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57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

Titel: 57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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heraufkomme, müssen Sie an der Treppe bereitstehen, mir nach oben zu folgen, natürlich mit einer Lampe. Nehmen Sie mit, was Sie hier haben und augenblicklich brauchen; denn Sie werden in diesem Paradies hier nicht wieder Engel sein.“
    Er kehrte wieder in den anderen Raum auf seinen Platz zurück. Sally zitterte vor Angst und Aufregung. Sie trat in das Seitengemach, in welchem der Wirt mit seinen drei Komplizen saß und meldete, daß sechs Flaschen Champagner bestellt worden seien. Er erhob sich, um den Wein selbst zu holen.
    Kaum hatte er die dritte Abteilung betreten, so folgte ihm Martin. Er sah ihn eben noch mit dem Licht in die Tiefe des Kellers verschwinden. So leise wie möglich, folgte er ihm. Auf der Sohle des Kellers angekommen, sah er ihn in der hintersten Ecke kauern, um die Flaschen aufzunehmen. Er zog den Totschläger hervor, schlich sich hinzu und versetzte dem Nichtsahnenden einen Hieb auf den Kopf, daß er sofort zusammenbrach.
    „So, lieber Papa Main“, murmelte er. „Tot bist du nicht, aber eine Weile wirst du doch suchen müssen, ehe du den ersten Gedanken findest. Bis dahin leihe ich mir diesen Schlüsselbund. Später kannst du ihn dir vom Tor holen.“
    Er band die Schlüssel los, verlöschte das Licht und tappte sich wieder hinauf. Droben in der dritten Abteilung, deren Tür nicht geöffnet war, erwartete ihn Sally mit einer Lampe in der Hand. Sie sah die Schlüssel und fragte bestürzt:
    „Wo aber ist der Wirt, Monsieur?“
    „Er studiert das große Einmaleins. Wenn er es auswendig kann, kommt er herauf. Jetzt vorwärts!“
    Droben, wo die Treppe in den Hausflur mündete und von wo aus man in den Hof und nach den Stockwerken gelangen konnte, war eine Tür angebracht.
    „Kann man diese Tür verschließen?“ fragte Martin leise.
    „Ja. Der Schlüssel dazu hängt auch am Bund, welches Sie hier haben.“
    „So wollen wir zuschließen, damit uns die Rotte Korah, Dathan und Abiram da unten nicht zu folgen vermag. Dann aber rasch hinauf!“ –
    Vorher war Belmonte dieselbe Treppe emporgestiegen. Im Flur angekommen, hatte er seine Laterne angebrannt und beim Schein derselben sehr leicht die weiter empor führenden Stufen gefunden. Obgleich ihm die Augenblicke kostbar erschienen, schritt er doch nur langsam weiter. Das Haus war alt. Die Treppensteine bröckelten, und die Diele des Korridors bestand aus Brettern, welche aus den Fugen gegangen waren und sehr leicht ein kreischendes Geräusch verursachen konnten. Das mußte vermieden werden.
    Er gelangte an die zweite Treppe, und es war ihm, als ob er da oben sprechen höre. Er steckte die Laterne ein, um sein Nahen nicht zu verraten und tastete sich im Finstern empor. Ja, als er den oberen Korridor erreichte, erblickte er an der rechten Seite ein Lichtviereck, welches dadurch hervorgebracht wurde, daß in einem gegenüberliegenden Raum, welcher geöffnet war, eine Lampe brannte. Er war am Ziel angelangt.
    Leise, ganz leise, Schritt für Schritt bewegte er sich vorwärts, bis er hinter der offenen Tür stand und zwischen dieser und dem Türgewand hindurchblicken konnte.
    Da stand sie, oder vielmehr hing sie vor Ermattung in ihren Fesseln. Die Augen waren geschlossen, die Wangen bleich, ja fast weiß wie Gips. Vor ihr standen Brecheisen und Dietrich, ihre Tabakspfeifen rauchend und die Schönheiten dieses nur halb verhüllten Körpers mit gierigen Augen verschlingend. Dabei warfen sie sich Bemerkungen zu, welche die Gefangene nicht zu verstehen schien, da ihr Aussehen vermuten ließ, daß sie ohnmächtig sei.
    „Denkst du wirklich, daß wir sie für die hunderttausend Francs hingeben?“ fragte Brecheisen.
    „Fällt keinem Menschen ein!“ antwortete der andere. „Der Alte muß bluten, bis wir sein ganzes Vermögen haben. Und dann –“
    „Was dann –“
    Er schnalzte mit der Zunge, schnipste mit dem Finger und sagte:
    „Dann wird sie unsere Frau.“
    „Dann erst? Warum nicht jetzt schon? Schau her, ich werde ihr einen Kuß geben, ich, einer Gräfin! Donnerwetter! Das ist auch noch nicht dagewesen!“
    Er trat näher, um seine Absicht auszuführen. Da aber zeigte es sich, daß sie doch nicht besinnungslos gewesen war. Sie war schwach, todesmatt, und gegen die Blicke dieser Buben hatte sie kein anderes Mittel gehabt, als dasjenige des kleinen Käfers, welcher sich totstellt, sobald er sich in Gefahr befindet. Verteidigen kann er sich ja nicht. Sie hatte also die Augen geschlossen, um die Blicke nicht zu fühlen und den Seelenschmerz,

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