59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan
das?“ fragte Ella.
„Ein preußisches Signal“, antwortete der General. „Es wird wohl heißen sollen: fertig zur Attacke! Ich weiß es nicht genau.“
„Unsere Reiter erstaunen. Sie blicken alle nach dem Schloßtor!“
„Dieser Rittmeister ist wahrhaftig so tollkühn, das Tor öffnen zu lassen. Ich glaube gar, er hat seine Husaren im Inneren des Hauses aufsitzen lassen. Hört!“
Von drüben her, wo die Franzosen hielten, hörte man ein schallendes Gelächter. Die Dragoner und Kürassiere machten Front gegen den Eingang des Schlosses und nahmen die Karabiner auf.
„Die Husaren sind verloren, wenn sie jetzt wirklich die Attacke ausführen“, sagte der General.
Ella legte die Hände auf die Brust.
„Herrgott, wende das ab“, flüsterte sie.
Drüben, wo Oberst Rallion hielt, ertönten laute Kommandorufe. Seine Truppen dehnten sich aus. Das vordere Glied legte das Gewehr im Knien an, und das hintere Glied zielte im Stehen. So erwarteten sie die Husaren, welche aber nicht so dumm waren, im Vordergrund des Flurs zu erscheinen.
„Jetzt, im nächsten Augenblick werden unsere Reiter Feuer geben“, sagte der General. „Und heiliger Himmel! Da drüben, da drüben!“
Er deutete nach dem Waldrand hinüber, den ihre Augen in den letzten Minuten vernachlässigt hatten. Dort debouchierten die Ulanen hervor, nahmen Front und – voran die Offiziere, von denen einer, nämlich Königsau, den Degen schwenkte; sie kamen herangedonnert, erst im Trab, dann im Galopp, und dann in voller sausender Karriere.
Das war so schnell gegangen, daß die Franzosen gar nichts bemerkt hatten. Jetzt, da der Boden unter den Hufen der feindlichen Rosse erdröhnte, wendeten sie die Köpfe.
„Hurra! Hurra! Preußen hoch!“
So ertönte es auch vom Schloß her. Durch das geöffnete Portal drangen die Husaren. Mit hochgeschwungenem Säbel stürzten sie sich von dieser Seite auf die Franzosen.
„Herr, mein Heiland“, stöhnte Mama Melac. „Das kann ich nicht ersehen.“
„Herrlich, herrlich!“
Dieser Ruf entfuhr dem Mund des Generals. Er konnte nichts dafür, er mußte dem Feind Bewunderung zollen.
Die Anführer der Franzosen hatten sich bisher ziemlich ferngehalten, so daß ihre Gesichtszüge nicht zu unterscheiden gewesen waren. Und da Rittmeister von Hohenthal nichts über die Unterredung des Parlamentärs mit dem Obersten Rallion geäußert hatte, so wußte Marion gar nicht, wer diejenigen eigentlich waren, die in das Schloß dringen wollten.
Sie hatte wohl bemerkt, daß sich ein Zivilist bei den Offizieren befand und dieser ein alter Herr sein müsse. Jetzt, als die Ulanen herangestürmt kamen, und die Franzosen diesen unerwarteten Feind bemerkten, gab der Alte seinem Pferd die Sporen und riß es plötzlich zur Seite. Es stieg in die Höhe und galoppierte dem entgegengesetzten Teil des Waldes zu. Hierbei sah der Alte voller Angst zurück, so daß Marion sein Gesicht erkennen konnte.
„Himmel! Der Kapitän!“ rief sie aus.
„Welcher?“ fragte Ella.
„Richemonte!“
„Der Peiniger? Wo?“
„Dort – der Alte, welcher eben im Wald verschwindet!“
„So ist es auf dich abgesehen gewesen!“
„Jedenfalls! Allen Heiligen sei Dank! Er ist fort!“
Die Attacke war auf das glänzendste gelungen; aber die Übermacht war doch zu groß. Die Franzosen wehrten sich wie die Teufel. Zuerst waren sie einfach überritten worden, wobei die Lanzen entsetzlich gewirkt hatten. Nun aber stellten sie sich zur Wehr. Sie ergriffen die ihnen entfallenen Karabiner, oder sie zogen blank. Es gelang ihnen zwar nicht, zu ihren Pferden zu kommen, aber sie kämpften zu Fuß. Das Gefecht löste sich in Einzelkämpfe auf.
„Dort, der Oberst!“ rief der alte General begeistert. „Er verteidigt sich gegen zwei Husaren. Ein tüchtiger Fechter. Ah, wirklich, den kenne ich! Das ist Rallion!“
„Rallion?“ fragte Marion. „Ja, ja gewiß! Jetzt erkenne ich ihn auch! Es war also wirklich auf mich abgesehen. Wie wird das enden!“
„Welcher mag denn wohl Königsau sein?“ flüsterte ihr Ella zu.
„Der Anführer, welcher voranritt!“ antwortete sie.
„Wo ist er?“
„Der Anführer?“ fragte der General. „Da ist er, mitten im Knäuel drin. Er trägt die Abzeichen eines Majors. Mille tonnerres, ist das ein Kerl. Seht, wie er mit dem Säbel umzugehen versteht! In der Rechten den Degen, und in der Linken den Revolver!“
Marion faltete die Hände. Sie sah ihn; sie stieß einen lauten Angstschrei aus.
„Herrgott!“ rief
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