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59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan

59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan

Titel: 59 - Die Liebe des Ulanen 05 - Entscheidung in Sedan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Überfahrt tragen werde?“
    „Gewiß, gewiß werden Sie das tun!“
    „Nein; das werde ich nicht tun! Das wird mir gar nicht einfallen!“
    Vater Main nickte ihm spöttisch lächelnd zu und sagte:
    „So ist's recht. Das habe ich vermutet. Bei Ihrem wohlbekannten guten Herzen war dies gar nicht anders von Ihnen zu erwarten.“
    „Was denn? Was war nicht anders zu erwarten?“ fragte er ziemlich verblüfft.
    „Daß Sie nicht bloß das tun werden.“
    „Nicht bloß das? Was denn sonst noch?“
    „Oh, Ihre Einsicht sagt Ihnen, daß die Überfahrt ja eigentlich das wenigste ist.“
    „Das wenigste? So! Ah!“
    „Ja. Vorher bereits hat man tausend Ausgaben, um sich vorzubereiten, auszustatten und so weiter – – –“
    „Wie Sie das so schön zu sagen wissen!“
    „Jedenfalls nicht schöner, als Sie es sich selbst bereits gedacht haben. Und nach der Überfahrt – – – hm, man kann doch nicht als Bettler vom Schiff gehen. Man muß sich orientieren, ein Geschäft gründen, Land ankaufen und vieles andere. Das alles verursacht Ausgaben, deren Umfang oder Höhe vorher nicht berechnet werden kann. Darum berührt es uns so außerordentlich wohltuend, daß Sie beschlossen haben, nicht nur für unsere Überfahrt zu sorgen.“
    „Sie scheinen sich über das, was ich gesagt habe, in einem großen Irrtum zu befinden.“
    „Wieso?“
    „Sie haben meinen Worten das Wörtchen ‚bloß‘ beigefügt, und das gibt ihnen allerdings einen ganz anderen Sinn.“
    „Dieser Sinn ist aber jedenfalls der uns angenehmste.“
    „Das glaube ich gern. Mir aber ist er desto unangenehmer.“
    „Oh, das tut nichts. Sie haben mit so vielen Annehmlichkeiten des Lebens zu tun, daß Ihnen eine so leicht zu überwindende Unannehmlichkeit schon der bloßen Abwechslung wegen willkommen sein muß.“
    „Eine willkommene Annehmlichkeit, darf keinen solchen Umfang haben. Ich bin zu einer kleinen Unterstützung bereit, große Summen aber vermag ich nicht zu zahlen, selbst wenn ich es wollte.“
    „Hm, Sie scherzen!“
    „Durchaus nicht.“
    „Sollten wir uns in Beziehung auf Ihr gutes Herz getäuscht haben?“
    „Getäuscht oder nicht. Formulieren Sie Ihre Forderungen! Wieviel wünschen Sie?“
    „Das läßt sich, wie gesagt, nicht leicht bestimmen. Ich glaube aber annehmen zu können, daß der Inhalt Ihrer Brieftasche uns genügen würde.“
    „Uns genügen?“ wiederholte er. „Ah! Sie sind nicht dumm! Das glaube ich wohl, daß dieser Inhalt Ihnen genügen würde!“
    „Ja; natürlich freuen Sie sich über unsere Bescheidenheit?“
    „Freuen? Ich finde diese sogenannte Bescheidenheit im Gegenteil außerordentlich unverschämt.“
    „Sie scherzen. Zwischen Männern von unserer Bildung und Lebensstellung sollte doch ein Wort wie ‚unverschämt‘ eigentlich gar nicht ausgesprochen werden!“
    Lemartel erhob sich und sagte:
    „Messieurs, ich sehe nicht ein, wozu eine weitere Unterhaltung führen könnte. Machen wir es kurz! Welche Summe verlangen Sie?“
    Auch die beiden standen auf. Sie wußten, daß der Augenblick des Handelns gekommen sei.
    „Gut!“ sagte Vater Main kalt. „Ich will Ihnen den Willen tun. Geben Sie uns fünfzigtausend Francs, so sind Sie uns für immer los.“
    „Fünfzigtau – – –?“
    Er brachte das Wort nicht fertig. Er stand starr und mit offenem Mund da.
    „Ja, fünfzigtausend Francs“, wiederholte der ehemalige Schankwirt. „Oder sollte Ihnen dies zu viel sein? Das wäre lächerlich!“
    „Lächerlich auch noch!“
    „Natürlich! Also, wie beliebt Ihnen?“
    Es lag in diesem Tone und in der Haltung der beiden Strolche etwas, was den Lumpenkönig erst jetzt zur Einsicht seiner Lage brachte. Nun erkannte er, daß es sich nicht nur um eine Bettelei, sondern jedenfalls um etwas Ernsteres, wohl gar um einen Überfall, um das leben handle. Diese beiden Menschen waren, wie er sie kannte, fähig, kurzen Prozeß mit ihm zu machen. Es gab nur das eine: augenblicklich aus dem Zimmer hinauszukommen. Darum beschloß er, sie zu täuschen, indem er sich den Anschein gab, auf ihre Forderung, wenn auch zögernd, einzugehen. Er sagte:
    „Fünfzigtausend, das ist zu hoch, viel zu hoch! Ich hatte an fünftausend gedacht.“
    „Das wäre eine Lappalie, von welcher man gar nicht reden darf!“
    „Wie weit gehen Sie herab?“
    „Um keinen Franken.“
    Er versuchte scheinbar, zu handeln; sie aber gingen nicht darauf ein. Er tat, als sei er höchst in die Enge getrieben und sagte dann endlich:
    „Nun

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