55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät
bei seiner Antwort einen möglichst gleichgültigen Ton beizubehalten; er vermutete daher ein kleines Abenteuer und wollte sich die Erzählung desselben nicht entgehen lassen.
„Ich traf die Tochter auf der Straße“, antwortete er. „Sie wurde von einem Russen insultiert; ich nahm mich ihrer an und führte sie nach Hause. Infolgedessen erhielt ich von der Mutter die Erlaubnis, sie zu besuchen.“
Blücher nickte, machte ein höchst pfiffiges Gesicht und sagte:
„Verdammte Kerle, diese Russen! Wo sie eine Schürze oder eine hübsche Larve sehen, da fliegen sie in die Höhe wie Champagnerpfropfen. Also du sagst, daß er sie insultiert habe, mein Sohn? In welcher Weise ist dies denn geschehen?“
„Er bemächtigte sich ihres Armes.“
„Donnerwetter, da muß sie hübsch gewesen sein! Nicht?“
„Ich habe keine Veranlassung, es zu leugnen, Exzellenz.“
„Aha, nun ahne ich das übrige! Sie hat dich gefangen, alter Schwede!“
Königsau zuckte leicht die Achseln und schwieg verlegen.
„Hm!“ brummte Blücher. „Daß doch das junge Volk so geheimnisvoll und wichtig tut, als ob es sich um eine große, außerordentliche, politische Finesse handelte. Da sitzt der Kerl, zugeknöpft wie eine Sphinx und denkt nicht, daß der alte Blücher klug genug ist, den ganzen Kram zu erraten. Junge, ich bin auch einmal jung und dumm gewesen, ein echter, richtiger Windbeutel; ich bin den Mädels nachgelaufen, wie der Bauer den Maulwürfen, und habe manchen Kuß weggeschnappt, der eigentlich einem anderen gehört hätte. Jetzt bin ich alt und trocken wie Methusalem, aber ein paar schöne Augen sehe ich mir auch jetzt noch lieber an, als ein paar zerrissene Stiefel. Also kannst du mir getrost die Wahrheit sagen. Nicht wahr, ihr habt euch ganz gehörig ineinander verschameriert?“
Königsau sah sich in die Enge getrieben. Er durfte den Marschall nicht belügen; er sagte sich im Gegenteil, daß dieser als sein höchster Vorgesetzter Offenheit von ihm fordern und ihm außerordentlich nützlich sein könne; darum sagte er:
„Ja, es wird wohl nicht viel anders sein, Exzellenz.“
„Das läßt sich begreifen“, nickte der Alte. „Sie ist schön, wie du sagst, und auch du bist kein unebener Junge; da schnappt man rasch ein bißchen über. Aber einen guten Rat will ich dir geben, mein Junge: Herze sie; drücke sie; schmatze sie; soviel du willst, aber heirate sie um Gottes willen nicht!“
„Warum?“
„Das will ich dir sagen, Junge. Ich habe nämlich ein Haar darin gefunden, nein, nicht nur ein Haar, sondern einen ganzen alten Weiberzopf. Erst sind die Frauen mild und süß, ganz der reine Zucker; nach der Hochzeit aber geht der Teufel los und sie werden wie Alaun und Vitriol; es zieht einem die Gurgel zusammen. Den Hof magst du einer immerhin machen, aber nur ja keinen Heiratsantrag, sonst bist du verloren wie Tabaksasche. Du glaubst gar nicht, was für ein Volk diese Frauenzimmer sind! Ich tue mir immer eine Güte, wenn ich einer einmal so einen richtigen Puff versetzen kann. Vor langen Jahren verliebte ich mich einmal in eine hochadelige Dame; ich war perplex bis zum Rasendwerden. Sie spielte sehr gern und ich auch. Eines Abends gewann ich ihr mehrere tausend Taler auf Ehrenwort ab. Sie hatte große Angst vor ihrem Mann, der das ja erfahren und bezahlen mußte. Da sagte ich ihr, daß ich ihr das Geld schenken wolle, wenn sie mir einen Kuß gäbe. Was antwortete das Weib? Einiger tausend Taler wegen werfe sie sich nicht weg! Nun gut! Ich erhielt mein Geld, und die Zeit verging. Ich avancierte und wurde General, aber mit den Verhältnissen dieser Dame ging es retour. Sie wurde alt, aber das Spielen konnte sie nicht lassen. Eines schönen Abends gewann ich ihr wieder eine bedeutende Summe ab. Da sagte sie mir vor allen Leuten, daß sie jetzt bereit sei, den erbetenen Kuß zu geben, wenn ich ihr die Schuld quittieren wolle; ich aber antwortete ihr: ‚Nee, gnädige Frau; die Zeiten ändern sich; der Appetit auf Sie ist mir vergangen; ich schmatze keene alte Schachtel!‘ Du kannst dir denken, mein Sohn, was für ein Gesicht sie machte! Ich gebe dir mein Wort. Erst sind diese Weibsen der reine Honigseim, später jedoch wird Rindsgalle daraus. Nach der Hochzeit werden sie überständig und moderig; sie kriegen Risse, Knitter und Stockflecke; die Falten kommen, und die Haare fallen aus, und aus dem früheren Engel wird eine Klatschschwester, eine Vogelscheuche, ein Drache, ein Ungetüm, das Gift und Feuer speit. Darum
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