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60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken

Titel: 60 - Der verlorene Sohn 01 - Der Herr der tausend Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Glas, tat einen langsamen tiefen Zug, schnalzte mit der Zunge und fuhr dann in seinem Selbstgespräch fort:
    „Jetzt sehe ich ein, was für ein gescheiter Kerl dieser Fürst von Befour ist. An ihm ist ein Polizist, wie er im Buche steht, verdorben. Alles klappt und schnappt. Er wird den ‚Hauptmann‘ fangen, obgleich er ihm noch Freiheit läßt. Jetzt aber gehe ich auch. Ich muß zum Goldschmied.“
    Er klingelte, bezahlte und verließ das Lokal. Draußen wendete er sich den noch tiefer liegenden und noch ärmeren Gäßchen zu, bis er ein Haus erreichte, welches fast einzubrechen drohte.
    Hinter einem der Parterrefenster sah man allerlei fragliche Schmucksachen ausgelegt, und an der oberen Fensterscheibe klebte ein Papier mit den Worten: ‚Einkauf von Juwelen, Gold, Silber und Schmucksachen‘.
    Er trat in den Flur und dann in das ärmliche Lädchen, welches gar nicht nach Juwelen und Schmucksachen aussah. Bei seinem Gruß erhob sich ein kleines, buckeliges Männchen von dem Stuhl, welcher an dem einzigen Tisch stand, der vorhanden war.
    „Ah, der Herr Adolf des Herrn Fürsten!“ sagte der Kleine. „Ihr Herr sendet Sie?“
    „Ja. Sind die Sachen fertig?“
    „Gestern habe ich letzte Hand angelegt. Ich hätte sie abgeliefert, wenn mir nicht befohlen worden wäre, zu warten, bis Sie kommen. Wollen Sie die beiden Kästen mitnehmen?“
    „Ja. Wie steht es mit der Rechnung?“
    „Oh, ich bin bereits vorher bezahlt. Seine Durchlaucht haben mich aus dem tiefsten Elend gezogen. Ich habe doppelt soviel erhalten, als ich zu fordern hatte.“
    Er ging in einen Nebenraum und brachte zwei Holzkästen hervor, welche nicht sehr groß waren, aber ziemlich schwer zu sein schienen.
    „Hier sind sie und hier auch die beiden Schlüssel“, sagte er. „Wollen Sie das alles selbst tragen, oder soll ich helfen?“
    „Danke! Ich brauche niemand. Adieu!“
    Er schlug nun die gerade Richtung nach der Palaststraße ein. Als er nach Hause kam, schritt er sofort auf die Gemächer des Fürsten zu. Die beiden Kästen setzte er im Vorzimmer ab. Dann trat er ein. Der Fürst befand sich in seinem Arbeitszimmer. Er warf einen Blick auf den Diener und sagte sofort:
    „Ah, du bringst etwas Neues und Gutes?“
    „Ja, Durchlaucht. Ich habe einen Fang gemacht, oder vielmehr, wir werden heute einen Fang machen!“
    „Wen? Deinem Gesicht nach ist dieser Fang ein bedeutender. Du meinst doch nicht etwa den Hauptmann?“
    „Gerade diesen!“
    „Nun, so sage ich dir, daß ich ihn nicht fangen werde.“
    Der Diener machte ein ganz verdutztes Gesicht.
    „Es liegt mir an diesem Fang noch nichts“, fuhr der Herr fort. „Doch man muß ja doch mit den Verhältnissen rechnen. Erzähle!“
    Adolf berichtete, was er erlebt und erfahren hatte. Der Fürst hörte ihm zu, trat dann an das Fenster und blickte, in tiefes Nachdenken versunken, hinaus. Nach einer Weile drehte er sich wieder in das Zimmer zurück und sagte:
    „Für wen hältst du diesen Architekten?“
    „Natürlich für einen Vertrauten des Hauptmanns.“
    „Ich nicht. Es ist der Hauptmann selbst gewesen.“
    „Donnerw –!“ entfuhr es dem Diener. „Auf diesen Gedanken bin ich allerdings nicht gekommen!“
    „Er hat ein sehr wichtiges Arrangement mit dir getroffen, das konnte nur der Hauptmann tun. Du meinst also, daß er heute in der Nacht kommen wird?“
    „Gewiß! Punkt drei Uhr!“
    „Und was rätst du mir?“
    „Er wird nicht allein kommen, sondern seine Spießgesellen mitbringen. Wir lassen sie ein und nehmen sie alle gefangen.“
    Der Fürst ließ ein überlegenes Lächeln sehen. Er erhob, spaßhaft drohend, den Finger und sagte:
    „Du willst ein Polizist sein?“
    „Ich bin es, selbst in Ihrem Dienst!“ antwortete Adolf, indem dem Ton seiner Stimme eine kleine Kränkung anzuhören war.
    „Und du hältst dich natürlich für einen guten Polizisten?“
    „Ich tue möglichst meine Pflicht.“
    „Ich bin davon überzeugt, aber ich sage dir, daß ich heute die Einbrecher nicht fangen werde.“
    „Nicht?“ fragte Adolf, beinahe erschrocken.
    „Nein!“
    „Aber die prächtige Falle, die ich ihnen gestellt habe!“
    „Ich werde mich trotz dieser Falle bestehlen lassen und ruhig zusehen, daß die Diebe entwischen.“
    „Aber, bitte tausendmal um Entschuldigung, das begreife ich nicht!“
    „Ich will den Hauptmann fangen!“
    „Er wird ja kommen!“
    „Meinst du? Wenn er käme, so wäre er wert, mit Ruten gezüchtigt zu werden wie ein dummer Bube, der nichts lernen

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