56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht
und die gute Stimmung, in welcher sich die Majestät infolgedessen befand, hat euer alter Freund klugerweise benutzt, um von einem gewissen Lieutenant Königsau zu erzählen. Das ist alles, was ihr zu wissen braucht. Und nun lebt wohl! Seid so glücklich, wie ich es euch wünsche, und tut mir den kleinen Gefallen, mich nicht allzu rasch zu vergessen!“
Er schob seinen Stuhl zur Seite und war, ehe sie es sich versahen oder es zu hindern vermochten, zur Tür hinaus. Hugo eilte ihm zwar nach, aber der Alte entging ihm mit fast jugendlicher Schnelligkeit. Nicht weit vom Haus hielt ein Wagen, in welchen er stieg, um schnell davonzukommen. Hugo merkte, daß der alte Haudegen sich diesen Wagen zur bestimmten Zeit bestellt haben müsse.
Als er wieder zu seinen Hochzeitsgästen zurückkehrte, fand er diese voller Wißbegierde, was das Kuvert wohl enthalten werde. Ihnen zu Gefallen und weil er selbst auch eine gleich große Neugierde empfand, öffnete er es. Es enthielt zwei königliche Schreiben. Er las das erste durch und reichte es dann Margot hin.
„Mein Abschied“, sagte er unter einem eigentümlichen Lächeln.
In diesem Lächeln war eine gewisse Freude nicht zu verkennen, obgleich sich in demselben auch der Schmerz um eine verlorene Lebensstellung, welche er mit Begeisterung auszufüllen bestrebt gewesen war, aussprach.
Sie blickte ihm mit einer gewissen Besorgnis in die Augen.
„Lies nur, liebes Herz!“ nickte er aufmunternd zu.
Sie tat es. Als sie fertig war, sagte sie mit unverkennbarer Genugtuung:
„Allerdings dein Abschied, mein Lieber, aber in den allergnädigsten Ausdrücken.“
„Und mit einer Art von Avancement“, fügte er hinzu.
„Als Rittmeister, also Hauptmann, mit der Erlaubnis, die Uniform zu tragen. Das ist selbst in der Entsagung eine Freude.“
Alle Anwesenden beglückwünschten ihn mit aufrichtigem Herzen.
„Und nun das andere!“ bat Frau Richemonte.
Königsau öffnete auch das zweite Schreiben. Als er es rasch überflogen hatte, erheiterte sich sein Gesicht zusehends.
„Da, liebe Margot“, sagte er. „Das haben wir unserem guten, alten Marschall zu verdanken.“
Sie griff nach dem Papier und las die Zeilen.
„Ist das möglich?“ fragte sie, auf das freudigste überrascht.
„Was? Was?“ ertönte es rund im Kreise.
„Ein Geschenk“, antwortete sie, „ein königliches Geschenk, wie wir es uns gar nicht träumen lassen konnten.“
„Wohl gar eine Dotation?“
„So etwas Ähnliches. Seine Majestät macht für im Kriege geleistete wichtige Dienste meinen Hugo zum Besitzer des Gutes Breitenheim.“
Das machte Aufsehen. Man fragte nach diesen wichtigen Diensten, und Königsau erzählte, wie er Napoleon und seine Marschälle belauscht habe und dadurch in den Stand gesetzt worden sei, Blücher und Wellington über die Absichten und Pläne des Kaisers auf das genaueste zu unterrichten. Und dann fügte er hinzu:
„Das ist ein Geschenk, welches alle Sorgen von uns fern hält, liebe Margot. Wir müssen um eine Audienz nachsuchen, um uns bei dem Könige persönlich zu bedanken. So viel habe ich nicht verdient. Wir haben das, wie bereits gesagt, nur Blücher zu verdanken. Ich hätte höchstens an ein Avancement gedacht. Aber weißt du, was dieses Geschenk besonders wertvoll für uns macht?“
„Nun, mein Lieber?“
„Das ist der Umstand, daß Breitenheim mit meinem Gut zusammengrenzt. Ich glaube, beide, der König sowohl wie der Marschall, haben das mit in Erwägung gezogen. Mein Abschied machte mich trauriger, als ich es euch merken ließ. Nun aber bin ich versöhnt. Ich habe jetzt ein neues Feld, ein Gebiet, auf welchem ich mit Segen für mich und andere wirken kann.“
Die Zukunft zeigte, daß dies ein wahres Wort gewesen sei.
Die Audienz beim König wurde bereits an einem der nächsten Tage erlangt. Natürlich begab sich das junge Ehepaar auch zu Blücher, um ihm Dank zu sagen. Bei dieser Gelegenheit wurde von der Anzeige gegen Kapitän Richemonte gesprochen. Der Marschall hatte diesen Gegenstand bereits auf der Hochzeit zur Sprachen bringen wollen, dies aber wegen der Anwesenheit der Gäste unterlassen.
„Soll ich ihn gerichtlich verfolgen lassen?“ fragte er.
„Er hat es zehnfach verdient“, antwortete Königsau.
„Aber Sie, Frau von Königsau? Er ist Ihr Bruder.“
Margot zögerte eine Weile; dann antwortete sie:
„Wird es hart erscheinen, wenn ich ihn verdamme?“
„Nicht im geringsten. Wie aber denkt Ihre Frau Mutter?“
„Geradeso wie ich.
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