58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien
dazu!“
„Nicht das mindeste. Der verstorbene Verwalter ist ja zugegen gewesen, als Frau Charbonnier meine Frau gebeten hat, das Bild mitzunehmen; er hat aber stets behauptet, daß es uns nicht ausdrücklich geschenkt worden sei.“
„So hat er es wohl für die beiden Mädchen reklamiert?“
„Ja, scheinbar, in Wirklichkeit aber jedenfalls für sich.“
„Vielleicht hat er geahnt, daß es irgendeine Bewandtnis mit dem Bild hat.“
„Es wird wohl so sein.“
„Würden Sie mir erlauben, es einmal zu betrachten?“
„Sehr gern! Marie, nimm es einmal herab!“
Das Mädchen stellte sich einen Stuhl an die Wand, konnte aber das Gemälde noch nicht gut erreichen; darum nahm Schneffke einen zweiten Stuhl, um ihr zu helfen. So standen sie nebeneinander auf den Stühlen, und gerade als es ihnen gelungen war, das Bild vom Nagel zu nehmen, wackelte Maries Stuhl. Schneffke glaubte, sie würde fallen und bog sich zu ihr hinüber, um sie zu halten. Dadurch verlor er das Gleichgewicht und – stürzte selbst herab. Er hielt selbst im Fallen das Bild noch fest. Marie ließ auch nicht los, da sie das Glas nicht zerbrechen lassen wollte, und so kam es, daß auch sie die Balance verlor und im nächsten Augenblick auf den dicken Maler fiel.
„Mein Gott!“ rief der Beschließer. „Welch ein Unglück!“
Er kam herbeigeeilt.
„Es ist doch nichts zerbrochen?“ fragte die Beschließerin voller Angst.
„Nein“, antwortete Schneffke, am Boden liegend. „Das Glas ist noch ganz, es ist nicht zerbrochen.“
„Das meine ich nicht; aber Sie, Monsieur; sind Sie noch ganz?“
„Ich werde nachsehen.“
Marie hatte sich schnell aufgerafft. Ihr hübsches Gesichtchen glühte vor Verlegenheit. Schneffke stand langsam auf, betastete sich, streckte die Arme aus, hob ein Bein nach dem andern in die Höhe und sagte dann lachend:
„Unbeschädigt! Ich bin auch nicht entzwei.“
„Welch ein Glück!“ meinte die Frau. „Das sah wirklich ganz gefährlich aus!“
Der Maler schüttelte den Kopf, strich sich mit beiden Händen denjenigen Teil seines Körpers, auf welchem er damals in Tharandts ‚Heiligen Hallen‘ die Schlittenpartie gemacht hatte, und antwortete gutmütig:
„Es war nicht so schlimm, wie Sie gedacht hatten, Madame. Ich falle sehr weich.“
„Das scheint wahr zu sein“, lachte der Beschließer. „Ich glaube, Marie ist schuld gewesen.“
„Nein“, meinte Schneffke. „Die Schuld liegt an mir. Nur gut, daß wir nicht das Bild zerbrochen haben. Lassen Sie es mich betrachten.“
Er trug es in die Nähe des Fensters und untersuchte das Gemälde.
„Sehen Sie“, sagte er nach einiger Zeit. „Hier unten in der Ecke steht ein M mit einem Strich hindurch. Es ist allerdings kaum noch zu erkennen. Das ist das Faksimile des berühmten Porzellanmalers Merlin in Marseille, der allerdings seit längerer Zeit tot ist. Das Porträt ist ein Meisterstück, hat aber sehr gelitten, da es weit transportiert worden ist. Die Farbe ist ausgestaubt.“
„Geht das nicht auszubessern?“
„O doch! Soll ich es machen?“
„Ah, wären Sie bereit dazu?“
„Gewiß! Sie brauchen mich das Gemälde nur mitnehmen zu lassen. In zwei Tagen bin ich fertig.“
„Mit hinüber zu Berteu? Das möchte ich unter den Umständen nicht wagen.“
„Warum nicht?“
„Wer weiß, ob ich es wieder bekäme.“
„Sapperlot! Mißtrauen Sie mir?“
„O nein. Aber Berteu ist gewalttätig. Er würde Sie vielleicht hindern, mir das Bild zurückzugeben.“
„Hm! Was ist da zu machen?“
„Vielleicht könnten Sie sich entschließen, die Reparatur bei uns vorzunehmen.“
Das war dem guten Schneffke sehr willkommen. Auf diese Weise fand er ja Veranlassung, in der Nähe der hübschen Marie zu verweilen.
„Ich bin gern bereit dazu“, sagte er, „fürchte aber, Ihnen lästig zu fallen.“
„Keineswegs! Sie sind uns herzlich willkommen. Aber einen Punkt müssen wir vorher besprechen –!“
„Ah! Sie meinen das Honorar? Sorgen Sie sich nicht. Ich unternehme diese Arbeit zu meinem Vergnügen. Ich lerne dabei; ich übe mich. Meinen Sie, daß ich mich dafür auch noch bezahlen lassen soll?“
„Sie sind sehr nachsichtig, Monsieur. Wann dürfen wir Sie da erwarten?“
„Kann ich morgen Vormittag beginnen?“
„Zu jeder Zeit, und ganz nach Ihrem Belieben! Aber, Monsieur, weiß Berteu von Ihrem gegenwärtigen Besuch?“
„Bis jetzt wohl schwerlich.“
„Er wird erfahren, daß Sie zu uns gehen?“
„Jedenfalls.“
„Sie
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