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55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

Titel: 55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zwanzig Stufen, welche er zu steigen hatte. Dann kam er in einen großen, viereckigen Raum, in welchem allerlei Hacken, Schaufeln und andere Geräte lagen, deren Zweck ihm erst in späterer Zeit einleuchtete.
    Dieser Raum hatte zwei Ausgänge, einen nach dem Schloß zu, welcher gar keine Tür zeigte und einen nach dem Wald zu, welcher durch ein starkes, mit Eisenblech beschlagenes Tor verschlossen war. Der unterirdische Weg nach dem Schloß hin bestand aus einem Stollen, welcher sehr trocken zu sein schien.
    Da der Kapitän gar nicht weit vor dem Doktor sein konnte, so steckte der letztere die Laterne in die Tasche und schritt im Dunkeln weiter. Nur zuweilen zog er sie ein klein wenig heraus, um einen schnellen Lichtblitz auf seinen Weg fallen zu lassen und sich dadurch zu vergewissern, daß er keiner Gefahr entgegengehe.
    So kam er, da er sich mit beiden Händen an den Seitenwänden stützen konnte, sehr schnell vorwärts und sah schließlich einen Lichtschein vor sich auftauchen. Da ging vorn der Kapitän. Müller trat so leise wie möglich auf, um nicht gehört zu werden, konnte aber die Schritte des Alten, dem er sich immer mehr näherte, ganz deutlich vernehmen.
    Nach einer Weile fühlte der Lehrer, daß die Wände jetzt aus Steinen bestanden. Er befand sich jedenfalls unter dem Schloß. Und hier verschwand auch des Alten Licht nach oben.
    Müller folgte im Dunkeln, zog seine Laterne hervor, und er bemerkte beim Schein derselben, daß er sich in einem eigentümlich angelegten Gemäuer befand, von welchem aus schmale Treppen nach mehreren Seiten emporführten. Er erkannte sofort, daß hier alle geheimen Gänge des alten Schlosses zusammenstießen.
    Noch hörte der die Schritte des Alten über sich. Er folgte ihm mehrere Stockwerke hoch auf einer nur zwei Fuß breiten Treppe, bis er plötzlich einen sehr hellen Lichtfleck vor sich sah und zwei Stimmen hörte, welche miteinander sprachen. Er steckte seine Laterne ein und schlich näher. Je näher er kam, desto deutlicher erkannte er die Stimmen; es waren diejenigen des Kapitäns und des Direktors.
    Die helle, viereckige Lichtstelle fiel durch eine Öffnung in der Seitenmauer. Müller wagte es, sich bis an den Rand dieser Öffnung heranzuschleichen, und konnte nun die ganze Szene überblicken.
    Er befand sich hinter einer Wand des Zimmers, welches der Direktor bewohnte. Dieses Zimmer war mit Eichenholz getäfelt und ein Fach der Täfelung bildete eine geheime Tür, welche jetzt geöffnet war. Der Direktor stand mit sichtlich erschrockenem Gesicht vor dem Alten, der durch die Mauer erschienen war wie ein Geist. Der Direktor konnte sich dies nicht erklären.
    „Überwinden Sie Ihren Schreck! Sie sehen ja, daß ich kein Gespenst bin.“
    Diese Worte des Kapitäns waren die ersten, welche Müller deutlich hörte.
    „Aber, gnädiger Herr, wie kommen Sie zu mir?“ stammelte der Direktor.
    „Durch diese geheime Tür. Sie sehen es ja!“ antwortete der Alte. „Ich habe es vorgezogen, auf diesem ungewöhnlichen Weg zu erscheinen, weil auf diese Weise von niemand bemerkt wird, daß wir so spät noch eine Unterredung haben. Sie ahnen, über welchen Gegenstand?“
    „Ich möchte doch lieber vorher nach demselben fragen, gnädiger Herr!“
    „Schön! Aber setzen Sie sich, Herr Direktor; Sie zittern ja am ganzen Körper! Was ist's mit Ihnen?“
    Seine Worte klangen gar nicht zornig oder höhnisch, wie man hätte erwarten können; sie waren sogar in einem teilnehmenden Ton ausgesprochen.
    „Oh, es ist ja nur der Schreck, der mich überfiel, als diese Wand sich teilte und Sie hereintraten. So etwas erwartet man doch nicht.“
    „Ich kann allerdings begreifen, daß Sie erschrocken sind. Welcher Schreck war denn übrigens größer, der jetzige oder der unten im Garten?“
    „Gnädiger Herr –“, stammelte der Direktor, blieb aber in der Rede stecken.
    „Na, Sie waren ja im Garten! Nicht?“
    „Allerdings“, gestand der Gefragte.
    „Bei meiner Schwiegertochter?“
    „Ja.“
    Der Direktor wurde von Sekunde zu Sekunde bleicher. Der Alte schien dies nicht zu beachten. Er fuhr im freundlichsten Ton fort:
    „Der heutige Tag ist ein eigentümlicher. Ich habe da mehr sprechen müssen, als sonst in einem Monat, und Sie wissen ja, daß ich das nicht liebe. Aber es gibt Dinge, welche man nicht unbesprochen liegen lassen kann. Warum liefen Sie denn eigentlich im Garten davon, Herr Direktor?“
    „Weil – – – weil – ich dachte –“, stammelte der Gefragte in

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