58 - Die Liebe des Ulanen 04 - Hinter feindlichen Linien
gestorben ist. Sie will ihn begraben lassen, und ich soll die Ehre haben, sie zu begleiten.“
„Du, du!“ drohte Müller mit dem Finger. „Was soll ich davon denken? Ich will doch nicht hoffen, daß –“
Er hielt inne, und Fritz fiel schnell ein:
„Daß ich etwa nicht der Kerl bin, eine Dame zu begleiten und zu beschützen?“
„Eine alte, eine recht alte, ja; aber eine so junge und zugleich hübsche? Nein!“
„Donnerwetter! Ein königlich preußischer Ulanenwachtmei –“
„Pst!“ warnte Müller.
„Ach so! Ich wollte sagen, ein französischer Kräuterfex, der mit Blumen und Blättern umzugehen weiß, wird wohl auch verstehen, eine junge Dame zart genug anzufassen!“
„Also beim Anfassen bist du schon?“
„Warum nicht?“
„Duldet sie das?“
„Was will sie machen?“
„Hm! Wie kommt sie denn gerade auf dich?“
„Da ist jedenfalls nur der Kräutersack schuld.“
„Wieso?“
„Weil der ihr stets als Kanapee dient.“
„Ach so! Ich beginne zu begreifen! Ihr trefft euch zuweilen im Wald?“
„Freilich.“
„So ganz zufällig?“
„Ganz und gar.“
„Dann setzt ihr euch nieder und plaudert?“
„Natürlich.“
„Sie sitzt auf dem Sack?“
„Gewöhnlich.“
„Und du daneben?“
„Zuweilen. Es kommt auch vor, daß ich liege. Wir haben nämlich bei unseren Konferenzen jede Etikette verbannt.“
„Das ist sehr praktisch. Und wovon unterhaltet ihr euch?“
„Vom Wetter, von Frostballen, von Klarinetten und auch wohl von sauren Gurken und hölzernen Pantoffeln.“
„Schlingel. Gibt es keinen besseren und interessanteren Unterhaltungsstoff?“
„O doch!“
„Nun?“
„Wir gucken uns an. Das ist das Liebste und Interessanteste, was wir machen können.“
„Fritz, du bist verliebt!“
„Donnerwetter, ja, das ist wahr!“
„Und sie, die Nanon?“
„Die wohl schwerlich. Leider! So ein kleines Mäuschen wird sich in so einen großen Bären vergaffen!“
„Das ist richtig. Du hast übrigens auch ganz und gar nichts an dir, was geeignet sein könnte, das Herz eines jungen, hübschen Mädchens zu erobern!“
„Ah! Wirklich? Ja, das kann wahr sein. Es fehlt mir das Haupterfordernis, um Liebe und Anbetung zu erwecken.“
„Was?“
„Der Buckel, den Sie haben.“
„Du bist ein Galgenstrick! Aber lassen wir diese heikle Angelegenheit. Deine Bekanntschaft mit Nanon Köhler kann uns sehr nützlich werden. Wie lange soll der Urlaub währen?“
„Das weiß ich nicht. Doch wohl nicht länger als bis übermorgen abend oder den nächsten Vormittag.“
„Wann fahrt ihr ab?“
„Morgen mit dem Mittagszuge.“
„Nun gut! Du sollst den Urlaub haben, und hier auch das Reisegeld. Da, nimm!“
Er zog die Börse und reichte dem Wachtmeister einige Goldstücke hin; dieser nahm sie mit lachender Miene in Empfang und sagte:
„Großen Dank, Herr Doktor! Auf diese Weise kann ich nobel auftreten und mich sehen lassen. Das ist mir besonders deshalb lieb, weil eine alte, gute Bekannte mitfahren wird.“
Müller horchte auf.
„Eine Bekannte?“ fragte er. „Von hier?“
„Nein, sondern von Berlin.“
„Das wäre?“ fragte Müller erstaunt.
Fritz streckte behaglich die Beine aus, machte ein höchst wichtiges Gesicht und sagte:
„Ja, mein verehrtester Herr Doktor, das ist eine ganz verteufelte Geschichte. Wir können gewaltig in den Käse fliegen. Wer hätte aber auch so etwas denken können.“
„Du machst mich besorgt. Was gibt es denn?“
„Hm. Sie kennen doch die Familie des Husarenrittmeisters von Hohenthal?“
„Natürlich! Ich bin ja mit dem Rittmeister innig befreundet. Wir besuchen uns sogar.“
„Das weiß ich. Sie kennen also auch die Gesellschafterin seiner gnädigen Frau Mutter?“
„Die kleine Madelon? Ja.“
„Fällt Ihnen nicht auf, daß sie gerade Madelon heißt?“
„Warum sollte mir das auffallen? Wohl weil dieser Vorname ein französischer ist?“
„Ja. Nanon und Madelon, Madelon und Nanon. Ist Ihnen der Familienname dieser kleinen Dame bekannt?“
„Hm. Ich glaube, ihn gehört zu haben. Ah, jetzt fällt er mir ein. Ich glaube, daß der Rittmeister ‚Fräulein Köhler‘ zu ihr sagte.“
„So ist es. Und Nanon heißt auch Köhler. Daraus folgt, daß –“
„Daß sie verwandt sind?“ fiel Müller schnell ein.
„Sogar, daß sie Schwestern sind.“
„Sapperment. Ist das wahr?“
„Ja. Nanon hat es mir selbst gesagt.“
„Und ich habe keine Ahnung davon gehabt. Wer hätte das denken können. Du willst
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