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56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

Titel: 56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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tiefer als die Rede des Geistlichen es vermocht hatte. Es gab unter ihnen allen kein Paar, dem ein derartiger Mann eine solche Traurede gehalten hatte.
    Aber dann später, als die Festgäste beim Mahl saßen, floß mancher Witz aus dem Mund des Alten, welcher noch das Herz und Gemüt eines Kindes und den Mut und die Lebenslust eines Jünglings besaß. Hier und das war auch ein Wort zu hören, welches nicht ganz im Einklang mit der Subordination stand; er aber überhörte das. Endlich stand er auf und sagte:
    „Kinder, wir haben heute schon die ganze Zahl von Toasten gebracht, welche an einem solchen Tage notwendig sind. Was ich jetzt bringen will, ist kein Toast, sondern eine Bitte. Komm her, Königsau, mein Junge, schenke mir noch einmal ein! So! Und nun hört, ihr Leute, der alte Blücher ist heutzutage ein berühmter Mann, woraus er sich aber den Teufel macht. Man wird von ihm reden und die Scriblifexers werden Geschichten von ihm erzählen, allerhand Wahres und Falsches; ja, in den Schulen wird es Weltgeschichtsbücher geben, in denen auch sein Name steht; aber was bringt das ihm für einen Nutzen? Keinen. Er weiß doch, daß alles, was er mit dem Säbel mit Hilfe Gottes und seiner Soldaten zustandegebracht hat, durch die Federfuchser wieder verdorben wird. Nach jedem Delirium tritt eine Abspannung ein, und einem Jahr der Begeisterung pflegt ein Jahr der Reaktion zu folgen. So wird es auch hier sein. Was wir mit Blut errungen haben, wird durch Tinte wieder futsch gehen. Man wird nicht halten, was man versprochen hat. Aber ich sage euch, daß der liebe Gott doch weiß, was er will. Das Blut eines Volkes ist ein kostbarer und fruchtbarer Samen, welcher sicher früher oder später Früchte bringen muß. So wird auch einst die Zeit kommen, in denen Deutschlands große Ernte beginnt. Ich erlebe sie nicht, ihr aber könnt es wohl noch wachsen und reifen sehen. Wenn dann an dem Baum unserer Taten die Früchte hängen, welche uns leider für dieses Mal von den Diplomatenwürmern und Politikermaden abgefressen werden, dann denkt an euren alten Blücher. Und solltet ihr es nicht erleben, so sagt es euren Kindeskindern, daß sie dann, wenn der Deutsche wieder dreingehauen hat und es kein solches Ungeziefer mehr gibt, das Glas zur Hand nehmen und es leeren auf das Andenken des alten Marschalls Vorwärts, der am liebsten den ganzen Wiener Kongreß ebenso zusammengehauen hätte wie die Franzmänner jenseits des Rheins! Es ist das letzte Glas, welches ihr in diesem Leben mit dem Gebhard Leberecht trinkt!“
    Die Wirkung dieser Worte und der Eindruck, welchen sie hervorbrachten, läßt sich gar nicht beschreiben. Die Versammlung war auf das Tiefste ergriffen. Der Alte hatte seiner Erbitterung hier einmal Luft gemacht; er hatte dann gesprochen wie ein Prophet des Alten Testaments, welcher dem Volk Gottes den Vorhang der Zukunft öffnet, und endlich war sein letzter Wunsch für sie ein Vermächtnis geworden, welches sie auf Kinder und Kindeskinder zu vererben hatten. Es war ein Augenblick, so feierlich wie bei solchen Gelegenheiten selten einer. Die Gläser wurden still und wortlos geleert, als ob man sich scheue, die Heiligkeit dieses Moments zu entweihen.
    Blücher aber war es selbst, welcher es unternahm, die vorige fröhliche Stimmung wieder hervorzurufen. Er sagte nämlich, auf eine Seitentafel zeigend, auf welcher man die Hochzeitsgeschenke geordnet hatte:
    „Aber jetzt schaut einmal dorthin, Kinder. Was werdet ihr sagen? Ihr werdet meinen, der alte Isegrim könne wohl Reden halten, aber die Hauptsache habe er vergessen. Da irrt ihr euch jedoch. So etwas lasse ich mir nicht nachsagen. Ich bin kein reicher Kerl, und ihr wißt, Spiel und Wein haben mich immer ein Heidengeld gekostet. Wenn unser König nicht ein Einsehen gehabt hätte, so wäre ich oftmals bankrott gewesen. Große Gaben kann ich nicht bringen, ein Schuft gibt mehr als er hat; aber etwas bringe ich doch. Da, Margot, nehmen Sie es hin, und geben Sie es Ihrem jungen Mann, wenn ich jetzt ausgerissen sein werde.“
    Er zog aus der Tasche seines Waffenrocks ein großes Kuvert, welches er Margot überreichte. Sie nahm es zögernd entgegen und öffnete bereits die Lippen, um einen Dank und sonstiges auszusprechen; er aber ließ sie gar nicht zu Worte kommen, sondern fiel ihr schnell ein:
    „Halt! Still, kleines Plappermäulchen! Ich mag nichts hören! Ich will nur verraten, daß der König herzlich gelacht hat, nachdem er ein gewisses Abschiedsgesuch gelesen hatte,

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