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55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät

Titel: 55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Gefangenschaft begeben habe.
    Kaum war der Eingang verschlossen, so ertönte eine Glocke, und im Hintergrund öffnete sich eine zweite Tür. Drei Männer traten herein und bestiegen die Erhöhung. Zwei von ihnen nahmen auf den Stühlen Platz, der dritte aber blieb stehen. Unter seiner schwarzen Halbmaske blickte ein großer, eisgrauer Schnurrbart hervor. Wer den alten Kapitän von Schloß Ortry nur ein einziges Mal gesehen hatte, der konnte gar nicht im Zweifel darüber sein, daß derselbe jetzt dort auf dem Podium stand.
    Die Glocke ertönte abermals, und der Alte erhob die Hand, zum Zeichen, daß er sprechen wolle.
    „Ich habe heute das Zeichen zur Versammlung gegeben“, begann er, „um euch zu sagen, daß endlich die Zeit gekommen ist, zur Tat zu schreiten. Diese Tat erfordert Vorübungen, und so habe ich den Entschluß gefaßt, euch die Waffen –“
    Er hielt plötzlich inne und lauschte. Er und alle Anwesenden hatten drei rasche Schläge gehört, welche am vorderen Eingang geschahen. Die Schläge wiederholten sich und erzeugten sogleich eine außerordentliche Unruhe unter der Versammlung.
    Der Posten, welcher am Haupteingange stand, hatte nämlich geglaubt, seiner Pflicht genügt zu haben, und sich, als seiner Meinung nach der letzte Mann eingetreten war, nach dem Hof begeben wollen, als noch einer erschien. Dieser wurde von ihm angeredet wie die anderen und gab die vorgeschriebene Antwort. Er mußte also eingelassen werden. Aber der Posten schüttelte den Kopf.
    „Sollte ich mich verzählt haben?“ murmelte er. „Es ist einer zuviel eingetreten. Ich werde, um sicher zu sein, doch nach dem Turm gehen, mich zu erkundigen.“
    Er trat in den Hof. Er war mißtrauisch geworden, und das Mißtrauen schärft unter solchen Umständen die Sinne. Er blieb stehen, um zu horchen, und da war es ihm, als ob er ein unterdrücktes, angstvolles Stöhnen vernehme.
    „Was ist das?“ fragte er sich. „Das klingt ja geradeso, als ob einer ersticke oder abgewürgt werden solle. Die Töne kommen von dort herüber.“
    Der Posten nahm sein Gewehr in Anschlag und schritt der Richtung entgegen, die er angegeben hatte. Er kam so in die dem Versammlungsturm gegenüberliegende Ecke. Das Stöhnen war, je näher er kam, immer vernehmlicher geworden, und nun sah er eine dunkle Masse vor sich liegen, welche diese Töne ausstieß. Er bückte sich vorsichtig nieder und erkannte, daß ein Mensch am Boden lag.
    „Alle Teufel, wer ist das?“ fragte er.
    Ein abermaliges Stöhnen antwortete. Es schien aus der Nase des Daliegenden zu kommen. Der Posten bückte sich nieder, um diesen zu betasten.
    „Ah, gefesselt und geknebelt!“ sagte er. „ Warte einmal!“
    Er zog dem Mann das Tuch aus dem Mund, welches nicht verhindert hatte, daß dieser durch die Nase wimmern konnte, und fragte ihn:
    „Bist du ein Bruder?“
    „Mein Gott, ja“, lautete die Antwort, „ein Verteidiger Frankreichs.“
    „Das stimmt. Aber nun sage auch das Paßwort! Wie lautet die Legitimation?“
    „Ich sterbe für Frankreich!“
    „Richtig! Aber wie bist du denn, zum Teufel, in diese Lage gekommen?“
    „Das werde ich dir erzählen; nur löse mir vorher die verdammten Fesseln!“
    „Werde mich wohl hüten! Erst muß ich mich überzeugen, ob das angebracht ist.“
    „Nun“, erzählte der andere, „ich war an dir vorüber und ging nach dem Turm; da faßte mich jemand von hinten und drückte mir den Hals so fest zusammen, daß ich die Besinnung verlor. Als ich wieder zu mir kam, lag ich gefesselt und geknebelt hier in der Ecke. Glücklicherweise konnte ich durch die Nase stöhnen. Du hast es gehört. Eile, um anzuzeigen, daß ein Verrat im Werke ist!“
    „Donnerwetter, das genügt, um dich zu erlösen! Aber wo ist deine Maske?“
    „Sie ist mir jedenfalls von dem, welcher mich würgte, abgenommen worden.“
    „Ah, er hat keine mitgehabt und brauchte sie, um in die Versammlung zu kommen. Das ist ein mutiger, aber gefährlicher Mensch; der muß festgenommen werden.“
    Er löste die Riemen des Gefesselten, und nun eilten die beiden nach dem Turm. Dort erkannten die beiden Posten beim Schein des Lichts den Überfallenen. Es war ein Bewohner der Umgegend, gegen den man kein Mißtrauen haben konnte.
    „Geh heim“, sagten sie, „damit die anderen dich nicht erkennen, da du jetzt keine Maske mehr hast. Wir werden sogleich Anzeige machen.“
    Während jener sich entfernte, eilten sie durch Gänge und Treppen hinunter und gaben an der verschlossenen Tür durch

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