56 - Die Liebe des Ulanen 02 - Napoleons letzte Schlacht
Paris verlassen habt?“
„Sehr einfach, weil es uns dort nicht mehr behagte.“
„Das ist mir neu! Ich dachte im Gegenteil, daß ihr euch in der Hauptstadt außerordentlich wohl befändet. Es gab dort so liebe und angenehme Unterhaltung.“
„Rechnest du Mordanfälle und Menschenräuberei zu den Arten, sich angenehm zu unterhalten?“
„Gewiß!“ lachte er. „Übrigens weiß ich nicht, wovon du sprichst, und was du meinst. Wie steht es mit der berühmten Verlobung mit jenem Lieutenant von Königsau?“
„Das ist Margots Sachte.“
„Allerdings, denn sie ist ja mit ihm durchgebrannt!“
„Schweig, Unverschämter! Du selbst weißt am besten, was uns fortgetrieben hat.“
„Die Liebe, Mama, die Liebe!“ lachte er. „Und ebenso ist es die Liebe, welche mich heute zu euch führt, nämlich die Kindes- und Geschwisterliebe.“
Das Gesicht seiner Mutter rötete sich vor Zorn.
„Entweihe die heiligsten Gefühle des Menschenherzens nicht dadurch, daß du von ihnen sprichst!“ rief sie. „Wann hätte dein Herz je Liebe gefühlt?“
„Jetzt zum Beispiel, liebe Mama“, antwortete er. „Die Liebe zu euch treibt mich, euch aufzusuchen. Ich habe euch vor einer großen Gefahr zu warnen und auf ein noch größeres Glück hinzuweisen.“
„Wenn du es bist, der dies sagt, so ist die Gefahr ein Glück für uns und das Glück eine Gefahr.“
„Du täuschest dich vollständig, liebe Mama. Ich komme nicht in meinem Interesse, sondern als Unterhändler des Kaisers zu euch.“
„Seine Majestät hat nicht nötig, einen Unterhändler zu senden.“
„Ah! Der persönliche Besuch wäre euch wohl angenehmer?“
„Jeder Besuch ist uns angenehmer als der deinige. Aber die Angelegenheit, in welcher du zu kommen scheinst, ist bereits erledigt.“
„Wieso?“
„Deine Frage ist zudringlich, behalte sie für dich! Wir haben uns von dir getrennt. Wir interessieren uns ferner nicht mehr für deine Angelegenheiten, und so erwarten wir ganz entschieden, daß du dir auch die unserigen vollständig gleichgültig sein läßt.“
„Das ist sehr deutlich gesprochen, leider nur nicht den Verhältnissen angemessen, welche zu berücksichtigen ihr auf alle Fälle gezwungen seid.“
„Von welchen Verhältnissen sprichst du?“
„Erstens davon, daß der Wille eines Kaisers zu berücksichtigen ist.“
„Und zweitens?“
„Zweitens, daß ich seit einer halben Stunde Etappenkommandant des Meierhofs Jeannette bin.“
„Ah! Wer hat dich dazu gemacht?“
„Der Kaiser selbst“, antwortete der Gefragte in stolzem Ton.
„So denke ja nicht, daß dies eine Belohnung deiner Verdienste ist. Der Kaiser braucht ein Werkzeug, und du wirst es sein, jedoch vergeblich. Wir werden deinen Plänen hier ganz denselben Widerstand entgegensetzen wie in Paris.“
„Gut! Ihr sprecht von meinen Plänen. Als ein Mann habe ich den Mut, euch einzugestehen, daß ich Pläne habe und zwar Pläne mit Margot. Sie ist meine Schwester, und ich darf von ihr fordern, daß sie ihr möglichstes tut, mich avancieren zu machen. Der Kaiser widmet ihr eine mehr als gewöhnliche Teilnahme, und diese soll sowohl zu ihrem, als auch zu meinem Glück ausgenutzt werden. Leistet sie Widerstand, so muß sie es sich gefallen lassen, wenn ich meine brüderliche Gewalt in Anwendung bringe. Und das würde ich ganz sicher tun!“
„Es ist dir zuzutrauen, doch fürchten wir dich nicht.“
„Nicht?“ fragte er höhnisch. „Oh, meine Gewalt ist größer und bedeutender, als ihr vielleicht meint.“
„Du überschätzest dich! Der Kaiser selbst muß Margot schützen.“
„Allerdings. Er hat sie und dich ja bereits meinem Schutz empfohlen.“
„Wir verzichten auf diesen Schutz.“
„Ich möchte wissen, wie ihr das anfangen wollt! Hofft ihr vielleicht auf die Hilfe eures Königsau? Pah! Er, ein Lieutenant, und Napoleon, der mächtige Kaiser der französischen Nation!“
„Noch ist sein Thron nicht wieder gefestigt.“
„Hofft ihr etwa darauf, daß er geschlagen wird? Ich gebe euch mein Wort, daß dieser tölpelhafte Marschall ‚Vorwärts‘ nicht zum zweiten Mal nach Paris kommt. Der Feldzug ist bereits begonnen. Die Feinde Frankreichs werden von uns niedergemäht werden wie Gras. Übrigens wird Königsau gar nicht gegen uns kämpfen. Er wird als Spion von uns aufgehängt werden, noch ehe der erste Schuß gefallen ist.“
„Versuche, ob du aus dieser Drohung Wahrheit machen kannst!“
„Ich stehe soeben im Begriff, es zu tun. Wo habt ihr ihn
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