59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan
befahl er.
Als er dann in den Wagen stieg, herrschte er dem Kutscher die Worte zu:
„Nach Thionville! Bei Doktor Bertrand halten!“
Er konnte nicht wissen, daß der Stallknecht den Pflanzensammler für den vermeintlichen Maler Haller gehalten hatte, welche beide sich ja außerordentlich ähnlich waren. –
Als vorher Fritz Schneeberg mit dem Amerikaner die Stadt erreicht hatte, bat er diesen, zu Bertrand zu gehen. Er selbst werde sich nach dem Maler umsehen. Deep-hill ging direkt nach dem Zimmer, welches Emma von Königsau bewohnte. Er klopfte leicht an, und als er dann auf ihren Zuruf eintrat, sprang sie mit einem halblauten Ruf freudiger Überraschung von ihrem Sitze auf.
„Monsieur Deep-hill! Ah! Wieder hier?“
„Um Ihnen zu zeigen, daß ich unversehrt bin“, fügte er hinzu, ihr weißes Händchen küssend.
„Wo aber waren Sie?“
„In Gefangenschaft.“
„Unmöglich!“
„O doch“, nickte er, indem er Platz nahm.
„Aber die Polizei kann doch nicht einen solchen Fauxpas begehen, einen Mann wie Sie in Gewahrsam –“
„Die Polizei? O nein, die war es nicht. Ich befand mich in den Händen eines bodenlos niederträchtigen Schurken.“
„Wer ist er?“
„Kapitän Richemonte.“
„Ah! Was wollte er bezwecken?“
„Mir einige Millionen abnehmen und dann mich jedenfalls zu meinen Vätern versammeln.“
„Ist's möglich?“
„Ja. Sie kennen diesen Menschen ja zur Genüge.“
„Ich?“ fragte sie, ihm mit dem Ausdruck der Spannung in das Gesicht sehend.
„Ja, Sie, die Sie seine Feindin sind“, lächelte er.
„Wie kommen Sie zu dieser Annahme?“
„Auf dem einfachsten Wege: Ihr Herr Bruder hat es mir mitgeteilt.“
„Mein Bruder – – –“
„Ja. Bitte, beunruhigen Sie sich nicht, gnädiges Fräulein. Er hat mir anvertraut, daß Sie ebenso inkognito, oder Pseudonym hier sind wie er.“
Sie war natürlich verlegen geworden.
„Ich weiß nicht, welche Deutung ich Ihren Worten zu geben habe, Herr Deep-hill“, stieß sie hervor.
„Es ist mir sehr erklärlich, daß sie sich durch meine Worte befremdet fühlen. Aber was ich seit gestern erlebt habe, hat mich Ihrem Herrn Bruder so nahe gebracht, daß er Vertrauen zu mir gefaßt hat. Sie sind keine Engländerin.“
„Was sonst?“
„Eine Preußin.“
„Mein Gott! Welche Unvorsichtigkeit.“
„Bitte, erschrecken Sie nicht. Ich habe beinahe auch Lust, ein Preuße zu werden.“
„Hat er Ihnen auch unseren wirklichen Namen genannt?“
„Er hat mir die Geschichte Ihrer Familie erzählt, doch ohne einen Namen zu nennen.“
„So will ich ihm allein die Verantwortung lassen.“
„Es trifft ihn nichts derart. Ich bin sein Freund. Ich weiß, was er hier will, aber ich werde ihn nicht verraten. Er hat mich vom Tod errettet.“
„Er?“
„Ja, er und dieser brave Fritz Schneeberg, welcher jetzt in der Stadt herumläuft, um einen Menschen zu suchen, von welchem ich niemals geglaubt hätte, daß er mir nützlich werden könne.“
„Wen?“
„Den dicken Maler, welcher die Zaunlatten abbrach.“
„Schneffke? Was soll er?“
„Zu Ihnen kommen. Da habe ich wirklich vergessen, Ihnen sogleich die Hauptsache mitzuteilen. Man will sich nämlich bei Ihnen ein Rendezvous geben. Ich muß bitten, die Schuld nicht auf mich zu werfen. Ihr Herr Bruder hat dieses Arrangement entworfen.“
„Wer soll kommen?“
„Er, ich, Schneeberg, Schneffke und die Damen Nanon und Madelon von Schloß Ortry.“
„Eine wahre Volksversammlung! Zu welchem Zweck?“
„Die eigentliche Veranlassung bietet meine Person. Ich muß annehmen, daß Ihnen meine Verhältnisse unbekannt sind, gnädiges Fräulein.“
„Ich weiß, daß Sie Deep-hill heißen und Bankier in den Vereinigten Staaten sind.“
„Deep-hill ist die wirkliche Übersetzung meines französischen Namens. Eigentlich nenne ich mich Baron Gaston de Bas-Montagne. Ich vermählte mich mit einer Deutschen, welche mich während meiner Abwesenheit verließ und die beiden Kinder, zwei herzige kleine Mädchen, mit sich nahm. Ich habe lange, lange Jahre nach ihr gesucht, sie aber nicht gefunden. Heute nun erfahre ich, daß sie gestorben ist, daß aber die beiden Mädchen noch leben.“
Sie hatte ihm mit Teilnahme zugehört und fragte nun: „Wer brachte Ihnen diese Nachricht?“
„Ihr Herr Bruder.“
„Von wem mag er das haben?“
„Von Schneeberg oder Schneffke.“
„Wunderbar! Ich gönne Ihnen von ganzem Herzen das Glück, die Kinder noch am Leben zu wissen; aber man muß
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