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57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

Titel: 57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Diepesche?“
    Sie half ihm suchen und brachte schließlich den Zettel, welchen Martin nach dem Telegraphenbüro getragen hatte, in einem höchst zerknitterten Zustand aus seiner Westentasche hervor.
    „Ist sie das?“ fragte die Schwester.
    „Ja – ja! Muß le – le – lesen, entziff – siff – schiff – Schiffern.“
    Er klaubte den Zettel mühsam auseinander und rückte mit Lebensgefahr seinen Stuhl zum Tisch.
    „Aber“, meinte seine Schwester, „du wirst doch nicht noch lesen und arbeiten wollen?“
    „Wa – rum nicht? Muß – muß! Pflicht – licht! Muß morgen wissen – was in der De – Depesche steht!“
    „Lege dich doch lieber schlafen!“ riet sie ihm.
    Sie hatte die ganz richtige Ansicht, daß Martin desto eher entkommen könne, je früher ihr Bruder schlafen gehe. Dieser sagte:
    „Schla – lafen! Nein! Ich bin nicht schlä – läferig! Ich muß die de de Diepesche entziff – ziff – liff – liffern.“
    „Aber du kannst ja kaum mehr lallen!“
    „Lall –!“ Er warf ihr einen zornigen Blick zu. „Lallen? Ich will – nicht mehr lall –! Ich, der Se – sekre – kretär des Grafen Ralli – lion! Mä – mädchen, pack dich hi – naus!“
    Er stand vom Stuhl auf, packte sie an und schob sie trotz ihres Widerstrebens zu der noch offenstehenden Tür hinaus. Und als sie sich den Eintritt wieder erzwingen wollte, rief er grimmig:
    „Mache mich nicht – nicht zo – zornig! Hinaus mit dir – dir; ich muß arbei – bei – beiten.“
    Bei diesen Worten drehte er den Schlüssel um und schob sogar den Riegel vor. Er hatte sich und Martin eingeschlossen.
    „Wo – wo – ist die De – Depesche?“ fragte er dann.
    Sie war ihm entfallen und lag am Boden. Er suchte eine Weile, fand sie aber nicht. Das ermüdete ihn. Das mühsame und in seinem Zustand gefährliche Bücken hatte ihn drehend gemacht und die Geister des Weines in doppelte Aufregung versetzt.
    „Fort! Weg!“ meinte er. „Werde morgen su – suchen und sie morgen entziff – liff – liffern. Ah!“
    Er gähnte, wankte zum Bett und warf sich in voller Kleidung auf dasselbe nieder.
    Alice klopfte noch einige Male an die Tür, vergebens. Er antwortete gar nicht. Er drehte sich von einer Seite auf die andere und verfiel zuletzt in den tiefen Schlaf, welchen ein tüchtiger Rausch mit sich bringt.
    Martin hatte in seinem Versteck alles mit angehört. Er ahnte, daß von seiner eigenen Depesche die Rede sei, und als er den Zettel am Boden liegen sah, war er sogar davon überzeugt. Aber es war auch vom Krieg und von einem Feldzugsplan die Rede. Was war damit gemeint? Bot sich ihm hier etwa gar ein Fund, welcher von Wichtigkeit sein konnte?
    Er lugte unter der Tischdecke hervor. Der Schläfer regte sich nicht. Langsam und vorsichtig kroch Martin heraus und richtete sich auf. Da auf dem Tisch lag das Schriftstück. Auf die Gefahr hin, ertappt zu werden, griff er danach und schlug die erste Seite auf. Da stand in großer Frakturschrift zu lesen:
    ‚Entwurf des strategischen Aufmarsches der französischen Heere im Kriege gegen Preußen und Süddeutschland‘.
    Es durchzuckte ihn, als ob er elektrifiziert worden sei. Er war noch jung, aber entschlossen und besonnen wie ein Alter. Diesen Entwurf durfte er nicht mitnehmen; aber wie nun, wenn es ihm gelang, eine Abschrift von ihm zu nehmen? Er klinkte leise an der Tür, welche nach dem Arbeitszimmer führte. Sie öffnete sich, ohne ein Geräusch zu verursachen.
    Er hatte sein Laternchen mit, aber das Licht derselben reichte nicht aus. Die Lampe konnte ihm gefährlich werden, wenn sie hier stehenblieb. Ihr Schein konnte den Schläfer wecken, welcher jedenfalls ruhig weiterschlief, wenn es im Zimmer dunkel war. Er ergriff sie und den Entwurf und schlich sich mit beiden in das Arbeitszimmer.
    Hier gab es, wie er vermutet hatte, nicht viele Möbel. Ein Schreibtisch, ein Büchergestell und einige Stühle, das war alles, was er erblickte. Er setzte die Lampe auf den Tisch, auf welchem zehnmal mehr Papier lag, als er brauchte, und zog dann die Tür leise hinter sich zu, die er verriegelte, nachdem er aus Vorsicht den Schlüssel drüben abgezogen und hüben wieder angesteckt hatte.
    Auch Tinte und Feder waren vorhanden. Er setzte sich und begann zunächst zu lesen. Falls er ja erwischt wurde, war es gut, wenn er wenigstens den Inhalt kannte. Als er zu Ende war, verklärte sich sein Gesicht.
    „Welch ein Fund!“ dachte er. „Diese Blätter sind

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