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56,3° Im Schatten

56,3° Im Schatten

Titel: 56,3° Im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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ich jeden Tag mein Wüstenschiff lenken muss; die schlechten Zähne, die ich wegen den ganzen Schlaglöchern in den Straßen habe; die Probleme, die ich mit den Weibern habe – nicht zuletzt wegen meiner schlechten Zähne! Dazu das nie angehobene „Sonderschule-Unterstufe“-Grundgehalt, das den Biermösel wiederum daran gehindert hat, dass er sich schöne neue Zähne kauft, damit er bei den Weibern einmal einen Lauf haben könnte, und so weiter.
    Der Biermösel hat dann zum Denken aufgehört, sich stattdessen am Baucherl gekratzt und überall dort, wo es ihn sonst noch gejuckt hat, und dabei hat er lange gar nicht bemerkt, dass ihn die Politik schon bis ins Scheißhaus herein verfolgt, wo sein rotes Notfalltelefon angeschlagen hat, so sehr war er mit Produktion und Ausstoß der Gase beschäftigt, dass bald auch ihm die Luft ein bisserl stickig geworden ist und es ihm den Hals zugeschnürt hat, heilige Scheiße, wenn er nicht im letzten Moment die Fenster noch aufgerissen hätte, wer weiß, wie die ganze depperte Geschichte dann vorzeitig geendet hätte.
    „Pass einmal auf“, hat er dann den Innenminister persönlich im Halbkoma reden gehört, „bist du vielleicht der Biermösel aus Aussee drüben, der zu wenig von den Milchdutteln von seiner Mutti gekriegt hat, wie es der schöne Brauch in der saftigen Heimat vorschreibt, bist das du?“
    „Yes sir!“
    „Hast du dir eigentlich schon einmal überlegt, was du für das Staatsganze machen kannst, anstatt dich immer nur zu fragen, wann du in den Urlaub gehen kannst?“
    Heilige Maria, hat sich der Biermösel gedacht, die Politiker haben so eine Art zu reden, dass man überhaupt nicht versteht, was sie wollen, das Wort „Urlaubssperre“ hat er dann nur noch ganz undeutlich vernommen, weil er sehr deutlich einen darauf hat fahren lassen, aber du meine Güte, da steht es ja eh!
    Rot eingekreist war er ja auch heuer wieder auf seinem Kalender, der alljährliche Humtata-Sonntag samt Bierzelt und Frühschoppen, ein Termin, vor dem der normale Mensch schon mehr Angst haben muss als der Demokrat vor der schlechten Laune des Gewaltherrschers! Nur dass der Termin heuer sogar dunkelrot eingekreist war und auch noch das Wort „Neuwahlen“ darunter gestanden ist, Kruzifixnocheinmal, da ist es ja eh gestanden!
    Mit den ganzen Wein trinkenden Jazzern aus der Politik will der Biermösel nichts zu tun haben, schon gar nicht in den sogenannten Wahlkampfzeiten, wenn sie die Bierzelte überschwemmen wie die Scheiße aus dem Kanal nach dem ergiebigen Platzregen die Straße, und wenn sie den ursprünglichen Duft des einfachen Volkes suchen samt dem persönlichen Kontakt im Bierzelt.
    Wenn dann einer von denen mit seinen Stenografenhänden die Vorschlaghammer-Hand vom Biermösel schütteln will, dann schüttelt der Biermösel immer gerne und kräftig zurück, und zwar so kräftig, dass der Doktor Krisper immer schon den Gips anrühren muss, noch bevor der Volksvertreter seine Hand überhaupt nach ihm ausgestreckt hat – und hoppala, Mittelhandknochenbruch!
    Solche Wahlen hinterlassen ja bei den ganzen einfachen und kleinen Leuten immer eine große Aufgewühltheit und reißen tiefe Gräben in die ansonsten so harmonischen Kleinfamilien, wenn der Vati zum Beispiel wieder die „Es war nicht alles schlecht früher“-Partei wählen will, weil er sich für sein neu angeschafftes Auto endlich gescheite Autobahnen ohne Schlaglöcher wünscht und für die Fußgängerzone ein Stadtbild ohne Mondgesichter, die ihm einfach nicht blond genug sind, während die Mutti lieber einmal einen ohne zerschnittenes Gesicht als Chef vom Ganzen sehen möchte, einen Aparten vielleicht zur Abwechslung, der nicht dauernd drei Bier auf einmal bestellt, einen Kultivierten mit ein bisserl einem Niveau­, der nach Möglichkeit ausschaut wie der Alön Dillon, das wäre der Wunsch von der Mutti, aber nicht vom Vati, und hoppala­ – doppelter Nasenbeinbruch (bei der Mutti, nicht beim Vati)!
    Der Biermösel hat dann weiter gemütlich gegen die Politik angefurzt und sich überall dort gekratzt, wo er sich vorher nicht gekratzt hat, und dann hat er sich überlegt, wie er die Neuwahlen absagen könnte, damit er grillen kann und nicht den Wahlgang überwachen muss, deswegen die Urlaubssperre, weil die depperte Bundesregierung wegen der angespannten Wetterlage den einen oder anderen Radau fürchtet.
    Der Biermösel glaubt aber fast, dass die Politik die Entschlossenheit mancher im Volke ein bisserl unterschätzt und

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