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57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

Titel: 57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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plaudert es sich desto besser.“ –
    Am andern Morgen kam Martin nach dem Palais des Generals, um seinen Herrn einen anderen Anzug zu bringen. Bei dieser Gelegenheit legte er ihm die neugewonnene Abschrift vor. Belmonte warf einen Blick auf dieselbe. Sein Wangen röteten sich noch tiefer, als es gewöhnlich bei freudigen Anlässen bei ihm zu geschehen pflegte.
    „Mensch, du bist mir ein Rätsel!“ rief er aus. „Woher hast du nun wieder dieses hochwichtige Stück?“
    „Aus meiner Quelle, Monsieur Belmonte.“
    „Aus der Quelle, welche Alice heißt?“
    „Ja. Ihr Bruder hatte es da liegen.“
    „Welche Unvorsichtigkeit! Sie alle sind wert, gehangen zu werden, dieser Sekretär, dieser Graf Rallion und alle, die bei und mit ihnen beschäftigt sind. Schreibe es sofort ins Reine! Du bist ein wahrer Liebling des Glücks. Man wird gar nicht umhin können, seiner Zeit sich deiner zu erinnern.“
    Einige Zeit später ließ er anfragen, ob der General geneigt sei, ihn zur Morgenvisite zu empfangen, und erhielt sofort eine zustimmende Antwort. Er warf einen Blick in den Spiegel und durfte mit sich zufrieden sein. Daß er den linken Arm in der Binde trug, konnte ihm in den Augen des Generals doch nur ein gewisses Relief verleihen.
    Als er bei demselben eintrat, fand er seine Enkelin bei ihm. Sie war entzückend und schön. Die körperlichen und seelischen Leiden des letzten Tages hatten sie angegriffen. Die Stricke, in denen sie fast ebenso sehr gehangen wie gestanden hatte, mochten ihr zartes Fleisch verletzt haben; aber der lebhafte Glanz ihres Auges bewies, daß sie sich bereits auf dem Weg der Erholung befinde.
    Ein dünnes weißes Morgenkleid, von Rosaschleifen vorn zugehalten, umhüllte ihren Körper. Sie lag wie ein Engel in dem bequemen Fauteuil. Arthur hätte vor sie hinknien können, um sie anzubeten.
    Der General erhob sich, sobald er ihn erblickte und kam ihm entgegen. Er gab ihm in offener Freundlichkeit die Hand und sagte:
    „Willkommen, Monsieur Belmonte. Verzeihen Sie Ella, daß sie sich nicht erhebt! Ich habe sie gebeten, sich zu schonen.“
    Arthur machte ihr eine Verbeugung, welche selbst eine Französin tadellos nennen mußte. Als er näher trat, reichte sie ihm ihr Händchen entgegen.
    „Mein Retter!“ sagte sie flüsternd.
    In diesem Augenblick schien ihr Gesicht nicht Fleisch und Blut, sondern nur ganz Seele, ganz Gemüt zu sein. Und doch lag eine tiefe, tiefe Röte auf demselben, denn bei dem Wort Retter mußte sie natürlich zuerst an den Augenblick denken, in welchem er bei ihr eingetreten war, und an das Derangement, welches ihre Toilette dabei gezeigt hatte.
    Er beugte sich tief, sehr tief nieder, als ob sie eine Königin sei, ergriff das dargebotene Händchen, um es ehrfurchtsvoll an seine Lippen zu drücken, und antwortete:
    „Den tiefsten, den allertiefsten Dank, Komtesse.“
    Sie warf einen schnellen Blick zu ihm empor, als habe sie ihn nicht verstanden; aber sogleich wußte sie auch, was er meinte. Er bedankte sich, daß er hatte ihr Retter sein dürfen. Das war das größte Kompliment, welches er ihr machen konnte.
    Die herzlichste Dankbarkeit, welche Großvater und Enkelin beseelte, half gedankenschnell über das Formelle und Steife einer ersten Vorstellung hinweg. Er mußte erzählen, wie er zu der Ahnung gekommen sei, daß die Vermißte sich in der Spelunke befinde, die er nur aus geschäftlichen Rücksichten betreten haben konnte. Er berichtete dann weiter. Er tat, als ob man ihm und Martin nicht den mindesten Dank schulde und suchte nur das, was die Kellnerin getan hatte, in das rechte Licht zu stellen. Sein Vortrag war fließend und von jenen ästhetischen Wellen getragen, welche nur dem Seelenleben eines hochgebildeten Geistes eigen sein können.
    Beide hörten ihm mit Spannung zu und blickten, als er geendet hatte, einander an, als wollten sie sich fragen:
    „Ist das wirklich ein Weinhändler? Man möchte alles darauf wetten, daß er etwas anderes, Besseres, weit Distinguierteres sei.“
    Der Graf nickte sodann leise vor sich nieder und sagte:
    „Sie sind nicht nur ein kühner, scharfsinniger und gewandter Mann, sondern, was bei mir noch mehr gilt, auch ein guter Mensch. Ihre Schilderung dieser Sally hat mich tief gerührt. Sie soll einstweilen bei mir bleiben, und dann werde ich reichlich für sie sorgen. Wie aber soll ich Ihnen dankbar sein?“
    Da schüttelte Ella das holde Köpfchen und sagte:
    „Das ist unmöglich, Papa. Er hat für mich sein Blut vergossen; er ist

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