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60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

Titel: 60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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habe nicht dir zu verzeihen, sondern dir zu danken, lieber Wilhelm. Ich freue mich sehr, daß du Vertrauen zu mir gehabt hast, und werde darüber nachdenken, wie dieser Verlegenheit zu begegnen ist. Jetzt aber ist die Stunde vorüber. Ich muß wieder mit der Arbeit beginnen, wenn ich bis morgen fertig sein will.“ –
    Als der Fürst von Befour die Familie des früheren Wachtmeisters verlassen und die Straße erreicht hatte, wendete er sich der Gegend zu, in welcher das Palais der Baronesse von Helfenstein lag. Er kam dabei an einen Neubau, dessen Türöffnung nicht zugesperrt war. Er blieb stehen und lauschte.
    „Pst!“ hörte er es im Innern.
    „Wer?“ fragte er halblaut.
    „Der Schlosser.“
    Im Nu stand auch er innerhalb der unvollendeten Tür.
    „Ist die Sitzung geschlossen?“ fragte er.
    „Bereits seit längerer Zeit“, lautete die Antwort.
    „Wurde etwas am gestrigen Plan geändert?“
    „Ja.“
    „Was?“
    „Das kann ich nicht sagen. Sie wissen, der Schwur, welchen ich geleistet habe, gestattet mir nicht, Ihnen alles mitzuteilen.“
    „Sobald Sie einen solchen Schwur für bindend halten, kann ich Ihnen nicht unrecht geben, obgleich eine größere Offenheit mir lieber wäre. Worauf bezieht sich diese Änderung?“
    „Es ist eine neue Person eingetreten.“
    „Die beim Überfall der Baronesse mitwirken soll?“
    „Ja, also eine Änderung ohne Bedeutung für Sie.“
    „Gut. Hat der ‚Hauptmann‘ die Schlüssel von Ihnen erhalten?“
    „Ja. Die Ihrigen habe ich auch mit. Hier sind sie.“
    Er gab dem Fürsten eine Anzahl von Schlüsseln, welche dieser einsteckte. Es war ganz derselbe Mann, welcher bei der geheimen Versammlung dem ‚Hauptmann‘ die Schlüssel übergeben hatte. Er war von dem Fürsten hierherbestellt worden und fragte jetzt:
    „Was haben Sie beschlossen, Herr? Werden diejenigen, welche in Ihre Hände fallen, gefangengenommen und abgeliefert?“
    „Ist der ‚Hauptmann‘ in eigener Person dabei?“
    „Nein.“
    „Ich vertraue Ihnen und habe Ihnen daher bereits aufrichtig gesagt, daß mir vor allen Dingen daran liegt, zu erfahren, wer dieser Hauptmann ist.“
    „Das weiß nicht einmal einer von uns.“
    „Ich will es glauben. Da mir also nur daran liegt, den Hauptmann kennenzulernen, so liegt mir nichts am Ergreifen seiner Leute. Ich gestehe Ihnen, daß ich die Ansicht habe, meine Intentionen besser zu befördern, wenn ich mich seinen Leuten gegenüber nicht als Feind betätige. Ob ich also einen von ihnen heut gefangennehmen werde, das kommt auf das Verhalten dieser Männer selbst an. Wie hat der Hauptmann erfahren, daß die Baronesse eine solche Summe Geldes daliegen hat?“
    „Ich weiß es nicht.“
    „Er muß ein Mann sein, der entweder zur Haute-volée oder zur Haute-finance gehört?“
    „Möglich.“
    „Wer wird das gestohlene Geld erhalten?“
    „Ausnahmsweise wir, nicht er.“
    „So scheint eine persönliche Rache zugrunde zu liegen.“
    „Ich habe darüber kein Urteil.“
    „Aber Sie werden mir Stoff für mein Urteil geben, wenn Sie mir sagen wollen, welche Instruktionen Sie für die Person der Baronesse haben.“
    „Sie soll sterben.“
    „Alle Teufel! Was für eines Todes?“
    „Das ist in unser Belieben gestellt. Es wurde uns befohlen, dafür zu sorgen, daß sie morgen früh eine Leiche sei. Vorher aber soll sie ein jeder von uns als sein persönliches Eigentum betrachten.“
    „Das ist höllisch, das ist geradezu teuflisch! Und was für Befehle haben Sie in Beziehung der Dienerschaft?“
    „Keine. Die Zofe sollen wir leben lassen, doch soll auch sie uns gehören dürfen.“
    „Haben Sie bei anderen, ähnlichen Gelegenheiten auch bereits solche Konzessionen erhalten?“
    „Nein.“
    „Nun, so ist es klar, daß persönliche Gründe vorliegen. Man wird den ‚Hauptmann‘ also unter den Feinden der Baronesse zu suchen haben. Warum soll die Zofe nicht sterben?“
    „Weil sie als Zeugin dienen soll.“
    „In welcher Weise?“
    „Sie soll einen von uns sehen und also imstande sein, seine Person rekognoszieren zu können.“
    „Eine Art umgekehrtes Alibi?“ wiederholte der Fürst nachdenklich. „Ein Alibi ist der Beweis, daß eine Person nicht am Tatort gewesen sein kann. Ein umgekehrtes Alibi also würde in dem Nachweis bestehen, daß eine Person dagewesen ist, natürlich eine andere, als der Angeklagte. Hm! Das sind Verwicklungen. Handelt es sich um diejenige Person, von welcher erst heut bestimmt wurde, daß sie mitarbeiten

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