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61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

Titel: 61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Niemand sollte sie lesen, auch kein Beamter sollte sie kennenlernen. Darum mußte ich versprechen, falls ich Grenzbeamten begegnen sollte, lieber zu fliehen als das Päckchen öffnen zu lassen.“
    „Das klingt zwar ungewöhnlich, aber doch immerhin plausibel. Wir werden Sie freilassen müssen, wenn Sie die Wahrheit gesagt haben. Also, Sie haben wirklich nichts Versteuerbares bei sich?“
    „Nein.“
    „In keiner Tasche?“
    „Nein. Bitte, durchsuchen Sie mich!“
    Der Beamte gab einen Wink, und zwei Grenzer traten herbei, um seine Taschen zu durchsuchen.
    „Er hat wirklich nichts“, lautete der Bescheid.
    Da ertönte es von seitwärts her:
    „Öffnen Sie ihm nur das Rockfutter! Da wird sich schon etwas finden. Ich habe es gestern deutlich genug gehört!“
    Eduard kannte diese Stimme. Er wendete sich nach dieser Seite hin und sagte:
    „Ah! Fritz Seidelmann!“
    Der Genannte trat aus dem Dunkel hervor und sagte:
    „Ja, ich bin es! Endlich haben wir dich, Bursche!“
    „Das konnte ich mir denken! Sooft mir etwas Schlimmes widerfährt, haben die Seidelmanns ihre Hand im Spiel. Dieses Mal aber werden sie sich wohl verrechnet haben!“
    „Werden sehen!“ sagte der Staatsanwalt. „Halten Sie jetzt einmal still!“
    Er trat nahe an Eduard heran und betastete seine Rockschöße.
    „Hm!“ meinte er dann. „Wollen doch einmal öffnen!“
    Er zog ein Federmesser hervor und begann, eine Naht aufzutrennen. Dann langte er mit der Hand in die auf diese Weise entstandene Öffnung.
    „Sie behaupten noch immer, nichts Verzollbares bei sich zu haben!“ fragte er noch einmal.
    „Ich beschwöre es sogar!“
    „Und was ist das hier?“
    Dabei zog er einen langen Gegenstand, wie ein breites Band, aus dem Rock, welches er aufwickelte.
    Eduard war mehr als erstaunt – er erschrak.
    „Was ist das?“ fragte er. „Ich weiß es nicht!“
    „Hm! Das ist doch Ihr Rock? Nicht?“
    „Ja.“
    „Wie lange Zeit tragen Sie ihn?“
    „Wohl drei Jahre.“
    „Sie selbst haben ihn sich anmessen und anfertigen lassen?“
    „Ja.“
    „Haben Sie sich ihn mit Spitzen füttern lassen?“
    „Nein. Sind das denn Spitzen?“
    „Und was für welche! Höchst kostbare. Sehen Sie her!“
    Er hielt ihm die Spitzen und die Laterne entgegen.
    „Herrgott. Davon weiß ich nichts!“ beteuerte Eduard.
    „Das ist eine sehr kindische Ausrede!“
    „Herr Staatsanwalt, ich kann tausend Eide ablegen, daß ich von diesen Spitzen keine Ahnung habe!“
    „So, so! Sie haben nicht paschen wollen?“
    „Nein!“
    „Sie sind überhaupt kein Pascher?“
    „Nein!“
    „So haben Sie auch mit dem Pascherkönig nichts zu tun?“
    „Nicht das geringste!“
    „Hm! Sie sind doch auch nicht der Pascherkönig selbst?“
    „Das fällt mir gar nicht ein!“
    „Und doch haben Sie gesagt, daß Sie der Waldkönig sind!“
    „Ich?“ fragte Eduard, mehr erstaunt als erschrocken.
    „Ja, Sie!“
    „Das ist mir niemals eingefallen!“
    „Ich kann es Ihnen beweisen!“
    „Das ist unmöglich!“
    „Oh, das ist im Gegenteil sehr leicht. Wollen Sie sich nicht einmal dieses Schreiben ansehen!“
    Er erhob die Laterne und hielt dem Gefangenen den Brief, welchen Strauch erhalten hatte, vor das Gesicht. Trotz des unzureichenden Lichts war zu sehen, daß Eduard erbleichte.
    „Nun?“ fragte der Anwalt. „Kennen Sie diesen Brief?“
    „Ja“, stieß der Gefragte hervor.
    „Wer hat ihn geschrieben?“
    „Ich.“
    „Und Sie haben sich als Waldkönig unterzeichnet!“
    „Aber ich bin er nicht!“
    „Das soll man Ihnen glauben? Machen Sie sich doch nicht lächerlich! Mit solchen Gefahren spielt man nicht!“
    „Ich wollte Herrn Strauch erschrecken, daher wählte ich diese Unterschrift!“
    „Ausrede! Man wird diese Sache genau untersuchen. Sie unterzeichnen sich als ‚Waldkönig‘; sie fliehen vor den Grenzbeamten; man findet Spitzen bei Ihnen, welche zu verzollen sind – Sie sind mein Gefangener!“
    „Herr Staatsanwalt, ich muß mich fügen, aber Sie werden bald erkennen, daß ich unschuldig bin!“
    „Die Wahrheit werde ich erkennen; darauf können Sie sich verlassen. Zunächst gehen Sie mit uns. Wir werden einmal so frei sein, Ihre Wohnung genau zu untersuchen.“
    Das erschreckte Eduard.
    „Ist das notwendig, wirklich notwendig, Herr Staatsanwalt?“ fragte er.
    „Ja. Erschrecken Sie etwa?“
    „Gewiß. Ich erschrecke!“
    „So fühlen Sie sich schuldig!“
    „Nein; aber ich erschrecke um meiner Eltern willen. Sie sind alt und können den

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