55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät
oft unmöglich auszuführen, und im Gegenteil ist das, an dessen Gelingen wir verzweifeln möchten, vielleicht ein Kinderspiel. Wer wollte sagen, daß es aus irgendeiner Not keine Hilfe gebe? Sie ist da; sie naht vielleicht schon, aber wir sehen sie nicht.“
„Aber wenn Menschen nicht helfen können?“
„So hilft Gott durch sie, ohne daß sie es wissen und wollen. Er weiß den rechten Weg zur Rettung, nur sollen wir ihm vertrauen und ihm nicht widerstreben.“
Da endlich! Er sah es ihr an, er hatte sie besiegt. Sie streckte ihm ihre Hand entgegen und sagte:
„Ich danke Ihnen, Monsieur! Ja, Sie sind ein Deutscher, ein wahrer, echter Deutscher!“
„Was wissen Sie von uns Deutschen, Mademoiselle?“
„Daß sie wie die Kinder sind, voller Glauben und Vertrauen, und doch auch echte Männer, welche Gott zwar um Hilfe bitten, ihn aber dabei tüchtig unterstützen“, lächelte sie. „Man sieht es an den Schlachten, welche sie jetzt geschlagen haben.“
Diese parteilose Anerkennung tat ihm wohl. Margot gewann dadurch sehr in seiner Achtung. Noch immer ihre Hand in der seinigen haltend, wagte er zu fragen:
„War es wirklich nur ein Beispiel, welches Sie mir erzählten, Mademoiselle, oder ist dieser Fall im Leben vorgekommen?“
Sie senkte den Blick verlegen zu Boden. Sie wollte ihn nicht belügen; er sah sie so ehrlich an. Und die Wahrheit, durfte sie ihm diese sagen? Endlich antwortete sie zögernd:
„Wenn es ein wirklicher Fall wäre, dürfte man sich da für berechtigt halten, ihn zu erzählen, Monsieur?“
Da wurde er kühn und sagte:
„Ich errate, wessen Fall es ist.“
Eine tiefe Glut bedeckte ihr schönes Gesicht. Erriet er es wirklich? Sie hatte Gedanken gehabt, welche er mit dem Wort teuflisch bezeichnet hatte. Sie wagte nicht, um seine Meinung zu bitten, aber sie sah ihm fragend und zagend entgegen.
„Sie sprechen von sich selbst. Nicht wahr, Mademoiselle?“ fügte er hinzu.
„Und nun verurteilen Sie mich?“ sagte sie leise.
Sie hatte sich schön genannt; sie hatte von ihren Reizen gesprochen. Wie lächerlich kam sie sich vor! Was mußte er von ihr denken!
„Nein, ich verurteile Sie nicht. Sie haben diesen Entschluß im Zorn gefaßt. Jedoch wünsche ich sehr, Ihnen helfen zu können, und wenn es auch nur durch einen guten Rat wäre. Darf ich mich erkundigen?“
„Bei wem?“
„Bei Ihnen.“
„Fragen Sie!“
„Sie hassen den Baron?“
Sie blickte ihn in höchster Überraschung an.
„Sie kennen den Baron?“ fragte sie erstaunt.
„Ja; nur seinen Namen weiß ich nicht. Ich muß Ihnen nämlich zweierlei gestehen. Erstlich habe ich ein Gespräch belauscht, welches gestern dieser Baron mit einem Kapitän führte. Ich merkte dabei, daß es sich um Ihren Besitz handele, Mademoiselle. Da ich dadurch Mitwisser des Vorganges geworden bin, wird es Ihnen nicht schwer werden, mir auch Ihr weiteres Vertrauen zu schenken. Sind Sie mit jenem Kapitän der Garde verwandt?“
„Wie heißt er?“
„Albin Richemonte.“
„Er ist mein Bruder, mein Stiefbruder, aber ich ver –“
Sie stockte verlegen; doch er ermunterte sie in eindringlichem Ton:
„Sprechen Sie weiter, Mademoiselle. Ich nehme den größten Anteil an dem, was Sie mir sagen werden.“
„Oh, Sie werden mich abermals für unedel, für teuflisch halten, Monsieur!“
„Wagen Sie es immerhin“, lächelte er. „Ich gestehe Ihnen aufrichtig, daß Sie mir ganz wie das Gegenteil von teuflisch vorkommen.“
„Nun, ich wollte sagen, ich verachte, ich hasse ihn. Er hat ein unendliches Elend über uns gebracht. Er steht mir ferner, als der fernste Mensch, obgleich er der Sohn meines Vaters ist, an dessen Tod er die Mitschuld trägt. Nicht wahr, nun verurteilen Sie mich, die Schwester, welche ihren Bruder verachtet?“
„Nein, sondern ich danke Gott, daß er nur Ihr Stiefbruder ist. Er ist wirklich verächtlich; auch ich verachte ihn.“
„Wie, Sie kennen ihn?“ fragte sie.
„Ja, und dies ist das zweite, was ich Ihnen gestehen muß. Haben Sie vielleicht gehört, daß Ihr Bruder ein Renkontre mit einem deutschen Offiziere gehabt hat?“
„Ja“, antwortete sie, in der Seele ihres Bruders beschämt.
„Nun, dieser Deutsche war ich. Können Sie mir vergeben? Hätte ich Sie bereits gekannt, so hätte ich ihn vielleicht geschont.“
„Ich habe Ihnen nichts zu vergeben, Monsieur. Sie haben Ihre Ehre und diejenige Ihres Kriegsobersten gewahrt; das war Ihre Pflicht. Lassen Sie uns als Freunde scheiden!“
„Wie, Sie
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