Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

Titel: 55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
über Marions schönes Gesicht.
    „Ich könnte auch böse sein darüber, daß sie mir nicht einmal Willkommen sagt. Aber da sie unsere Mama ist, will ich nicht klagen.“
    Die beiden Freundinnen nahmen sich also nicht Zeit, ihre Koffer bringen zu lassen, um neue Kleider anzulegen, sondern begaben sich nach dem Speisesaal.
    Dort befand sich der Kapitän mit der Baronin allein. Beide erhoben sich. Das Auge der Baronin fiel auf ihre Stieftochter, und sofort wurde ihr Gesicht blaß. Vor zwei Jahren war Marion fast noch Knospe gewesen, jetzt aber hatte sie sich zur vollen Rose entwickelt. Die Baronin erkannte, daß sie sich mit derselben nicht messen, nicht vergleichen könne. Der bereits früher gefühlte Haß bohrte sich in diesem Augenblick unausrottbar tief ein. Dennoch aber trat sie ihr entgegen, um sie zu umarmen; aber diese Umarmung hatte ganz den Charakter eines Frondienstes, den man so schnell wie möglich zu überwinden sucht.
    Auch Nanon wurde von der Herrin des Hauses bewillkommnet; dann begann man wortlos zuzulangen, bis der Kapitän denn doch die Peinlichkeit dieser Stille fühlte und seinem schweigsamen Charakter Gewalt antat, indem er fragte:
    „Hast du gehört, Marion, daß ein Moseldampfer untergegangen ist?“
    „Ja“, antwortete sie, indem sie ihn groß und ernst anblickte. „Ich glaube, dir geschrieben zu haben, daß ich dieses Schiff benutzen würde. Ich erwartete eine Frage von dir.“
    „Warum? Ich sehe ja, daß du mit einem anderen Schiff gekommen bist. Was soll da die Frage nützen?“
    „Woher weißt du das, Großpapa?“
    „Ich sehe es daraus, daß du überhaupt angekommen bist. Wärst du unglücklicherweise mit jenem Dampfer gefahren, so lebtest du nicht mehr.“
    „Wir sind beide mit ihm gefahren. Wir wurden von zwei mutigen Männern gerettet.“
    Das erregte denn doch das Interesse des Alten und der Baronin.
    „Wirklich?“ fragte der erstere rasch. „Erzähle, Marion!“
    „Ja, erzähle!“ bat auch die letztere. Und mit gutgespielter Teilnahme fügte sie hinzu: „Mein Gott, wenn du ertrunken wärst! Welch ein Schreck, welch ein Herzeleid!“
    Alexander sprang auf. Er fühlte wahrer als seine Mutter; er schlang seine Arme um Marions Hals und rief:
    „Hätte ich das gewußt, so wäre ich gekommen, um mit dir vom Schiff bis an das Ufer zu schwimmen!“
    Sie liebkoste ihn und erzählte den Unfall in kurzen, aber ergreifenden Worten. Als sie geendet hatte, rief Alexander:
    „Das waren zwei so mutige Männer wie Monsieur Müller, welcher mich vom Abgrund hinweggerissen hat. Ich möchte sie wohl kennenlernen. Wie heißen sie?“
    „Der eine, welcher Nanon rettete, ist der Kräutersucher des Doktor Bertrand aus Thionville. Den anderen, welcher mich ans Ufer brachte, kennen wir nicht. Er ging fort, ohne uns seinen Namen wissen zu lassen.“
    Doktor Bertrand kannte zwar diesen Namen, aber er hatte vorgezogen, ihn nicht zu nennen. Er hatte jedenfalls im Sinn gehabt, den Damen eine Überraschung zu bereiten, wenn sie ihren Retter so unerwartet auf Ortry finden würden.
    Während des weiteren Verlaufs des Frühstücks wurden die letzten Erlebnisse auf Schloß Ortry erwähnt, und dabei wurde Müller öfters genannt, ohne daß Marion ahnte, daß er und ihr Retter eine und dieselbe Person seien. Man saß noch bei Tafel, als sich unten im Hof Pferdegetrappel hören ließ. Der Kapitän trat an das Fenster und rief, sobald er einen Blick hinabgeworfen hatte:
    „Besuch! Endlich kommt er; endlich ist er da!“
    „Wer?“ fragte die Baronin.
    „Oberst Graf Rallion.“
    „Ah, dem muß man entgegengehen!“
    Sie erhob sich in ungewöhnlicher Eile von ihrem Platz und verließ an der Seite des Alten den Speisesaal. Die beiden anderen Damen mußten der Höflichkeit wegen folgen, doch taten sie es langsam. Auch Alexander schien sich nicht zu überstürzen.
    „Er konnte bleiben, wo er war“, sagte er. „Ich liebe diesen Rallion nicht!“
    Marion warf einen beinahe zufriedenen Blick auf ihn. Hatte er ihr vielleicht aus dem Herzen gesprochen?
    Als sie den Schloßhof erreichten, wurde der Graf soeben vom Kapitän und der Baronin mit ausgesuchtester Höflichkeit begrüßt. Jener trat sodann zu den beiden Freundinnen, küßte ihnen die Hand und sagte:
    „Verzeihung, daß ich gleich den ersten Tag Ihrer Anwesenheit auf Ortry benutze, mich nach Ihrem Wohlbefinden zu erkundigen! Es gibt liebe Pflichten, deren Erfüllung man keine Sekunde lang aufschieben möchte.“
    Marion verneigte sich stumm, er

Weitere Kostenlose Bücher