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56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

Titel: 56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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waren höchst angenehm, fast mehr weiblich als männlich. Er mochte höchstens zweiundzwanzig Jahre zählen, während die dünnen, seidenweichen Haare seines Schnurrbärtchens ihn noch jünger erscheinen ließen.
    „Herr de Sainte-Marie?“ fragte Königsau.
    „Ja“, antwortete der Angeredete, ihn mit forschenden Augen betrachtend. „Was wünschen Sie von mir?“
    „Wollen Sie die Güte haben, mir zu sagen, ob Frau Richemonte zu sprechen ist?“
    Über das Gesicht des Franzosen zuckte es wie eine Art von Überraschung; fast hätte man sagen mögen, daß sein Blick eine augenblickliche Besorgnis zeige.
    „Ah, Frau Richemonte?“ fragte er. „Was wollen Sie von ihr?“
    Er konnte diese etwas zudringliche Frage aussprechen, da Königsau ganz wie ein Mann gewöhnlichen Standes gekleidet war.
    „Es sind persönliche Angelegenheiten der Dame, welche mich zu ihr führen“, antwortete Königsau. „Ich weiß leider nicht, ob sie mir erlauben würde, von denselben gegen eine dritte Person zu sprechen.“
    „Ich will Sie zu keiner Indiskretion verleiten; aber Sie kennen die Dame?“
    „Ja.“
    „Woher?“
    „Von Paris aus.“
    Da verfinsterte sich das Gesicht des jungen Mannes plötzlich. Er fragte:
    „Sie sind Kapitän Richemonte?“
    „Nein.“
    „Ah! Also sonst ein Bekannter?“
    „Ja.“
    „Woher wissen Sie, daß Frau Richemonte sich hier befindet?“
    „Ich habe sie selbst nach dem Meierhof gebracht.“
    „Wohl als Kutscher?“
    „O nein“, lächelte Königsau, „als Begleiter.“
    „Von Paris aus?“
    „Ja.“
    Da glitt ein eigentümlicher Zug über das Gesicht des jungen Mannes. Man konnte nicht sagen, ob es Schreck oder Freude sei, welches ihn zu der schnellen Frage bewog:
    „Donnerwetter! So heißen Sie Königsau.“
    „Ja.“
    „Und Sie wagen sich – ah, kommen Sie, kommen Sie!“
    Er faßte den Arm des Lieutenants und zog den letzteren rasch aus dem Zimmer fort zu einer Tür hinaus. Dort befand sich augenscheinlich der eigentliche Wohnraum. Hier betrachtete der Baron den Gast noch einmal vom Kopf bis zu den Füßen herab, und er sagte:
    „Mein Gott, wie können Sie es wagen, nach Roncourt zu kommen?“
    „Halten Sie das wirklich für ein Wagnis, Baron?“
    „Gewiß. Sie sind Deutscher und noch dazu Offizier. Haben Sie nicht gewußt, daß General Drouet sich auf unserer Meierei befindet?“
    „Ich erfuhr es erst in Sedan.“
    „Und dennoch wagten Sie sich hierher? Wie nun, wenn man sie festnimmt?“
    „Das fürchte ich nicht“, lächelte Königsau.
    „Und Sie als Spion behandelt?“
    „Ich komme nur, um Frau und Mademoiselle Richemonte zu sprechen.“
    Der Baron blickte wie ratlos im Zimmer umher und sagte dann, auf einen Stuhl deutend:
    „Setzen Sie sich, Herr Lieutenant. Es gilt, daß wir uns klarwerden. Sie sind ein Freund der Madame Richemonte?“
    „Ein sehr aufrichtiger und ergebener“, antwortete Königsau, indem er sich niedersetzte.
    „Als die Damen hier ankamen, war ich nicht anwesend, ich befand mich zu der Zeit in der Gegend von Reims, um die Kellereien eines Freundes zu besichtigen. Sie müssen wissen, daß ich Landwirt und besonders Weinzüchter bin. Als ich nach Hause kam, fand ich die Damen vor. Ich hörte, daß ein Deutscher sie nach hier begleitet habe, ein Lieutenant namens Königsau.“
    „Dieser bin ich.“
    „Wie ich höre. Madame Richemonte sagte, daß sie Ursache habe, für nächste Zeit ihren Aufenthalt bei uns nicht wissen zu lassen; Sie allein seien ausgenommen. Sie scheinen also das Vertrauen dieser Dame zu besitzen?“
    „Ich hoffe es!“
    „Sie haben ihr jedenfalls wichtige Dienste geleistet?“
    „Es ist mir allerdings vergönnt gewesen, den Damen einigermaßen nützlich zu sein, doch bin ich weit davon entfernt, mir dies als Verdienst anzurechnen.“
    Jetzt begannen die Züge des Barons sich wieder zu erheitern.
    „Dann bin auch ich Ihnen Dank schuldig“, sagte er. „Sie wissen wohl, daß Frau Richemonte meine Verwandte ist?“
    „Die Dame sprach davon, wenn auch nicht eingehender.“
    „Meine Mutter ist ebenso, wie Madame Richemonte, eine Deutsche. Beide stammen aus demselben Ort und sind Kusinen. Mein Vater ist tot, und so habe ich –“, fügte er mit einem heiteren, sorglosen Lächeln hinzu, „– die ganze Last der Verwaltung unseres Besitztums auf meinen armen Schultern liegen. Es war sehr einsam hier; die Ankunft der beiden Damen hat Leben und Bewegung hereingebracht, was ich ihnen herzlich danke. Leider ist diese Bewegung

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