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55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

Titel: 55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sie auf.
    „Oh, ich habe es gesehen! Meine Augen sind alt, aber gut!“
    „Aber wissen Sie auch, wie es gekommen ist?“
    „Ah, ich bin ganz begierig, Ihre Erklärung zu hören!“
    „Sie sollen sie hören, um zu erfahren, wie sehr Sie mich beleidigen! Ich kam hierher, um den Abend zu genießen. Da erhob sich gerade vor mir eine dunkle Gestalt von der Bank. Ich erschrak natürlich und wurde ohnmächtig! Der Direktor – denn dieser war es – fing mich auf. Als ich erwachte, standen Sie vor mir. Das ist alles!“
    Sie hatte versucht, ihren Worten den Ton gekränkten Stolzes zu geben; aber bei diesem Mann verfing ein solches Mittel nicht. Er verschlang die Arme über der Brust und sagte:
    „Warum sind Sie nicht zum zweiten Male ihn Ohnmacht gefallen, als die zweite Gestalt vor Ihnen stand? Entweder steht Ihnen nur eine einmalige Ohnmacht zur Verfügung, oder die erste existiert nur in Ihrem lügenhafte Kopf. Wie kann überhaupt von einer Ohnmacht die Rede sein bei einem Bauernmädchen, welche mit Nerven begabt sind, die nur mit Wagenstricken zu vergleichen sind!“
    „Herr, beleidigen Sie mich nicht weiter!“
    „Pah! Scherzen Sie nicht mit mir! Ich habe mich eine volle Viertelstunde lang hier befunden und jedes Wort gehört, welches gesprochen wurde.“
    Sie war jetzt wirklich einer Ohnmacht nahe, trotz der starken Nerven, mit denen sie begabt sein sollte.
    „Sie werden unverschämt!“ schluchzte sie.
    „Ah, pah! Ihnen gegenüber muß man es sein!“ höhnte er. „Und wenn Sie weiter leugnen wollen, so will ich Ihnen sagen, daß der Direktor heute früh bei Ihnen war, ehe er mich aufsuchte –“
    „Was geht Sie das an?“ unterbrach sie ihn.
    „Daß Sie sich da über die gegenwärtige Zusammenkunft verabredeten –“
    „Lügner!“
    „Und daß Sie ihm beim Abschied Ihre schönen Lippen boten, als er sich nur begnügen wollte, Ihre Hand zu küssen.“
    „Oh, wer errettet mich von diesem Teufel!“ rief sie.
    „Sagen Sie das Wort nicht noch einmal, sonst schlage ich Sie zum zweiten Mal nieder, wie ich Sie bereits einmal heute niedergeschlagen habe!“
    Er erhob wirklich den Arm, als ob er zuschlagen wolle, und schon machte Müller sich bereit, aufzuspringen, um eine solche Roheit zu verhindern, da ermannte sich die Baronin. Sie schnellte von ihrem Sitz empor und eilte davon.
    „Sie mag gehen, immer gehen“, brummte der Alte, „mir entgeht sie doch nicht!“
    Er wendete sich um und schritt davon, dem Häuschen wieder zu. Müller folge ihm auf dem Fuß, denn jetzt bot sich vielleicht die beste Gelegenheit, zu sehen, wie der geheime Aus- und Eingang geöffnet werde.
    Als er bei der Parkhütte ankam, war der Kapitän bereits eingetreten. Müller schlich sich näher. Er stand vor dem einen Fenster, welches in der Nähe seines Kopfes angebracht war. Da flammte drinnen ein Lichtschein auf. Der Alte stand im Begriff, eine Laterne anzuzünden. Er fühlte sich so sicher, daß er sich gar nicht die Mühe gab, vorher die Läden zu schließen, damit das Licht nicht von außen bemerkt werden könne. Dann faßte er nach einem Nagel, welcher scheinbar zu irgendeinem anderen Zweck in die Wand geschlagen war, und schob ihn nach der linken Seite zu. Einige Bretter wichen zurück. Sie bildeten, untereinander fest verbunden, eine Tür, welche auf Rollen ging, ganz so, wie Müller vermutet hatte.
    Der Kapitän trat in die entstandene Öffnung und schob die Tür von innen wieder vor. Sie schloß genau wie vorher. Man mußte das gesehen haben, was Müller beobachtet hatte, sonst wäre man sicher nicht auf den Gedanken gekommen, daß diese Stelle der Wand eine Tür bilde.
    Der Deutsche schlich sich augenblicklich durch die Tür in das Häuschen hinein und legte sich dort mit dem Ohr auf den Boden nieder, um zu lauschen. Er hörte unter sich dumpfe Schritte, welche nach und nach verhallten.
    Sollte er folgen? Gewiß! Vielleicht fand sich niemals wieder eine so gute Gelegenheit, den Kapitän zu beobachten.
    Er zog also seine Laterne auch hervor und brannte das Licht derselben an. Dann schob er die Tür ganz in derselben Weise zurück, wie es der Alte getan hatte. Als er hineingetreten war, sah er eine schmale Treppe, welche in gerader Richtung in die Tiefe führte. An der Innenseite der Tür gab es einen zweiten Nagel, welcher als Handhabe diente, sie wieder zu verschließen. Müller tat dies und stieg dann die Treppe hinab, während er in der einen Hand die Laterne und in der anderen den Revolver hielt. Es waren über

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