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56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

Titel: 56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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in seinem bescheidenen Ton:
    „Der erste Verband war ein Notverband, Sire; er ist ungenügend.“
    Da wendete sich der Kaiser ihm zu. Aus seinem Auge leuchtete es wie eine tiefe Leidenschaft, und er sagte in kaltem, abweisenden Ton:
    „Ich sprach mit Mademoiselle. Ihre Antwort werde ich mir befehlen.“
    Königsau verbeugte sich stumm. Der Kaiser wendete sich an die Mutter der Patientin, welche ganz erschrocken war, und sagte:
    „Wünschen auch Sie, daß ein Verband angelegt werde?“
    „Ich bitte darum, Sire“, antwortete sie fast furchtsam.
    „So mag der Kapitän beginnen; aber ich selbst werde dabeisein.“
    Es lag klar, daß der Kaiser eifersüchtig war. Er kreuzte die Arme über die Brust, wie er es zu tun pflegte, wenn ihn irgend etwas mehr als gewöhnlich bewegte, und stellte sich so, daß er die Prozedur genau betrachten konnte.
    Königsau blieb an seiner Seite stehen, ohne sich zu bewegen.
    „Beginnen Sie, Kapitän“, befahl Napoleon.
    Königsau zuckte die Achseln und rührte sich nicht. Da leuchteten die Augen des Kaisers gebieterisch auf; er machte eine halbe Wendung und fragte:
    „Haben Sie gehört?“
    Da wendete sich Königsau mit der Frage an Margot:
    „Mademoiselle, befehlen Sie, daß ich Sie in Gegenwart eines dritten verbinde?“
    „Eines dritten?“ brauste da der Kaiser auf. „Wer ist dieser dritte?“
    „Sie, Sire“, antwortete Königsau ruhig.
    Er hielt den flammenden Blick des Kaisers standhaft aus, ohne mit der Wimper zu zucken. Dieser verließ seinen Platz, stellte sich vor ihn hin und sagte:
    „Monsieur, ich bin der Kaiser!“
    Königsau verbeugte sich tief, aber er antwortete:
    „Majestät, nur der Gemahl pflegt in solchen Fällen bei der Dame zu verweilen. Oder haben Sie die Absicht, Mademoiselle Richemonte zu jenen Damen zu rechnen, die man wohl betrachtet, von denen man aber nicht spricht?“
    „Monsieur!“ rief der Kaiser, mit dem Fuß auf den Boden stampfend.
    Frau Richemonte und die Baronin waren erbleicht; sie waren keines Wortes fähig. Die Wirtin staunte ebenso wie ihre Tochter den jungen Mann an, der es wagte, dem gewaltigen Korsen zu widerstehen. Margot lag mit geschlossenen Augen da, mehr einer Leiche als einer Verwundeten ähnlich.
    Königsau antwortete auf das Fußstampfen abermals mit einer sehr tiefen Verneigung und fügte dann lächelnd hinzu:
    „Sire, keiner weiß so genau wie ich, daß ich eine Majestät vor mir habe: die höchste Majestät eines reinen, keuschen und züchtigen Weibes. Und liebte ich eine Braut, ein Weib mit allen Gluten meines Herzens, ich würde doch auf ihren Besitz verzichten, wenn ein fremdes Auge auf ihr geruht hätte zu einer Zeit, in welcher nur das Auge des Geliebten oder des Arztes zugegen sein darf. Ich würde verzichten selbst dann, wenn dieses fremde Auge dasjenige eines Kaisers wäre. Kein Bettler und kein Kaiser hat das Recht, einem reinen Wesen, weil es augenblicklich wehrlos ist, das hinwegzustehlen, was diese Wesen, wenn es sich stärker fühlte, tapferer verteidigen würde als ein Königreich.“
    Es lag etwas in der Art und Weise des Deutschen, was selbst Napoleon imponierte. Er trat einen Schritt zurück und antwortete:
    „Monsieur, Sie sprechen sehr verwegen!“
    „Genau so, wie ich handelte, als es galt, Ihr Leben zu verteidigen.“
    „Ah!“
    Es lag in diesem knirschend hervorgestoßenen Laut eine ganze Welt von gewaltsam zurückgedrängten Empfindungen. Das war ganz der Korse, der am liebsten zum Dolch gegriffen hätte.
    „Monsieur“, sagte er. „Sie haben mir Ihre Tat vorgeworfen und vorgerechnet, wir sind also quitt. Sie können gehen.“
    „Ich werde gehen, sobald es hier niemanden mehr gibt, der meiner Hilfe bedarf.“
    „Ich befehle es Ihnen!“ stampfte der Kaiser.
    Der Deutsche sah ihn ruhig vom Kopf bis zu den Füßen an und sagte lächelnd:
    „Majestät, haben Sie über dieses Leben zu gebieten? Ist Mademoiselle Richemonte Ihr Weib oder Ihre Braut? Selbst in diesen beiden Fällen dürften Sie es nicht wagen, ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Sie sind hier Mensch, und ich bin Arzt; selbst wenn Sie hier Kaiser wären, würde ich als Arzt zu befehlen haben.“
    Da warf ihm Napoleon einen vernichtenden Blick zu und sagte:
    „Ich werde Sie hinausbringen lassen.“
    Da schüttelte Königsau den Kopf so stolz und verächtlich, wie ein Löwe seine Mähne. Dann sagte er:
    „Und ich werde einen jeden niederschießen, der es wagt, mich zu entfernen, bevor ich freiwillig gehe.“
    „Ah! Auch

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