55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät
wollen mich entlassen?“
„Leider muß ich es, da Mama krank ist. Vielleicht aber darf ich Sie morgen wiedersehen.“
Königsau hätte gern etwas von Margots Verhältnis zu dem Baron gehört, sah aber ein, daß sie aus Zartgefühl ihn nicht weiter erwähnte. Er verabschiedete sich deshalb und versprach ihr, morgen wiederzukommen.
Dann machte er einen längeren Spaziergang. Weit ausdehnen durfte er denselben allerdings nicht, denn es war für den einzelnen Deutschen noch nicht geraten, in gewisse Stadtteile einzudringen. Es gab Schichten der Bevölkerung, welche die Deutschen als die Besieger des Kaisers grimmig haßten. Des Nachts hörte man nicht selten den lauten Ruf: „Vive l'Empereur!“ Und bereits hatten mehrere tumultartige Auftritte es nötig gemacht, mit bewaffneter Hand einzuschreiten.
Daher kehrte Königsau mit Einbruch der Nacht in seine Wohnung zurück, wo er sich mit seinen Büchern, noch mehr aber mit den Gedanken an Margot beschäftigte.
Es mochte wohl gegen elf Uhr geworden sein, als er auf ein entferntes Getöse aufmerksam wurde, welches von vielen Stimmen herzurühren schien. Er trat an das Fenster und öffnete es. Ja, es war ein hundertstimmiges Gewirr, und da krachten auch einige Schüsse. Der Tumult war in der Gegend, in welcher Margot wohnte.
Dieser Gedanke erweckte seine Besorgnis. Ihre Mama war krank! Er warf sich rasch in die Uniform, schnallte den Degen um, steckte eine Pistole zu sich und eilte auf die Straße hinab. Er hörte rufen, daß die Blousenmänner und Bonapartisten sich in einer Revolte befänden, und schritt weiter.
Je weiter er kam, desto bevölkerter wurden die Straßen. Ferne Lärmsignale ertönten; Pompiers sprangen vorüber, und Nationalgardisten eilten an ihre Versammlungsplätze. Auf Margots Straße angelangt, fand er dieselbe durch eine dichte Volksmenge gesperrt. Aus mehreren Fenstern ertönten Hilferufe. Er hörte, daß die Blousenmänner die Häuser plünderten. Das Volk stand dabei, ohne dies zu verhindern. Hier und da erscholl der Ruf: „Es lebe der Kaiser!“ Oder: „Es lebe die Republik!“ Und es war sehr zu vermuten, daß es zwischen diesen beiden Parteien zu einem ernsten Zusammenstoß kommen werde.
Er brach sich Bahn durch die Menge und bemerkte bald, daß in Margots Wohnung Licht war. Dies beruhigte ihn. Er erreichte die Tür und stieg die Treppe empor. Als er klingelte, streckte das Mädchen den Kopf zur Tür heraus und fragte, da es finster war:
„Wer ist da?“
„Melden Sie Monsieur Königsau!“
„Herrgott, da naht Rettung! Kommen Sie! Ich brauche Sie gar nicht anzumelden. Man wird entzückt sein, Sie zu sehen!“
Sie führte ihn durch den unbeleuchteten Salon nach dem daneben liegenden Zimmer. In demselben brannte die Lampe, aber es war leer. Kaum jedoch war er eingetreten, so öffnete sich die gegenüberliegende Tür, und Margot trat ein. Beide standen einander gegenüber, im höchsten Grad überrascht, allerdings in freudiger Weise. Sie hatte ihn bisher nur in Zivil gesehen; jetzt aber stand er vor ihr in der kleidsamen Husarentracht, in welcher sie ihn im ersten Augenblick beinahe gar nicht erkannt hätte. Und sie, oh wie war sie in diesem Augenblick doch so schön!
Es war dem Deutschen, als ob er sich im Traum befinde. Er wollte grüßen, brachte aber kein Wort hervor. Daß Margot schön sei, das wußte er, daß aber ihre Schönheit eine solche Vollendung besitze, das hatte er nicht geahnt. Allerdings hatte sie sich heute selbst schön genannt und von ihren Reizen gesprochen. Sie hatte den Ausdruck gebraucht, ‚einen Mann glücklich zu machen‘. War sie sich des ganzen Umfangs, des ganzen Reichtums, der ganzen Fülle ihrer Reize bewußt?
„Ah, Sie, Monsieur! Gott sei Dank, nun ist die Angst verschwunden! Herzlichen Dank, daß Sie ihrer Pflicht einen Augenblick abringen, um uns zu beruhigen!“
„Einen Augenblick? Ich stehe Ihnen für länger zur Verfügung. Ich hörte von meinem Fenster aus den Tumult und ahnte, daß er in dieser Gegend sei. Ich glaube, daß die Gegenwart eines Militärs zu Ihrer Beruhigung beitragen werde und eilte also, mich zu Ihrer Verfügung zu stellen, Mademoiselle.“
„Oh, wie lieb, wie gut ist das von Ihnen! Wir waren so allein und haben wirklich eine sehr große Angst ausgestanden. Ihre Aufmerksamkeit verpflichtet uns zum größten Dank. Ich werde Mama Ihre Gegenwart melden, damit auch sie sich beruhigt!“
Sie wendete sich, um zu ihrer Mutter zu gehen, da sah sie den Mantel liegen. Erst jetzt
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