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56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht

Titel: 56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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seinem Kommen bereits unterrichtet, tat aber so, als ob sie nichts davon wisse. Er hatte es vorgezogen, unangemeldet einzutreten. Sie blickte ihn daher befremdet an und sagte:
    „Mein Herr, Sie scheinen irre gegangen zu sein. Sie suchen jedenfalls irgendeinen meiner Domestiken.“
    Er lächelte überlegen und antwortete:
    „Sie selbst irren, nicht ich. Sie sind die Baronin de Sainte-Marie?“
    „Ja.“
    „Nun, zu Ihnen will ich. Sie sehen also, daß ich nicht irre gegangen bin.“
    „So beklage ich es, daß Sie sich nicht zuvor an meinen Diener gewendet haben. Ich pflege nur solche Personen zu empfangen, welche die Höflichkeit und Rücksicht besitzen, sich bei mir anmelden zu lassen. Die gegenwärtige Audienz ist also zu Ende, noch bevor sie begonnen hat.“
    Sie drehte sich um und stand im Begriff, in das Nebenzimmer zu gehen.
    „Halt!“ rief er ihr da zu. „Sie bleiben!“
    Dieser Ton war so gebieterisch, daß sie erstaunt stehen blieb, ihm den stolzesten ihrer Blicke zuwarf und dann sagte:
    „Was fällt Ihnen ein? Sie sprechen mit der Gebieterin dieses Hauses!“
    „Sie waren das bis jetzt; von diesem Augenblick an aber sind Sie es nicht mehr!“
    „Ah!“
    Diese eine Silbe drückte verachtungsvolles Staunen aus.
    „Ja“, fuhr er fort. „Tun Sie noch so stolz; Ihre Herrschaft hier ist doch zu Ende.“
    „Wer sind Sie?“ fragte sie kalt und streng.
    „Jedenfalls ist Ihnen mein Name nicht unbekannt. Ich bin Kapitän der kaiserlichen Armee; mein Name ist Richemonte.“
    „Richemonte?“ sagte sie kopfschüttelnd. „Ich kenne Sie nicht.“
    „So beeile ich mich, Ihrem Gedächtnisse zu Hilfe zu kommen, Madame. Es befinden sich als Ihre Gäste zwei Damen bei Ihnen, welche auch Richemonte heißen?“
    „Allerdings.“
    „Nun, ich bin der Sohn der einen und der Bruder der anderen.“
    Die Baronin simulierte die Miene des Nachdenkens und antwortete:
    „Ich besinne mich allerdings, von Frau Richemonte gehört zu haben, daß sie einen Stiefsohn besitze; doch ist das Verhältnis zwischen ihr und ihm nicht ein solches, daß mir seine Gegenwart lieb sein könnte, zumal wenn er sich den Zutritt auf eine Art und Weise erzwingt, welche allen Regeln der gesellschaftlichen Ordnung entgegen ist.“
    „Und doch werden Sie sich meine Gegenwart gefallen lassen müssen“, sagte er mit Nachdruck. „Sie können nicht das mindeste dagegen tun.“
    „Sie wollen doch nicht etwa sagen, daß mir mein Hausrecht nicht zusteht?“
    „Ja, gerade dies will ich sagen. Ich komme nämlich in amtlicher Eigenschaft zu Ihnen.“
    „Ah! Haben Sie vielleicht den Grad eines Kapitäns mit demjenigen eines Dorfbüttels vertauscht? Ihr Auftreten läßt dies allerdings vermuten.“
    Das war ihm denn doch zu viel. Er fletschte die Zähne; aber er bezwang sich in der Hoffnung eines endlichen Triumphes doch noch und antwortete:
    „Ich stehe als der Bevollmächtigte des Kaisers vor Ihnen und ersuche Sie dringend, sich derjenigen Höflichkeit zu befleißigen, welche ich als solcher zu fordern habe. Das Gegenteil könnte sehr zu Ihrem Schaden ausfallen.“
    „Als Bevollmächtigter des Kaisers? Wo ist Ihre Vollmacht?“
    „Ich habe ganz und gar nicht nötig, Ihnen ein schriftliches Dokument vorzuzeigen. Meine Vollmacht steht vor der Tür.“
    Er öffnete die Tür und ließ die Soldaten sehen, welche draußen standen.
    „Das genügt allerdings“, erklärte die Baronin. „Nun bin ich sehr begierig, zu erfahren, welchem Umstand ich es zu verdanken habe, daß Seine Majestät mich mit Ehrenposten auszeichnet.“
    „Wenn Sie diese Leute für Ehrenposten halten, so befinden Sie sich in einem ganz bedeutenden Irrtum. Es sind vielmehr Sicherheitswächter, welche die Aufgabe haben, die Flucht meiner Gefangenen zu verhindern.“
    „Soll das etwa heißen, daß ich Ihre Gefangene bin?“
    „Ja.“
    „Sie setzen mich da in das größte Erstaunen. Ich ersuche Sie, mir die Gründe dieses Vorgehens anzugeben.“
    „Der Grund ist ein sehr ernster. Er heißt Landesverrat.“
    „Sie scherzen! Welches Land sollte ich verraten haben?“
    „Frankreich!“
    „Frankreich? Sie fabulieren!“
    Sie begleitete die Worte mit einem lustigen, sorglosen Lachen. Er aber zog die Brauen finster zusammen und antwortete:
    „Lachen Sie nicht! Sie beherbergen heimlich einen Feind des Vaterlandes. Das ist natürlich Landesverrat und wird mit dem Tod bestraft.“
    „Einen Feind des Vaterlandes? Wer sollte dies sein?“ fragte sie erstaunt.
    „Es ist ein gewisser

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