sie, wie furchtbar wehe sie ihm vorhin getan hatte, und wollte sie das wiedergutmachen? Er ergriff ihr Händchen und zog ihren Arm, der um ihn lag, fester an. Sie ließ es geschehen.
„Fürchteten Sie nicht diese Leute, Monsieur?“ fragte sie.
„Fürchten? Ich hätte mit ihnen gekämpft, wenn sie nicht gegangen wären“, versicherte er.
„O Gott, wenn man Sie getötet hätte!“
„So wäre ich eines schönen Soldatentodes gestorben, und der letzte Gedanke, in Ihrem Dienst gefallen zu sein, wäre für mich bereits der Beginn der Seligkeit gewesen. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn es so gekommen wäre.“
„Warum?“
Er schwieg. Nach einiger Zeit war es ihm, als ob er einen leisen Druck ihres Armes fühle, und dann sagte sie:
„Bitte, antworten Sie
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