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55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

Titel: 55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Gehäuses zu überblicken vermochte; dann zeigte er nach der Decke und fragte:
    „Wer wohnt dort oben?“
    „Der Hausmeister.“
    „Ah, mein Vorgesetzter!“ lächelte Müller. „Befindet er sich noch da?“
    „Ja, er war ein guter Unteroffizier und ein treuer Hausmeister. Sie haben ihm das Gesicht zerhauen; ich werde ihn wieder kurieren lassen, obgleich ich mir gerade das Gegenteil ausbedungen habe.“
    „Hätte ich gestern gewußt, was ich heute sehe, so hätte ich ihm nicht nur das Gesicht zerhauen, sondern den Kopf abgeschlagen. Er ist der Mitschuldige des Direktors.“
    „Donnerwetter, ist's möglich!“ rief der Alte ganz erschrocken.
    Müller öffnete die Tür der Uhr, blickte in das Gehäuse und antwortete:
    „Gnädiger Herr, Ihre Eisenwerke, so schwer sie sind, haben wirklich an einem einzigen Haar gehangen und das Leben Ihrer Arbeiter dazu. Bitte, treten Sie näher!“
    Und als der Kapitän herbeigetreten war, zeigte der Doktor mit dem Finger an die eine Seite des Gehäuses und fuhr fort:
    „Sehen Sie das eine Pferdehaar, welches hier außen herunterhängt? Es ist bei der Schwärze der Uhr kaum von ihr zu unterscheiden.“
    Der Alte streckte die Hand aus, um nach dem Haar zu greifen.
    „Um Gottes willen, nicht anfassen!“ rief Müller, indem er jenes Hand fortstieß. „Ziehen Sie nur im geringsten daran, so fliegt Ihre ganze Fabrik in die Luft!“
    „Ah, wahrhaftig, ein Haar“, sagte der Veteran. „Es führt oben in den Kasten.“
    „Und da ist es mit einem außerordentlich dünnen Kupferdraht verbunden, der erst oben durch das Gehäuse geht und dann durch die Zimmerdecke. Der Intendant hat mit dem Direktor im Einvernehmen gestanden. Lassen Sie uns zu ihm gehen!“
    Der Alte folgte dieser Aufforderung mit außerordentlicher Geschwindigkeit. Als sie die Treppe erstiegen hatten und oben eintraten, lag der Hausmeister in seinem Bett. Kein Mensch war bei ihm.
    „Was soll das? Was will dieser Mensch bei mir?“ rief er, als er mit seinem unverletzten Auge den Deutschen erkannte.
    „Das sollst du Halunke sogleich erfahren!“ antwortete der Veteran. „Suchen Sie, Monsieur Müller!“
    Müller kniete in der Ecke nieder, welche gerade über der Uhr des unteren Zimmers lag, suchte dann am Boden fort, öffnete das Fenster und blickte hinaus.
    „Haben Sie es?“ fragte der Kapitän, brennend vor Ungeduld.
    „Ja. Blicken Sie nur her, um sich selbst zu überzeugen! Hier in dieser Ecke tritt der Leitungsdraht in das Zimmer ein und geht unter der Dielenleiste längs der Wand bis an die Mauer der hinteren Schloßfront. Hier ist ein dünnes Loch durch die Mauer gearbeitet, um den Draht hindurchzulassen, der dann am Sims entlang der Front läuft. Ihn da anzulegen hat viel Arbeit gekostet, zumal diese in aller Heimlichkeit vorgenommen werden mußte.“
    Da konnte sich der grimmige Alte nicht länger halten. Er stürzte auf den Hausmeister zu, faßte ihn bei der Brust und donnerte ihn an:
    „Hund, Kerl, wer hat dir das geraten?“
    Das kam dem Mann so unerwartet, daß er unwillkürlich mit der Antwort herausplatzte:
    „Der Direktor, gnädiger Herr!“
    „Was hat er dir geboten?“
    „Fünftausend Franken.“
    „Und hunderttausend wollte er haben! Also für fünftausend Franken wolltest du mich ruinieren und alle meine Leute morden! Heraus aus dem Bett! In das Gefängnis, wohin du gehörst, du Halunke, du – du – du Vorgesetzter du!“
    Der Alte wußte zwar nicht, was Müller mit diesen Worten gemeint hatte; aber er ahnte, daß eine negative Bedeutung mit denselben verbunden sei, und da er vor Wut kein anderes Wort fand, so wendete er dieses an, um seinen Zorn auszudrücken.
    Der Mann flehte jämmerlich, aber es half ihm nichts. Der Veteran klingelte einige Leute herbei, welche den Schurken ankleiden, fesseln und fortschaffen mußten. Erst nachdem dies geschehen war, wandte sich der Kapitän wieder an Müller:
    „Monsieur, Sie sind braver und klüger als das ganze Volk, welches ich bisher um mich hatte. Sie sind gerade zu unserer Rettung nach Ortry gekommen. Aber was nun?“
    „Begeben wir uns nach unten, gnädiger Herr“, antwortete Müller, „damit wir sehen, wo der Draht in die Erde geht!“
    Das taten sie, und Müller fand, daß die Leitung unter einer Dachrinne herabgezogen war und hinter dem Rinnstein in den Boden drang.
    „Hier schneiden wir den Draht durch“, sagte er, „dann ist die hauptsächlichste Gefahr vorüber. Unter der Erde muß der Draht noch eine Umhüllung haben; er ist

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