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56,3° Im Schatten

56,3° Im Schatten

Titel: 56,3° Im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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Ellbogen auf dem Fensterbrett ab und seinen Schädel in seine Riesen­trümmer Pratzen. „Schö tem!“, seufzt er süßer und samtener noch als der Weiß Ferdl und Gott sei Dank unbeobachtet von allen, die ihn als Humtata-Feind kennen und als kompletten Anti-Romantiker schätzen.
    „Schö tem hier!“
    Er sieht sie da unten beim See, wo sie noch den Rettungsschwimmerschein hätte machen sollen, wie ihr der Doktor Krisper aufgetragen hat, „dürfen wir nicht vergessen solche, was immer heraus fallen aus Bierzelt und hinein mit Kopf voran in die See.“ Aber beides wird heuer nicht stattfinden: Die Besoffenen werden nicht hineinfallen, und die Anni wir ihnen nicht nachspringen – kein Wasser mehr!
    „Und schö tem da!“
    Der Biermösel weiß schon, warum immer nur die Anni die Mutter seiner Kinder hätte sein sollen, von den zwei strammen Buben, die er sich immer so sehr gewünscht hat und von denen er den Schwächling aussortiert und zur Roswitha in die Küche geschickt, den Stärkeren aber zum Nachfolger herangezogen hätte, Kruzifixnocheinmal, er weiß einfach nicht mehr genau, warum es sich letztlich einfach nie ausgegangen ist und sie nie ihre zwei Erbfolger an ihren Dutteln gesäugt hat, er weiß es einfach nicht mehr.
    „Tu es nicht!“, schreit er hinunter zum See. „Was können denn die Ertrinkenden, was ich nicht auch könnte?“
    „Die können danke sagen, wenn ich sie rette.“
    Natürlich könnte er jetzt „Aber ich kann aus der Hüfte her­aus feuern!“ sagen, aber das kommt heute sogar ihm selbst ein bisserl deppert vor. Außerdem: Kommt die Hitze, geht bei ihm das Verlangen, da will er ehrlich sein. Bei der Hitze ist das Blut viel zu dick, als dass es noch in den kleinen Biermösel hineinfinden täte und der sich aufbäumen könnte. Bei der Hitze ist auch der Biermösel ganz einheimische Hornhaut und hat überhaupt nichts mehr von einem verführerischen Schonn Gabönn, da ist auch er mehr der Bergbauer als der einfallsreiche, romantische Franzose mit seiner samtenen Stimme und seinen interessanten, hochfliegenden Gedanken, trotzdem:
    „Schö tem hier und schö tem da!“, summt er leise mit dem Weiß Ferdl vor sich hin, „ich liebe dich das ganze Jahr!“
    Meine Güte, hört ihm ja eh keiner zu, der ihn auslachen könnte.

Bierzelt
    Die Spanier mögen Stiere durch die Straßen jagen, die Engländer mit Ruderbooten herumfahren, die Amerikaner Truthähne abstechen und die Franzosen ihre eigenen und jede Menge fremder Weiber verführen, worauf sich (Anmerkung: Biermösel: angeblich!) ihr einschlägiger Ruhm begründet –
    Aber sie alle kennen das Bierzelt nicht!
    Mehr allerdings kann ein Land nicht hervorbringen als das Bierzelt und seine ganzen Besoffenen, das ist die Meinung vom Chef vom Ganzen zum Bierzelt:
    „Wer Augen hat zum Schauen, der schaue sich an: Frankreich zum Beispiel mit seinem Cognac“, hat er neulich in seiner dramatischen Rede zur Lage der Nation gesagt, nachdem sie ihm endlich den richtigen Zettel gebracht haben: „Und dann schaue er sich im Vergleich dazu an: Österreich mit seinem Bier! Mehr brauche ich ja wohl nicht zu sagen! Was wäre zum Beispiel die russische Taiga ohne ihren niedrigen Himmel, die schöne blaue Donau ohne ihr Delta, und schließlich: Was wäre euer Bierzelt ohne das Freibier, das wir von der gesegneten Bundesregierung euch am Humtata-Sonntag spendieren werden, versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen, aber wählen müsst ihr uns dafür natürlich schon, bitte, danke.“
    Weniger im Umgang mit Volksmusikanten Geübte wie die Weiber vom Singkreis lässt schon die schlichte Erwähnung vom Humtata-Sonntag den kalten Angstschweiß auf die zerfurchte Stirn treten. Und zart Besaitete wie die Zimttörtchenscheißerinnen, die ihr Kaffeekränzchen überhaupt lieber in der Konditorei abhalten als im Bierzelt, appellieren an den Herrgott, dass er den Heizstrahler da oben vielleicht um zwanzig bis dreißig Grad herunterdrehen möge, weil die ohnehin aufgeheizte Stimmung im Bierzelt jetzt nicht nur wie üblich durch den Alkohol, sondern auch noch durch die ungewohnte Hitze komplett unsteuerbar wird und der ganze propere Ort im ausströmenden Blut zu ersaufen droht. Aber da klopfen die zart Besaiteten und Zimttörtchenscheißerinnen aus der Konditorei beim Herrgott natürlich an die komplett falsche Tür, weil er, Pancho Villa, her­unten auf der Erde den point of no return längst überschritten hat und munter drauflosfeuert, und hoppala, und

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