Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris

Titel: 57 - Die Liebe des Ulanen 03 - Die Spione von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
zieht? Begreift der Mensch die Zuneigung, welche er für den einen, und die Abneigung, welche er gegen den anderen hegt, ohne daß diese beiden etwas getan haben, sich diese Sympathie und Antipathie zu verdienen? Ich verlasse morgen Dresden mit der Überzeugung, daß ich diesen Maler nicht zum letzten Mal sehe.“
    „Wann reisen wir?“
    „Es war für früh bestimmt.“
    „Ist nicht ein kurzer Aufschub möglich, liebe Tante?“
    „Wozu? Hast du noch etwas zu besorgen?“
    „Eigentlich nicht. Ich wünsche nur, einen Spaziergang zu machen.“
    „Wegen eines Spazierganges die Abreise verzögern? Jetzt bist du es, die mir unerklärlich wird!“
    „Erlaube mir, dir das Rätsel zu lösen. Es gilt dem Andenken meines Bruders.“
    „Das klingt nur noch rätselhafter!“
    „Weil du nicht weißt, daß Richard eine Liebe hat.“
    „Eine Liebe? Kind, das ist mir allerdings im höchsten Grad interessant! Richard, der ernste Offizier, der Frauenfeind, der keine Gesellschaft besuchte und nur seinem Dienst und seinen Büchern zu leben schien? Der Heuchler!“
    „Verzeih, liebe Tante. Es hat eine eigentümliche Bewandtnis um diese Liebe. Du weißt doch, daß er einige Zeit in dienstlichen Angelegenheiten in Dresden war?“
    „Ja. Er hat ja den Auftrag zu dieser Reise von meinem Mann erhalten.“
    „Nun, auf einem Spazierritt nach Blasewitz ist ihm eine Dame begegnet – –“
    „In welche er sich augenblicklich verliebt hat?“ fiel die Generalin ein.
    „Allerdings. Es ist kaum glaublich. Sie im Wagen und er zu Pferd, sind sie schnell, gedankenschnell aneinander vorübergeflogen; er hat sie nur mit einem flüchtigen Blick gestreift, und doch ist er seit diesem Moment nicht mehr Herr seines Herzens gewesen.“
    „Ja, ja, so ist die Liebe! So ging es auch mir, und so ging es auch Kunz, als wir uns in Paris zum ersten Mal erblickten. So ist es auch meiner Schwester Ida und deinem Vater ergangen. Die Liebe ist eine Macht, welcher niemand zu widerstehen vermag. Sie bedarf nur eines Augenblicks, um zu siegen.“
    „Er hat natürlich nicht gewußt, wer sie ist“, fuhr Emma von Königsau fort; „aber sie ist ihm keinen Augenblick aus dem Sinn gekommen.“
    „Hat er nicht nach ihr geforscht?“
    „Es ist vergeblich gewesen. Aber jetzt, jetzt hat er sie gefunden, ganz plötzlich und unerwartet, wie er mir schreibt.“
    „Wo?“
    „Ja, liebes Tantchen, weißt du denn eigentlich, wo er sich befindet?“
    „Nein.“
    „Und der Onkel hat es dir auch nicht mitgeteilt?“
    „Er hat mir kein Wort gesagt. Ist Richard in dienstlichen Angelegenheiten abwesend?“
    „Ja. Der Ort, an welchem er sich befindet, muß ein tiefes Geheimnis bleiben.“
    „So will ich dich auch nicht fragen, denn ich weiß, daß du doch nichts ausplaudern würdest. Aber was hat dieses alles mit deinem Spaziergang nach Blasewitz zu schaffen?“
    „Sehr viel. Dieser Spaziergang ist eine Art der Pietät, der schwesterlichen Teilnahme. Ich will einmal den Weg gehen, den er damals geritten ist. Ich will den Ort sehen, an welchem er sein Herz verloren hat.“
    „Ah, das ist es? Nun, da darf ich dir nicht widerstreben. Gehen wir also nach Blasewitz; wir erreichen Berlin ja immer noch bei guter Tageszeit.“
    Der nächste Morgen war schön, so daß die Damen beschlossen, den Weg zu Fuß zu machen. Einige Zeit darauf brachte ein Reitknecht zwei Pferde geführt, mit denen er bei dem Hotel der beiden Maler anhielt. Schneffke hatte bereits gewartet, und die Tiere infolgedessen sofort bemerkt. Er kam eiligst zu Haller und rief bereits während des Türöffnens:
    „Sie sind da, Herr Kollege. Es kann losgehen.“
    „Wer ist da?“
    „Die Pferde.“
    „Ach so! Wie ich sehe, sind Sie bereit! Sapperlot, wo haben Sie denn diese fürchterlichen Sporen her?“
    Der Dicke hatte den unteren Teil der Hosen in die Stiefelschäfte gesteckt und ein Paar ungeheure Sporen angeschnallt.
    „Von dem Antiquar da drüben in der Frauenstraße. Sie gefielen mir. Natürlich habe ich sie mir bloß geliehen. Zum Kaufen sind sie mir zu teuer. Es sind nämlich echte mexikanische; der Antiquar sagte, daß sie einst dem König Quatemozin gehört hätten.“
    „Und das glauben Sie?“
    „Unsinn! Sie gefallen mir; das ist genug. Eine Peitsche habe ich auch. Sie liegt drüben in meinem Zimmer. Donnerwetter! Ich werde ihnen etwas vorreiten. Die ganze hohe Schule nehme ich durch. Zuletzt ein waghalsiges Ventre-à-terre. Und damit ich dabei den Hut nicht verliere, habe ich ihn mir mit

Weitere Kostenlose Bücher