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55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

Titel: 55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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geringsten.“
    „Das wollte ich dem Kerl auch nicht geraten haben!“ rief da Blücher.
    Er hatte, halb abgewendet, der Unterhaltung zugehört. Er ärgerte sich über die Zudringlichkeit des Franzosen und hielt es endlich für angemessen, auch ein Wort zu sagen.
    Madame Richemonte blickte den Alten erschrocken an. Es wurde ihr angst. Sie befand sich in den Händen des Barons. Wurde dieser hier beleidigt, so ließ er es sie ganz sicher entgelten, ohne alle Rücksicht darauf, ob sie daran schuld sei oder nicht.
    Auch der Baron warf einen raschen, aber mehr erstaunten, als erschrockenen Blick auf den Marschall. Er war reich, und der Reichtum pflegt ein gewisses Gefühl der Sicherheit, des Selbstvertrauens zu geben.
    „Was meinen Exzellenz mit diesen Worten?“ fragte er rasch.
    „Ich meine, daß Ihnen ein heiliges Donnerwetter auf den Hals fahren soll, wenn Sie fortfahren, solche unverschämten Fragen auszusprechen“, antwortete der Alte.
    „Monsieur, ich bin ein Edelmann!“ rief der Franzose in fast drohendem Ton.
    „Wie? Was?“ fragte Blücher, indem er sich erhob. „Moßieh nennen Sie mich? Moßieh! Donnerwetter, ich will Sie bei Moßieh! Ich bin der Feldmarschall von Blücher, Fürst von Wahlstatt, verstanden? Sie haben mich Exzellenz oder Durchlaucht zu nennen: mit Ihrem Moßieh aber bleiben Sie mir gefälligst ergebenst vom Leib! Moßieh, nein, da hört denn doch alles und verschiedenes auf! Sie selbst mögen Moßieh sein; die Franzosen mögen Moßieh sein, ich aber nicht! Und einen Edelmann nennen Sie sich? Ich sehe nichts davon, gar nichts. Wenn Sie Edelleute sehen wollen, so nehmen sie doch gefälligst einmal das Fernrohr, stecken Sie es sich in das Gesicht und gucken Sie uns beide an! Blüchers hat es gegeben schon zu Karl des Großen Zeiten, und die Königsau sind auch nicht jünger; Sie aber sind erst von Ihrem Napoleon adelig gequetscht worden; Sie sind noch warm und neubacken, daß die Butter davon herunterläuft. Geben Sie sich, um Gottes willen, nicht eher für einen Edelmann aus, als bis Sie gelernt haben, sich als ein solcher zu betragen! Ihre Meriten kennt man. Bei mir kommen Sie an den Rechten. Ihren ganzen Adel blase ich in die Luft; er ist keinen Dreier wert!“
    Das kam alles so schnell und gewaltig unter dem grauen Schnurrbart des Alten hervor, daß an eine Unterbrechung oder gar Entgegnung nicht zu denken war.
    Königsau lächelte still vor sich hin; auch Margot blieb ruhig. Frau Richemonte aber fürchtete den Baron, und daher schlug sie unwillkürlich die Hände zusammen. Sie befürchtete das Schlimmste. Der Baron war zunächst wie vom Donner gerührt. Die Wortflut des Marschalls drang so kräftig und mächtig auf ihn ein, daß an einen augenblicklichen Widerstand nicht zu denken war; als sie aber ihr Ende erreicht hatte, da fuhr er von seinem Sitz empor und sagte:
    „Gut, ich will Sie Exzellenz nennen! Aber sagen Sie gefälligst, was Sie mit meinen Meriten meinen und mit den Worten, daß Sie mich kennen! Sie haben mich gegenwärtig auf die eklatanteste Weise beleidigt, und ich hoffe, daß Sie sich nicht weigern werden, mir volle Genugtuung zu geben!“
    „Genugtuung?“ fragte Blücher mit blitzenden Augen. „Sind Sie verrückt? Sie sind Armeelieferant; das heißt, Sie haben der Armee das Schlachtvieh, die Ochsen und Schafe geliefert, und weil diese Ochsen mehr Knochen hatten als Fleisch, sind Sie ein reicher Mann geworden. Und weil diese Schafe Ihnen Ihre akademische Bildung mitgeteilt haben, hat Sie Napoleon mit dem Adelsbrief versehen. Nun machen Sie Familien unglücklich, weil Sie auf die Töchter spekulieren. Sie verführen die Väter und Söhne; Sie turbieren die Mütter und Töchter; Sie drohen mit Schuldhaft und anderem Elend, um eine Frau zu erhalten. Pfui Teufel! Und das nennt sich einen Edelmann! Das will Genugtuung von mir haben! Hören Sie, Moßieh, ja, Moßieh, und abermals Moßieh, ich werde Ihnen Genugtuung geben und geben lassen, aber nicht mit dem Säbel, sondern mit der Peitsche oder mit dem Stallbesen!“
    Das war eine Szene, wie sie die Damen noch nicht erlebt hatten. Sie waren aufgesprungen, denn beide hielten es für unvermeidlich, daß die beiden Männer tätig gegeneinander werden würden. Auch Königsau hatte sich langsam erhoben und an die Seite des Marschalls gestellt, um nötigenfalls augenblicklich bei der Hand zu sein.
    Der Baron war bleich wie der Tod geworden. Er erzitterte vor Grimm. Er hätte sich am liebsten auf Blücher stürzen mögen, aber

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