Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
56,3° Im Schatten

56,3° Im Schatten

Titel: 56,3° Im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
Vom Netzwerk:
rede ich halt aus dem Stehgreif heraus!“, fährt der Chef vom Ganzen endlich fort: „Wer nicht mit uns ist, der ist gegen uns, ein langes Leben sei ihm nicht beschieden, darum am Humtata-Sonntag bitte Liste 1 ‚Die Ackerbau- und Viehzuchtpartei‘ wählen, gesegnet sei der Herr!“
    Na dann, denkt sich der Biermösel, auf ein langes Leben sowieso geschissen. Dann trinkt er ein paar kräftige Schlucke vom guten 48-prozentigen Schweiß, den er im Nachttopf gesammelt hat, und schon rumort es – wie es der Plan war – gewaltig in seinen Eingeweiden, und er hat das Gefühl, dass sich aus den tiefen Windungen seiner Darmlandschaft heraus einer löst, der schon lange ans Licht der Welt herausdrängt und der den Chef vom Ganzen mitsamt dem Radio in die Klomuschel hineinbläst, da soll der Mensch nicht zum Saufen anfangen, wenn er sich so was anhören muss, und hoppala, plus 44,0 ° im Schatten!
     
    Neulich hat ihn der Doktor Krisper nach dem alljährlichen Pflichtcheck für reifere Gendarmenkörper (Kamin, Kniekehle, Fettanteil sowie Groß-, Klein- und Nebenhirn – Nebenhirn?) unter vier Augen und mit besorgter Miene wieder einmal zum hoffnungslosen Alkoholiker erklärt, auch wenn er den Fragebogen an das Ministerium wieder einmal – ein letztes Mal! – geschönt und unter der Rubrik „Trinkgewohnheiten“ nur die einheimische Durchschnittsnorm „regelmäßig“ eingetragen hat, die genaue Mengenangabe dazu hat er aber netterweise „vergessen“.
    Die Wahrheit über sein Trinkverhalten, hat der Herr Doktor gemeint, täte wahrscheinlich seine umgehende Entfernung aus dem Staatsdienst bedeuten („Dann schreib die Wahrheit!“) sowie seine sofortige Überführung in einen stillgelegten Salzbergwerkstollen irgendwo in Kasachien drüben, aus dem ihn dann auch der Superermittler Jason Castelli nicht mehr retten könnte. Aber dann wäre die Welt um ihn herum wenigstens für ein paar hunderttausend Jahre vor seinem rundum verseuchten Körper sicher, das war jedenfalls dem Doktor Krisper seine Prognose nach dem alljährlichen Pflichtcheck.
    Aber da muss der Biermösel natürlich immer lachen, wenn einer, der studiert hat, so deppert ist und meilenweit an der richtigen Diagnose vorbeigeht. Das erinnert ihn in seiner Blödheit ja fast an den Ausbildner in der Gendarmerieschule in Linz oben, der ihn von der ersten Schulstunde an mit dem Thema belästigt hat: „Pass einmal auf, Biermösel“, hat er immer wieder zu ihm gesagt, „hast du dir eigentlich schon einmal überlegt, was du für den Staat tun kannst, anstatt dass du mich immer nur fragst, wann die nächste Pause ist, in der du dein Bier saufen kannst, ich glaube ja fast, du bist ein Alkoholiker!“ Und dann hat er ihn wieder zum Anstaltspsychologen geschickt und immer wieder, und der Herr Professor hat ihn dann gefragt, wie das bei ihm genau mit den Milchdutteln von seiner Mutti gewesen ist, ob er eh genug vom weißen Milli-Zeugs gekriegt hat, oder ob es bei ihm eher zu wenig war, Kruzifixnocheinmal, was hat denn bitte das eine mit dem anderen zu tun, und warum muss ihn denn eigentlich alles und jeder an seine Mutti und ihre Milchdutteln erinnern, das Kapitel in seinem Leben täte er schön langsam wirklich gerne verdrängen!
     
    „Muss man ansetzten Hebel bei Zufuhre, nicht bei Ausstoße“, hat ihm der Doktor Krisper dann angeboten, als ihm der Biermösel nach dem Pflichtcheck ein paar harmlose, aber doch erwähnenswerte Zündaussetzer beim Ausstoß der Gase nach der ergiebigen Zufuhr gebeichtet hat, ein paar Minuten lang ist nämlich auf einmal gar nichts mehr gegangen, kein leises „Pffft“ und kein lautes „Tröööt“, worauf der Doktor ihm gleich vorgeschlagen hat:
    „Baue ich dir gerne neue Leber ein von unlängst verstorbene, sehr leckere Novize aus Männerkloster drüben in Bad Ischl, was hängt bei mir in Garage herum. Wenn Saft von Gerste geht wieder hinunter wie Öl, dann läuft Motor von Biermösel wieder wie geschmiert, bravo.“
    Aber der Biermösel hat es natürlich strikt abgelehnt, dass ihm der liebe Herr Doktor die Leber von einem Weihwasserschlucker einbaut, er ist ja nicht süchtig, er ist ja nur durstig. Zu sehr hat er sich außerdem an seinen eigenen bewährten Sauflappen gewöhnt, als dass er ihn im fortgeschrittenen Alter noch hergeben möchte, da wird der Mensch störrisch. Lieber will er zu ihm stehen in guten wie in schlechten Zeiten, er ist ja keiner, der sich wegen jedem kleinen Zündaussetzer gleich eine neue Leber einbauen

Weitere Kostenlose Bücher