55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät
die Tasche, zog sein Portefeuille hervor, entnahm demselben ein Paket Banknoten und legte es auf den Tisch. Der Baron trat hinzu, öffnete dasselbe und zählte. Sein Gesicht verfinsterte sich. Er hatte geglaubt, einen Haupttreffer zu machen, und fühlte sich jetzt so ganz und gar unerwartet aus seiner bisher für so vorteilhaft gehaltenen Position herausgedrängt.
„Einhundertundfünfzigtausend Franken“, sagte er langsam; „es stimmt!“
„Nun also, so nehmen Sie das Geld und verduften Sie sich!“ sagte Blücher.
Diese Worte riefen den ganzen Widerstand des Barons wach.
„Verduften?“ meinte er. „Exzellenz gebrauchen Ausdrücke, welche unter gebildeten Leuten sonst nicht gebräuchlich sind!“
„Da haben Sie recht“, meinte der Marschall ruhig; „aber glauben Sie etwa, daß es mir einfällt, Sie unter die Gebildeten zu rechnen? Sie stehen zu mir in einem solchen Rang, wie zum Beispiel früher Ihre Schafe und Ochsen zu Ihnen gestanden haben. Für Sie paßt kein Wort besser als verduften, und ich hoffe, daß Sie es sofort befolgen!“
„Sie werden mir doch erlauben müssen, noch etwas länger zu bleiben. Ich habe nämlich diesen Damen zu sagen, daß ich noch Papiere ihres Sohnes in den Händen habe, und daß ich sie ihm präsentieren werde. Kann er nicht zahlen, so –“
„So tun Sie mit ihm, was Ihnen beliebt. Nicht wahr, Mama?“ fiel Margot ein.
„Ich habe keine Veranlassung, ihn zu bedauern“, antwortete die Gefragte.
„Da hören Sie!“ sagte Blücher zum Baron. „Geben sie die Wechsel her!“
„Nur dann, wenn ich das Geld von Madame selbst erhalte“, antwortete dieser. „Noch weiß ich ja nicht, ob sie gewillt ist, diese Summe von dem Herrn Lieutenant anzunehmen.“
Er spielte jetzt seine letzte Karte aus, obwohl er recht gut einsah, daß sein Spiel verloren sei. Die Mutter wendete sich an Königsau:
„Sie sehen mich von allem, was ich heute höre und erfahre, im höchsten Grad überrascht, Herr Lieutenant“, sagte sie. „Seine Exzellenz bittet mich um die Hand meiner Tochter für Sie. Ich hätte das für unmöglich gehalten, denn ich weiß ja, welch eine kurze Zeit Sie sich erst kennen.“
Da legte Königsau den Arm um Margot und sagte:
„Madame, die Liebe fragt nie nach der Zeit; sie kommt, sie ist da, plötzlich, vollständig und allmächtig; man kann ihr nicht widerstehen. Ich habe erkannt, daß Margot mein Herz, mein ganzes Leben gehört. Sie ist Ihr bestes, Ihr einziges Gut, Madame; ich komme nicht, es Ihnen zu rauben, sondern es soll Ihnen gehören für immerdar; nur sollen Sie zu der Tochter noch einen Sohn nehmen, dessen größte Aufgabe es sein wird, Sie beide glücklich zu machen.“
„Und du, Margot, du liebst ihn wirklich?“ fragte die Mutter ihre Tochter.
„Oh, wie sehr, Mama“, antwortete diese, indem sie den Geliebten innig umarmte. „Er hat sein ganzes Vermögen geopfert, um uns zu retten!“
„Dann kann ich die Summe nicht annehmen“, sagte die Mutter.
„Du irrst, Margot“, fiel Königsau ein. „Ich habe kein Opfer zu bringen; ich brauche meine Besitzung nicht zu verkaufen, wie ich noch gestern für nötig hielt. Ich werde dir später erzählen, wie ich in den Besitz dieser Summe gekommen bin; aber Exzellenz wird mir beistimmen, daß Mama alles nehmen kann, ohne mir den mindesten Schaden oder Verlust zuzufügen.“
„Ja, das bestätige ich“, sagte der Fürst. „Dieser verteufelte Junge ist zu dem Geld gekommen wie Adam zur Eva, nämlich geradezu im Schlaf. Er kann es verschenken, oder zum Fenster hinauswerfen, ganz wie es ihm gefällig ist und ohne daß er sich dann eine Entbehrung aufzulegen braucht.“
„Aber eine solche Summe, Herr Lieutenant!“ sagte sie. „Ich muß Ihnen sagen, daß es mir unmöglich sein wird, sie Ihnen zurückzuerstatten.“
„Diese Summe hat für mich ja nicht den Wert, welchen ich auf ihre Freundschaft lege“, antwortete Königsau. „Wenn Sie die Güte haben wollen, unsere Liebe zu billigen, so erhalte ich von Ihnen ein Glück, welches ich für Millionen nicht verkaufen möchte. Ich bleibe also Ihr Schuldner und bitte Sie von ganzem Herzen, mit dem, was ich Ihnen so herzlich gern biete, Ihren Gläubiger zu befriedigen und sich von der Sorge zu befreien, welche Ihnen bisher das Leben in so arger Weise verbittert hat.“
Da reichte sie ihm die Hand und sagte, mit Tränen der Rührung und Freude in den Augen:
„Sie sind ein edler Mann, Herr von Königsau, und es wäre eine große Undankbarkeit von mir,
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