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61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig

Titel: 61 - Der verlorene Sohn 02 - Der Schmugglerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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begeben hatten, um ihn zu fangen. Der Staatsanwalt hatte klugerweise den Befehl gegeben, den Weg zu vermeiden, damit keine Hufspuren im Schnee entstehen könnten, durch welche der Verfolgte aufmerksam werden dürfte.
    Als er den Weg erreichte, brach die Dunkelheit herein. Er kannte den Weg und schritt rüstig weiter. Nach einiger Zeit vernahm er das Rauschen des Waldbachs, dessen Wasser unter der Eisdecke rasch dahinschoß.
    Er ging jetzt langsamer, weil die Brücke sehr schmal, also gefährlich war. Sie bestand nur aus einem Baumstamm, den man roh behauen und dann von einem Ufer nach dem anderen gelegt hatte. Der Stamm war glatt vom Eis. Es war nicht ungefährlich, ihn jetzt während der Nacht zu passieren. Darum setzte er nur höchst langsam und vorsichtig einen Fuß vor den anderen. Er hatte die Mitte erreicht. Da scholl es ihm mit lauter Stimme entgegen:
    „Halt! Wer da?“
    Er erschrak. Darum vergingen einige Augenblicke, ehe er sich besann, um zu antworten:
    „Gut Freund!“
    „Was Gut Freund! Den Namen!“
    Den Namen durfte er nicht sagen. Er durfte sich ja gar nicht ergreifen lassen. Kein Mensch durfte die Schriften sehen, die ihm der Fürst des Elends anvertraut hatte.
    „Warum?“ fragte er, um Zeit zu gewinnen.
    „Weil ich es befehle, Bursche! Na, wird's bald?“
    Er hörte das Klirren von Waffen. Das waren Grenzer. Die durften ihn nicht haben. Er schritt also so schnell wie möglich rückwärts.
    „Halt!“ tönte es ihm auch da entgegen. „Wer da?“
    „Gut Freund!“ antwortete er auch jetzt.
    „So bleib stehen und rühre dich nicht.“
    Es traten Männer zwischen den Bäumen hervor. Vor sich Leute und hinter sich Leute – und er auf der Brücke. Sollte er sich ergreifen lassen? Nein und tausendmal nein! Er dachte an Arndt, seinen Wohltäter, an den Fürsten des Elends, für den er jetzt das Wagnis unternahm. Er holte aus, ein Anlauf, vollends über die Brücke hinüber; ein gewaltiger Sprung mitten unter die Leute hinein; ein kräftiges Ausschlagen mit beiden Fäusten – er war hindurch.
    „Feuer!“ ertönte es hinter ihm.
    Mehrere Schüsse krachten. Es war ihm, als würde er am Arm gepackt und zur Seite gerissen. Er raffte sich zusammen, um weiterzustürmen und – rannte mit dem Kopfe an einen Baum, so daß er zurück und auf den Boden flog.
    „Hier! Da ist er! Da liegt er!“ rief es.
    Er fühlte, daß sich Männer auf ihn warfen; dann vergingen ihm die Sinne. Die Karambolage mit dem Baum war eine zu kräftige gewesen.
    Aber ebenso kräftig war auch seine Natur. Es dauerte kaum zwei Minuten, als er die Augen aufschlug und gegen zehn bis fünfzehn Männer erblickte. Einige derselben hielten Laternen in der Hand. Er fühlte, daß er an den Händen gefesselt sei, an den Füßen aber nicht. Vor ihm stand ein Herr in Zivil mit einer Brille auf der Nase. Diesen kannte er. Es war der Staatsanwalt der Amtsstadt.
    Der Beamte bemerkte, daß der Gefangene die Augen aufschlug; darum befahl er:
    „Richtet ihn auf und lehnt ihn da an den Baum; aber gebt wohl acht auf ihn!“
    Zwei faßten Eduard an und hoben ihn auf. Als er nun an dem Baum lehnte, fragte der Anwalt:
    „Wer sind Sie?“
    Jetzt half kein Leugnen.
    „Ich heiße Hauser“, antwortete er.
    „Ah! Den suchen wir! Was tun Sie hier?“
    „Ich will nach Langenberg.“
    „Weshalb?“
    „Ich habe eine Botschaft auszurichten.“
    „Von wem?“
    „Das kann ich nicht sagen.“
    „An wen?“
    „Auch das muß ich verschweigen.“
    „Das ist höchst verdächtig. Wissen Sie, daß wir die Macht besitzen, Sie zum Sprechen zu zwingen?“
    „Trotzdem werden Sie von mir nichts erfahren.“
    „Aber das Paket, welches Ihnen hier entfallen ist, wird sprechen, öffnen wir es einmal.“
    Er trat an eine der Laternen und machte das Päckchen auf.
    „Hm!“ sagte er. „Briefe oder Dokumente, wie es scheint. Das ist kein Schmuggelgut. Wegen dem brauchte er nicht zu fliehen. Man wird sehen, was die Papiere enthalten.“
    Und sich wieder zu Eduard wendend, fragte er:
    „Sie werden also nicht sagen, wer Sie schickt?“
    „Nein. Ich habe mein Wort gegeben, zu schweigen.“
    „Sie werden doch noch sprechen. Haben Sie nur diese Schreiben bei sich?“
    „Weiter nichts.“
    „Kein zollpflichtiges Gut?“
    „Nein.“
    „Das ist nicht gefährlich. Warum haben Sie da die Flucht ergriffen, als wir Sie anriefen?“
    „Darauf kann ich allerdings Antwort geben, Herr Staatsanwalt. Die Schriften, welche Sie in der Hand halten, sind privater Natur.

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