55 - Die Liebe des Ulanen 01 - Im Auftrag Seiner Majestät
drei Schläge das Zeichen, welches für solche Fälle vereinbart worden war. Der alte Kapitän hielt in seiner Rede inne, und als die Schläge sich wiederholten, eine Täuschung also nicht möglich war, gebot er:
„Ich befehle, ruhig zu bleiben. Eine Gefahr für euch gibt es nicht!“
Er stieg von der Erhöhung herab und durchschritt den Saal, um nach dem Eingang zu gelangen. Derselbe Mann, welcher die Tür vorhin verschlossen hatte, öffnete ihm dieselbe und ließ ihn hinaus. Keiner der Anwesenden sprach ein Wort, obgleich sich alle jedenfalls in der außerordentlichsten Spannung befanden.
Fritz hatte einen Platz gerade in der Mitte der einen Mauerseite gefunden. Es war ihm nicht wohl zumute. Sollte er fliehen, jetzt, da der Eingang geöffnet war? Er hätte draußen jedenfalls einen Kampf zu bestehen gehabt und wäre sicher von der ganzen Versammlung verfolgt worden. Übrigens war es ja noch gar nicht gewiß, daß die Störung sich auf ihn bezog; sie konnte ja eine ganz andere Veranlassung haben. Er beschloß also, zu warten, dachte aber unterdessen nach, auf welche Weise er sich retten könne, wenn man wirklich entdeckt habe, daß sich ein Eindringling im Saal befinde.
Er mußte sich sagen, daß der Eingang in diesem Fall ganz sicher verschlossen werde. Vielleicht aber blieb die Tür unverschlossen, durch welche die drei eingetreten waren, welche die Dirigenten dieser Zusammenkunft zu sein schienen.
Wie aber diese Türe erreichen, ohne aufgehalten zu werden? Er blickte sich im Saal forschend um und machte eine Entdeckung, welche ihn mit innerer Freude erfüllte. Die vier Leuchter nämlich, welche den Raum erhellten, hingen an Schnüren, welche oben an der Decke hinliefen und sich dann an der Seitenmauer an einem Nagel vereinigten, welcher kaum drei Schritte von Fritz entfernt war. Das war ein höchst günstiger Umstand für ihn. Er schob sich also, während der alte Kapitän sich draußen von den Posten informieren ließ, ganz langsam an der Mauer hin, so daß man seine Absicht gar nicht bemerken konnte, und kam auch glücklich so zu stehen, daß er den Nagel mit einem schnellen Griff erreichen konnte.
Ein anderer Umstand mußte ihm ebenso günstig werden, nämlich der, daß die meisten Anwesenden geradeso wie er selbst, mit blauen Blusen bekleidet waren.
Da endlich trat der Alte wieder ein. Auf seinen Wink wurde die Tür sorgfältig wieder verschlossen, und die beiden Posten, welche mit ihm eingetreten waren, pflanzten sich mit ihren Gewehren vor derselben auf. Der Kapitän schritt auf das Podium zu und erklärte, als er auf demselben Platz genommen hatte:
„Ich verlange, daß niemand seinen Platz verläßt! Es ist ein Verräter unter uns. Einer der Unserigen ist droben im Hof meuchlings überfallen und so gewürgt worden, daß er die Besinnung verloren hat. Man hat ihn gefesselt und geknebelt und ihm die Maske abgenommen. Der Täter befindet sich unter uns, denn im Gang ist die Zahl der Unserigen richtig gewesen, während am Tor einer zu viel gewesen ist.“
Er machte eine Pause, welche von keinem Laut unterbrochen wurde, und fuhr dann fort:
„Ich habe bisher Gründe gehabt, Vorkehrungen zu treffen, daß keiner von euch den anderen kennt; darum gebot ich, daß ein jeder in Maske erscheine. Diese Gründe bestehen auch heute noch; ich kann also nicht verlangen, daß sich die Versammlung demaskiere; aber ich kenne einen jeden einzelnen genau. Es mag einer nach dem anderen herbeikommen und hier bei mir seine Maske lüften; der Verräter wird auf diese Weise sicher entdeckt und unschädlich gemacht werden. Tretet in geordnete Reihen zusammen, damit kein Irrtum entsteht, mag ein jeder seinen Nachbar beaufsichtigen, daß es dem Fremden nicht gelingt, sich unter diejenigen zu stellen, welche sich hier bei mir als Brüder ausgewiesen haben.“
Infolge dieses Befehls entstand eine Bewegung im Saal, welche dem Deutschen Gelegenheit gab, seinen Vorsatz auszuführen. Während die Anwesenden sich Mühe gaben, in Reih und Glied zu gelangen, erhob er mit einer gedankenschnellen Bewegung den Arm – ein kräftiger Ruck, und der Nagel fuhr aus der Wand. In demselben Augenblick stürzten sämtliche vier Leuchter von der Decke herab auf die Köpfe der darunter Befindlichen.
Die Flammen ergriffen die leichten Kleider der Verletzten, ihre angstvollen Rufe erschollen. Eine ungeheure Verwirrung entstand. Mit den geordneten Reihen war es aus.
„Sauve qui peut – rette sich, wer kann!“ riefen hundert Stimmen.
Bei
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