Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

Titel: 55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
was diese Blüchers, Gneisenaus und Yorks von uns liehen! Also meine Eisenwerke stehen wirklich mit diesem Zimmer in elektrischer Verbindung?“
    „Ja. Ein Druck von mir, und der elektrische Funke entzündet unsere ganzen Pulver- und Dynamitvorräte.“
    „Sie geben mir Ihr Ehrenwort, daß Sie mir die Wahrheit sagen?“
    „Ich gebe es. Sobald ich die Summe in den Händen habe, werde ich Ihnen die Leitung zeigen, damit sie zerstört werden kann.“
    „O nein, Sie sind gegenwärtig ein verzweifelter Mensch. Wie nun, wenn ich Ihnen die hunderttausend zahle, und Sie sprengen dennoch alles in die Luft?“
    „Mein Ehrenwort muß Ihnen Bürgschaft sein, daß ich es nicht tun werde.“
    „Hm! Wenn man es nur glauben dürfte!“ Er nahm eine sehr nachdenkliche Miene an, aber seine Augen glänzten in einem unheimlichen Licht. Dann fuhr er fort: „Es ist eine Summe, die gegenwärtig fast über meine Kräfte geht; doch, um das Unternehmen zu retten – hm! Die allgemeine Kasse müßte mit beitragen.“
    Dabei gingen seine Blicke unbemerkt suchend im Zimmer herum. Wenn sich wirklich ein geheimer Apparat hier im Zimmer befand, so konnte er nur im Kleidersekretär oder überhaupt in der Nähe der hinteren Wand des Zimmers angebracht sein; denn eine Leitung an der vorderen, offenen Front des Schlosses frei hinunter zu legen, das wäre ja unvorsichtig gewesen, da der Draht dort sofort entdeckt werden mußte. Es galt also, den Direktor in der Nähe des Fensters zu halten. Dort stand der Schreibtisch, dessen sämtliche Kästen und Fächer vom Kapitän heute durchsucht worden waren; von seiner Nähe war nichts zu fürchten.
    Der Alte setzte sich an den Schreibtisch, nahm das Blanquet aus der Tasche, in welche er es vorhin gesteckt hatte, und sagte unter heftigem Zucken seiner Schnurrbartspitzen:
    „Wie die Arbeit, so der Lohn. Sie sollen Ihren Willen haben!“
    „Sie wollen mir die hunderttausend geben?“ fragte der Direktor erfreut.
    Der Alte nickte und antwortete:
    „Ich werde Ihnen zahlen, was Sie verdienen. Lesen Sie nachher selbst. Ihre Quittung steht ja bereits auf dem Blatt.“
    Er griff nach der Feder, um das Blanquet auszufüllen. Als er damit fertig war, erkundigte er sich noch:
    „Haben Sie unser Geheimnis sonst noch jemandem angeboten?“
    „Nein.“
    „Haben Sie bei dieser einzigen Offerte eine Andeutung gemacht, aus welcher man erraten könnte, wo unsere Vorräte zu finden sein dürften?“
    „Halten Sie mich für einen Dummkopf? Meinen Zeilen nach muß man das Lager in der Nähe von Straßburg vermuten.“
    Müller hörte jedes Wort. Er wußte am besten, daß diese Ansicht des Direktors eine völlig irrige sei. Der Alte schien befriedigt; er trat vom Schreibtisch fort, auf welchem er das ausgefüllte Blanquet liegen ließ, deutete auf dasselbe und sagte:
    „So sind wir einig. Gehen Sie her und lesen Sie!“
    Er selbst schritt langsam nach dem hinteren Raum des Zimmers, um denselben zu bewachen, da er dort die elektrische Leitung vermuten mußte. Der Direktor war ebenso erstaunt wie erfreut, den Alten so leicht besiegt und zur Zahlung einer solchen immerhin bedeutenden Summe gezwungen zu haben. Er setzte sich an den Schreibtisch und nahm das Dokument in die Hand. Dies tat er natürlich in der sicheren Meinung, daß es eine Quittung auf hunderttausend Francs enthalte; zu seinem Erstaunen jedoch las er folgende Zeilen:
    „Ich bescheinige hiermit voller Reue und der Wahrheit gemäß, daß ich die heute an meinen Prinzipal auszuzahlenden beiden Summen drückender Schulden halber unterschlagen und zu meinem Nutzen verwendet habe. Möge Gott mir verzeihen, daß ich mit diesem Verbrechen aus dem Leben gehe!“
    Darunter stand das Datum und sein Name, welches beides er bereits vorhin geschrieben hatte. Er war einen Augenblick völlig starr vor Erstaunen, dann fragte er:
    „Was soll dies heißen, Herr Kapitän?“
    „Daß ich dennoch Ihr Meister bin, Sie aber nicht der meinige!“ lachte der Gefragte höhnisch, „obgleich Sie vorhin das Gegenteil behaupteten. Sie werden keinen Sou erhalten; Sie werden Ihren Verrat und die Verführung der Baronin büßen, ganz so, wie ich es mir heute morgen vorgenommen hatte.“
    „Und Sie meinen, ich sollte mich vor Wut darüber ersäufen oder vergiften?“
    „Das wird sich finden!“
    „Da irren Sie sich! Sie sind ein Lügner, ein Schurke! Ich werde Ihnen beweisen, daß ich Sie in Hinsicht auf die elektrische Leitung nicht getäuscht habe. Ich frage Sie zum letzten Mal:

Weitere Kostenlose Bücher