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58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien

Titel: 58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Art Diplomat sind. Diese Herren sehen hinter jedem Wort ein Geheimnis.“
    „Hier aber handelt es sich in Wahrheit um ein solches.“
    „Vielleicht sind Sie selbst dieses Geheimnis“, antwortete Müller.
    „Oder Sie?“
    Er fixierte den Erzieher abermals und fuhr dann fort:
    „Mir ist, als ob ich Sie bereits gesehen hätte.“
    „Ich war nie in Amerika.“
    „Da nicht.“
    „Auch nie in Südfrankreich.“
    „Ich meine nicht, daß ich Sie, ihre wirkliche Person gesehen habe, sondern ich finde in Ihren Zügen etwas, so etwas, wie nenne ich es nur? So etwas Bekanntes, Anheimelndes.“
    „Anheimelnd? Der Deutsche, den Sie hassen!“
    „Dennoch! Ich möchte allerdings in diesem Augenblick sagen, daß ich doch nicht alle Deutschen hasse! Sie haben gewisse Züge, die mir entweder bereits lieb sind oder lieb werden könnten, ich weiß nur nicht – ah, da fällt es mir ein.“
    Er faßte Müller beim Arm und drehte ihn so, daß er sein Profil vor sich hatte.
    „Ja“, sagte er; „so ist es! Es ist kein Irrtum. Es sind dieselben Grundzüge, nur schärfer, ausgeprägter, mit einem Wort, männlicher! Waren Sie in England?“
    „Nein.“
    „Haben Sie Verwandte dort?“
    „Auch nicht.“
    Müller ahnte, was kommen werde. Er war zu scharfsinnig, um es nicht sofort zu vermuten, behielt aber seine ganz und gar unbefangene Miene bei und fragte:
    „Es gibt wohl irgendeine zufällige Ähnlichkeit?“
    „Ja.“
    „Darf ich fragen mit wem?“
    „Mit einer Dame.“
    „Ihrer Bekanntschaft?“
    „Eigentlich nicht, obgleich ich sie gesehen und gesprochen habe.“
    „Fast möchte ich neugierig werden.“
    „Auch Sie haben sie gesehen. Erinnern Sie sich Miß de Lissa, jener Engländerin, welche heute die Verwundeten mit verband?“
    „Ja. Sie war meist in Gesellschaft unserer gnädigen Baronesse Marion.“
    „Ja, ich bin mit ihr von Trier aus gefahren und hatte das Glück, sie zu retten. Mit dieser Dame haben Sie eine Ähnlichkeit. Jetzt weiß ich es ganz genau.“
    „So ist es eben nur ein Zufall, wie so oft.“
    „Gewiß. Diese Dame hat einen eigentümlichen, ich möchte sogar sagen, einen tiefen Eindruck auf mich gemacht, und jedenfalls trägt diese Ähnlichkeit die Schuld, daß ich in Ihnen nicht den Deutschen vor mir habe.“
    „So bin ich dieser Dame zu großem Dank verpflichtet.“
    „Das soll heißen, daß Sie auch gegen mich keine Abneigung empfinden?“
    „Ja, das wollte ich sagen.“
    „Gut, mein Lieber. Lassen Sie uns, wenn auch nicht Freunde, aber doch auch keine Feinde sein.“
    „Gern, gern. Und wunderbar! Was mich zu Ihnen zieht, scheint auch eine Ähnlichkeit zu sein.“
    „Ah! Das wäre allerdings ungewöhnlich.“
    „Es ist wirklich so. Ich kenne eine Dame –“
    „Eine Dame?“ fiel der Amerikaner lachend ein. „Bin auch ich einer Dame ähnlich?“
    „Ja.“
    „Für welche Sie Sympathie hegen?“
    „Gewiß.“
    „Das ist lustig, Monsieur Müller. Wer ist diese Dame?“
    „Die Gesellschafterin der Baronesse.“
    „Sie wohnt also hier auf Ortry?“
    „Ja, ist aber gegenwärtig verreist.“
    „So bin ich neugierig, sie zu sehen. Wann kehrt sie zurück?“
    „Vielleicht übermorgen. Sie ging, ihren Vater zu begraben.“
    „Wie heißt sie?“
    „Nanon Charbonnier.“
    „Nanon! Welch ein Name. Ich hatte einst – ah, das gehört ja nicht hierher. Also ihr sehe ich ähnlich.“
    „Ja.“
    „Das ist ebenfalls Zufall.“
    „Ich bezweifle es nicht. Aber die Dame, welcher ich ähnlich sehe, muß ich mir doch einmal genauer betrachten. Kennen Sie ihren vollständigen Namen?“
    „Miß Harriet de Lissa aus London.“
    „Wo wohnt sie?“
    „Bei einem Doktor Bertrand in Thionville.“
    „Hm! Man müßte einmal Patient sein.“
    „Das ist nicht nötig. Ich bin überzeugt, daß Sie diese Dame hier auf Ortry sehen werden.“
    „Wirklich?“
    „Ja. Baronesse Marion scheint Freundschaft mit ihr geschlossen zu haben und sprach davon, sie einzuladen. Es war das heute beim Nachtisch, als Sie sich bereits von der Tafel entfernt hatten.“
    „Diese Einladung ist nicht so leicht; sie hängt von dem Willen des Kapitäns ab, welcher hier ein sehr strenges Regiment zu führen gewohnt ist.“
    „Pah! Gastfreundschaft wird doch gepflegt?“
    „Auf Ortry nicht. Der Kapitän ist nicht gesellig.“
    „Das habe ich bemerkt. Ich bin an ihn adressiert; ich wurde nach Ortry eingeladen; der Kapitän hat mich an der Bahn gesehen und mir die Weisung gegeben, auf das Schloß zu kommen, und dennoch

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