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57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

Titel: 57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sein!“
    Er trat in den nur spärlich erleuchteten Flur. Sie verschloß die Tür hinter ihm, und dann stiegen sie geräuschlos die beiden Treppen empor. Die Wohnung, welche sie betraten, war nicht luxuriös eingerichtet; aber es glänzte alles von Sauberkeit. Man sah, daß hier ein Wesen waltete, welches bereits an der Wiege von dem Geist der Häuslichkeit geküßt worden war.
    Sie führte ihn in den kleinen Salon. Dort nahm sie auf dem Sofa Platz und er auf einem Stuhl neben demselben. Jetzt beim Schein der Lampe konnte man sehen, daß Martin nicht ohne Geschmack gewählt hatte. Alice war ein hübsches Mädchen. Alles an ihr war schmuck und nett; sie war wirklich zum Küssen.
    „Nun sagen Sie einmal, daß ich, um Ihnen gefällig zu sein, nichts wage“, meinte sie, ihn mit offenem Auge anblickend.
    „Ich wollte, ich könnte Ihnen beweisen, daß ich um Ihretwillen noch mehr wagen würde“, antwortete er. „Ich bin Ihnen herzlich dankbar für das kleine Wagnis. Vielleicht schickt es Gott, daß wir einst in einer ebenso traulichen Häuslichkeit beieinander sitzen, ohne Befürchtungen hegen zu müssen!“
    Sie errötete leise. Ihre Fingerchen glitten irr über die kleine Stickerei, welche sie zur Hand genommen hatte; ihr Busen hob sich unter einem tiefen Atemzug, und dann bemerkte sie:
    „Gott ist es allerdings allein, den man um ein solches Glück zu bitten hat.“
    Da ergriff er schnell ihr Händchen, zog es zu sich heran und fragte in innigem Ton:
    „Würden Sie es wirklich für ein Glück halten, mit mir ein liebes Heim Ihr eigen nennen zu können?“
    Da schlug sie die Augen groß zu ihm auf und antwortete:
    „Monsieur Martin, ich habe keine Eltern mehr, und mein Bruder bekümmert sich um mich nicht. Ich bin fast nur auf mich angewiesen und sehne mich doch nach jemand, der gut zu mir ist, dem ich vertrauen kann und dem es eine liebe Beschäftigung wäre, sich ein wenig mit meinen kleinen Gedanken und Gefühlen zu bemühen. Das hat bis jetzt noch niemand getan. Ich lebte einsam, bis Sie kamen und mir sagten, daß Sie gern an mich dächten. Ich habe mir dann vorgestellt, wie schön es sein würde, wenn Sie mir Vater, Mutter und Bruder sein wollten. Ich würde glücklich sein. Ich sage Ihnen das aufrichtig und bitte Sie von ganzem Herzen, ebenso ehrlich zu mir zu sein. Ich fürchte mich vor dem Unglück des Lebens; aber an der Seite eines geliebten Mannes würde mich alles Leid und alle Sorge angstlos lassen. Ihm würde ich gehören, nur ihm: für ihn würde ich schaffen und arbeiten; mein Herz, meine Seele, mein ganzes Leben, mein Denken und Empfinden müßte wie ein Kristall sein, welchen er durchblicken könnte. Ich bin nicht schön; ich bin auch keine feine Dame; aber ich möchte stets so hübsch sein, daß er mich immer lieben möchte, und ich würde immer Mittel finden, mir sein Herz warm und offen zu erhalten. Würden Sie mit einer solchen Frau glücklich sein können, Monsieur Martin?“
    Das war die Sprache eines reinen Herzens, eines warmen Gemütes. Martin fühlte sich davon so ergriffen, daß seine Augen feucht wurden. Er saß im nächsten Augenblick neben ihr, er wußte gar nicht, wie es gekommen war. Er schlang seine beiden Arme um sie, zog ihr Köpfchen an seine Brust und sagte:
    „Ja, mit einer solchen Frau würde ich sehr, sehr glücklich sein. Und dieses Glück werde ich nur bei Ihnen finden. Alice, sagen Sie, ob dieses kleine, gute, reine Herzchen mir gehören möchte!“
    Er legte ihr die Hand auf den leise sich bewegenden Busen, da wo unter demselben das Herz klopfte, von welchem er sprach. Sie duldete diese Berührung, schlug die Augen zu ihm auf und antwortete unter hervorquellenden Tränen:
    „Ja, es soll Ihnen gehören, Ihnen allein, ganz allein! Wollen Sie es denn auch haben?“
    „Ob ich es haben will. Ein solches Herz ist ja kostbar, so wertvoll, daß es mit allen Schätzen der Erde nicht zu erkaufen ist. Ja, ja, und tausendmal ja, ich will es haben. Und wenn ich es nicht bekommen sollte, so würde ich alles, alles tun, um es endlich doch noch zu erlangen!“
    „So lieben Sie mich? Wirklich, wirklich?“
    „Wie sehr, o wie sehr!“
    Er legte ihr die Hand unter das zarte Kinn, hob ihr Gesichtchen zu sich empor und küßte sie auf die warmen Lippen, welche seinen Kuß leise und verschämt erwiderten. Dann aber legte sie plötzlich die Arme um seinen Nacken und sagte in bittendem Ton:
    „Martin, laß dies keinen bloßen Scherz sein. Viele tausend Männer gibt es, welche solche

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