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55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

Titel: 55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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bemerkte sie, daß sie im Negligé den Freund empfangen hatte. Sie erglühte bis über die Stirn herauf, sie wollte den Mantel aufheben, um ihn überzunehmen, aber das ging ja nicht, das ging wirklich nicht.
    Da trat Königsau hinzu, hob ihn auf und legte ihn ihr über. Seine Hand streifte dabei ihre warme Schulter. Er nahm die Last ihres Haares in die Hände, um die herrlichen Wellen über den Mantel herabgleiten zu lassen. Es war ihm, als ob er in einem Zauber- oder Märchenbuch lese. Er konnte sich nicht länger beherrschen, er konnte sich nicht halten, er drückte ihre beiden Hände an seine Brust und sagte mit heißem Atem und blitzendem Auge:
    „Margot, Sie sind schön, sinnberückend schön! Und all diese Pracht und Herrlichkeit sollte diesem Baron gehören? Bei Gott, eher stoße ich ihm den Degen in den Leib!“
    Sie ließ ihm ihre Hände und antwortete:
    „Bin ich wirklich so schön, Monsieur? Diese Schönheit hat uns alles gekostet, was wir besaßen, das Glück und das Vermögen; ich möchte sie missen und sie von mir werfen, wenn ich könnte.“
    „Um Gottes willen, nein, Margot! Sie haben keine Ahnung, was Sie einem Mann sein können und werden. Ich muß mich ja abwenden, um dem Verlangen widerstehen zu können, Sie an mein Herz zu ziehen und dort festzuhalten, für das ganze Leben, für die ganze Ewigkeit, denn, wo Sie sind, da muß auch der Himmel und die Seligkeit sein!“
    Sie trat zum Fenster, um es zu öffnen; er faßte sie bei der Hand und sagte:
    „Bitte, nicht hier, Mademoiselle. Hier ist Licht, und man erblickt Sie von unten. Das muß man bei solchen Gelegenheiten zu vermeiden suchen. Gehen wir in den Salon, wo es dunkel ist. Dort können wir beobachten, ohne beobachtet zu werden.“
    Sie folgte ihm. Der Lärm auf der Straße hatte sich verdoppelt. Die verschiedenartigsten Rufe durchkreuzten sich, und die Menge wogte hin und her wie ein aufgeregtes Meer. Königsau öffnete das Doppelfenster. Seine Anwesenheit ermutigte Margot, hinauszublicken; er tat dasselbe an ihrer Seite. Das Fenster war nicht allzu breit; sie hatten kaum Platz nebeneinander. Ihre schönen, vollen Formen, deren Wärme durch das dünne Gewand drang, legten sich an seinen Körper. Wenn er ihr nicht unbequem werden wollte, so durfte er den einen Arm nicht auf das Fenster legen. Aber wohin sonst? Er wagte es und legte ihn leise um ihren Leib. Sie fühlte es, sie zuckte leicht zusammen, aber sie duldete es.
    So beobachteten sie eine ganze Weile schweigend das Menschengedränge. Da krachte ein Schuß. War es ein blinder gewesen, oder nicht? Jetzt ertönten vorn an der Straßenecke neue Stimmen.
    „Es lebe die Republik! Nieder mit den Kaiserlichen!“
    Ein neuer Schwarm von Menschen drängte sich zur Straße herein. Ihr Ruf sagte, wer oder was sie seien; es waren Republikaner. Da erscholl es von der anderen Seite:
    „Es lebe der Kaiser! Nieder mit den Sansculotten!“
    Und in der Mitte der Straße rief man:
    „Es lebe Ludwig der Achtzehnte! Nieder mit den Kaiserlichen und den Sansculotten!“
    Jetzt stießen die drei Parteien zusammen. Es entstand eine fürchterliche Balgerei. Ein gräßliches Brüllen und Schreien erfüllte die Straße; Schüsse detonierten, und an dem Schreien der Verwundeten hörte man, daß man auch die blanke Waffe gebrauchte.
    „Hurra!“ rief es endlich. „Sieg Ludwig dem Achtzehnten! Plündert die Kaiserlichen und schlagt die Sansculotten tot!“
    Die Anhänger Ludwigs hatten gesiegt. Man hörte jetzt Türen einschlagen und Fenster klirren; die Plünderung begann.
    Margot hatte sich vom Fenster zurückgezogen. Sie zitterte vor Angst.
    „Mademoiselle, gehen Sie zu Ihrer Mama!“ sagte Königsau. „Man weiß nicht, was geschehen kann.“
    „Mein Gott“, antwortete sie, „mein Bruder ist als Bonapartist bekannt!“
    „Wo wohnt er?“
    „Er bewohnt die andere Hälfte der Etage.“
    „Ist er daheim?“
    „Nein. Er würde sich bei diesem Aufruhr auch nicht nach Hause getrauen.“
    „Plünderung, Plünderung!“ ertönte es abermals von unten. Und eine Stimme fügte hinzu: „Hier ist Nummer zehn; hier wohnt der Kapitän!“
    Man hörte, daß die Männer unten eindrangen.
    „Sie kommen, mein Gott, sie kommen!“ rief Margot. „Drüben mögen sie immerhin plündern, wenn sie nur meine arme Mama verschonen!“
    „Wenn sie einmal drüben beginnen, so kommen sie auch herüber. Sie tragen den Namen Ihres Bruders und müssen für ihn mitbezahlen. Man muß das zu verhüten suchen. Gehen Sie zu Ihrer

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