Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan

59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan

Titel: 59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
nahm, in der Nähe desselben angekommen, die Haltung eines unbefangenen Spaziergängers an.

ZWEITES KAPITEL
    Im Labyrinth der Kammern
    Vorher war der Briefträger gekommen und auf dem Hof dem alten Kapitän begegnet.
    „Für mich etwas?“ fragte dieser.
    „Nein.“
    „Für wen sonst?“
    „Für das gnädige Fräulein“, antwortete der Briefträger.
    „Brief?“
    „Ja.“
    Marion befand sich bei Nanon und Madelon, als sie den Brief erhielt. Er trug den Poststempel Etain. Das befremdete sie, da sie dorthin keine Korrespondenz hatte. Aber die Erklärung kam sogleich, als sie ihn las. Ihr freudiges Lächeln verkündete den beiden andern, daß der Inhalt ein guter sei.
    „Wißt Ihr, wo dieser Brief geschrieben wurde?“ fragte sie.
    „Wie können wir das wissen?“ antwortete Nanon.
    „Auf Schloß Malineau.“
    „Wirklich? Ah! Von wem denn?“
    „Hört!“
    Sie las vor:
    „Meine gute Marion!
    Dir für Deine lieben Zeilen herzlich dankend, bin ich gezwungen, Dich um Entschuldigung zu bitten, daß ich Dir nicht eher geantwortet habe. Aber wir hatten so viel zu tun, daß mir das Schreiben zur Unmöglichkeit wurde.
    Jetzt nun benutze ich die erste freie Viertelstunde, um Dir mitzuteilen, daß ich mit Großpapa auf Malineau angekommen bin, um die nächste Zeit hier zu verweilen.
    Wäre es Dir nicht möglich, meine herzige Freundin, mir Deine Gegenwart zu schenken? Ich sehne mich so sehr nach Dir; ich habe Dir so viel zu erzählen, und nach Ortry zu kommen, das geht ja nicht. Du weißt, welche Furcht ich vor diesem alten, weißbärtigen Kapitän habe.
    Also komm, komm recht bald. Auch Großpapa lädt Dich dringend ein, und mit größter Ungeduld erwartet Dich Deine
    Ella von Latreau.“
    Marion hatte noch das letzte Wort dieses Briefes auf den Lippen, da klopfte es höflich an, und Müller trat ein. Er sah den Brief in Marions Händen und sagte also:
    „Ich störe. Entschuldigung! Ich würde mich sofort zurückziehen, aber ich komme mit einer Bitte, welche ich nicht gern aufschieben möchte.“
    „Sie sind mir zu jeder Zeit willkommen, Herr Doktor“, antwortete Marion. „Sprechen Sie also die Bitte aus. Ich werde ja sehen, ob es sehr schwer ist, Ihnen die Erfüllung derselben zu gewähren.“
    „Ich habe sie nicht an Sie, gnädiges Fräulein, sondern an diese beiden Damen zu richten.“
    „Unter vier Augen?“
    „Nein. Haben die beiden Demoiselles vielleicht Zeit, einen Spaziergang nach Thionville zu unternehmen?“
    „Wann?“
    „Allerdings sofort.“
    „Was sollen wir dort?“ fragte Nanon.
    „Doktor Bertrand erwartet Sie.“
    „Bertrand? Sofort? Das muß eine wichtige Veranlassung haben, wie sich vermuten läßt.“
    „Sie vermuten richtig.“
    „Wissen Sie, was wir bei ihm sollen, und dürfen wir es erfahren?“
    „Hm! Ich weiß das nicht genau. Ich denke vielmehr, daß ich jetzt nicht davon sprechen sollte.“
    „Oh, dann ist es etwas Schlimmes!“
    „Nein, nein, sondern im Gegenteil etwas sehr Erfreuliches.“
    „Wirklich? Nun, dann dürfen Sie es uns auch sagen. Bitte, bitte, Herr Doktor!“
    Er zuckte zögernd die Achsel. Aber Marion nahm sich der beiden Damen an, indem sie zu dem Schweigsamen sagte:
    „Werden Sie auch zu mir so schweigsam bleiben, wenn ich Ihnen sage, daß ich sehr wißbegierig bin?“
    „Wer kann da widerstehen, gnädiges Fräulein! Es handelt sich nämlich um das Geheimnis, welches die Abstammung dieser Damen umgibt.“
    Sofort eilten Nanon und Madelon auf ihn zu. Die eine faßte ihn hüben und die andere drüben. Beide bestürmten ihn mit dem Verlangen, mehr zu sagen.
    „Ich habe wohl bereits mehr verraten, als ich sollte“, meinte er.
    „Wer hat Ihnen denn verboten zu sprechen?“
    „Niemand.“
    „Nun, so dürfen Sie ja reden.“
    „Ich möchte Ihnen die Überraschung nicht verderben.“
    „Wollen Sie etwa, daß wir unterwegs vor unbefriedigter Neugierde sterben?“
    „Nein; so grausam bin ich freilich nicht.“
    „Also bitte, bitte!“
    „Nun, es hat sich eine Spur entdecken lassen, welche, wenn sie verfolgt wird, auf den Namen Ihres Vaters führt.“
    „Unseres Vaters?“ fragte Madelon schnell. „Eine Spur von ihm? Wer hat sie gefunden?“
    „Ein Maler, welcher – – –“
    „Oh“, fiel Nanon schnell ein, „wohl der wunderbare kleine Dicke, welcher vom Baum stürzte?“
    „Der wird es sein, Mademoiselle Nanon.“
    „Warum kommt er nicht lieber hierher?“
    „Er scheint sich, wie so viele andere, auch vor dem Herrn Kapitän zu

Weitere Kostenlose Bücher